Anika Geisel Anika Geisel arbeitet im Policy Team von Facebook in Berlin. Zuvor war sie als Senior Consultant bei der Eck Consulting Group für die Konzeption und Betreuung integrierter Onlinemaßnahmen zuständig. Anika Geisel besitzt einen Master in „Medien und Kommunikation“ und schreibt im PR-Blogger über Themen wie Online-Kommunikation, Organisation, Krisenkommunikation sowie Blogger Relations. Privat bloggt sie über die Formel 1 aus Frauensicht.

Wie sich Kundenservice durch Social Media verändert

2 Minuten Lesedauer

Unternehmen und Kunden sind so sichtbar wie nie zuvor. Das gefällt nicht immer jedem, dennoch müssen Sie keine Angst vor der Kundenkritik haben. Seien Sie lieber froh, dass Sie überhaupt Kunden haben, die sich mit Ihnen und Ihren Marken, Produkten oder Dienstleistungen beschäftigen. Durch die Social Media Kommunikation der Konsumenten erhalten Sie die einmalige Chance, einen Blick in die Köpfe Ihrer Kunden zu werfen. Die schlechte Nachricht: Schlechter Service – online wie offline – fällt viel schneller auf und findet seinen Weg in die digitale Öffentlichkeit. So auch in diesem Beispiel:

Brigitte H. hat ein Problem. Ihre Bestellung bei einem Online-Portal für Schuhe wurde nicht geliefert. Angeblich sei sie zu Hause nicht anzutreffen gewesen. Das Paket wurde wieder zurückgeschickt. Den Lieferstatus kann sie jedoch online genau nachvollziehen, am betreffenden Tag ist sie die ganze Zeit zu Hause gewesen. Leicht verärgert surft sie im Web und findet sofort die Facebook-Seite des Unternehmens. Sie nimmt sich die Zeit, ihr Problem mit der Lieferung auf der Pinwand zu beschreiben und  wartet dort auf eine Antwort. Und wartet…

Kommt Ihnen dieser Fall bekannt vor? Es ist viel leichter, seine Kritik online sofort zu äußern, statt bei einer Hotline anzurufen und dort nach einer gewissen Wartezeit zu schildern. Anonyme Servicemitarbeiter müssen keine Verantwortung übernehmen und können nicht persönlich zur Rechenschaft gezogen werden. Ganz anders sieht das im Social Web aus, wenn der Unmut öffentlich gezeigt wird und das Unternehmen darauf reagieren muss oder es zumindest sollte. Standardisierte Antwortschreiben per E-Mail sind heute nicht mehr die Ultima ratio. Sie verprellen sogar oftmals die Kunden.

Kommunikationskanäle kann man sich nicht immer aussuchen

Eine neue Nähe zum Konsumenten entsteht durch die digitalen Unternehmensauftritte auf Facebook, Google Plus, Twitter oder einem eigenen Corporate Blog. In erster Linie eröffnen Firmen damit neue Kommunikationskanäle, um mit ihren Zielgruppen in Kontakt zu treten. Sie wollen über Projekte, Veranstaltungen und das eigene Unternehmen berichten. Und persönliche Dialoge führen? Ja, auch das. Gefürchtet sind jedoch die unzufriedenen Kunden, die ihre Probleme öffentlich auf Facebook thematisieren und dadurch die Reputation schädigen. Denn dann können plötzlich alle mitlesen – und erfahren, dass eben nicht immer alles reibungslos läuft. Natürlich gibt es nicht nur zufriedene Kunden.

In diesen Situationen entscheidet es sich, ob ein Unternehmen souverän die Kundenkommunikation 2.0 meistern kann – oder eben nicht. In welcher Zeit kommt eine Reaktion seitens des Unternehmens, innerhalb von einer Stunde, eines Tages – oder gar nicht? Wie sieht diese dann aus? Kann dem Kunden bei seinem Problem geholfen werden, sodass dieser sogar „umgedreht“ werden kann?

Für unzufriedene Konsumenten ist die öffentliche Reaktion entscheidend. Sie möchten, dass ihr Anliegen ernst genommen wird und sie eine Antwort bekommen. Wie das Unternehmensfeedback konkret aussieht, ist zunächst einmal gar nicht so entscheidend. Wichtig ist, dass überhaupt reagiert wird, sich jemand kümmert, und der Kommentar nicht einfach nur gelöscht wird.

Reibungslose Prozesse ermöglichen souveräne Reaktionen auf Onlinekritik

Nimmt man jedoch einmal die Perspektive des Unternehmens ein, dann sind es vor allem die Prozesse im Hintergrund, die über ‚gelungen oder misslungen‘ entscheiden. Da die Social Media-Kommunikation häufig von PR oder Marketing verantwortet wird, muss ein enger Draht zum Kundenservice bereits installiert sein, um Fragen zu Produkten oder Dienstleistungen schnell beantworten zu können. Denn Zeit ist im Internetzeitalter zum entscheidenden Kriterium geworden. Wer nicht zumindest innerhalb eines Werktages reagiert, wird es schwer haben, positiv in Erinnerung zu bleiben.

Im Grunde genommen kann jedes Unternehmen von einem guten Kundenservice im Social Web profitieren. Denn alle Antworten sind sichtbar im Netz – ähnlich zu den FAQs auf der Website. Im besten Fall werden diese bei der Recherche leicht gefunden (z. B. wenn man Tools wie Get Satisfaction oder Brandslisten einsetzt). Selbst wenn Ihre Firma selbst nicht in Social Media aktiv ist, müssen Sie mit dieser neuen Transparenz umgehen lernen. Denn die Onliner greifen immer weniger zum Telefonhörer, ein Tweet oder Statusupdate ist schnell geschrieben und wird oftmals gut gefunden.

Online-Beschwerden sind seltener als Lob

Fürchten müssen Sie den Kundendialog trotzdem nicht, zumindest wenn man den Ergebnissen der TNS Digital Life Studie 2011 Glauben schenkt. Für die Analyse wurde gefragt, welche Gründe für das Schreiben von Kommentaren zu Marken sowie Produkten ausschlaggebend sind. 57 Prozent wollen „andere beraten“, 53 Prozent „loben“ und 46 Prozent „Erfahrungen austauschen“. Eine „Beschwerde loswerden“ folgt erst auf Platz 6 mit 40 Prozent.

Für Unternehmen bedeutet dies nichts anderes, als dass Konsumenten sich freuen, wenn sie anderen bei ihren Fragen und Problemen weiterhelfen können. Getreu der Devise „Kunden helfen Kunden“ können Unternehmen von einer großen Community ungemein profitieren.

Welche Social Media-Instrumente sich für den Kundenservice 2.0 besonders eignen, erfahren Sie im zweiten Teil dieser Serie, der voraussichtlich nächste Woche erscheint.

Weitere Artikel zum Thema:

Gunter Dueck: Split Loyalty, Vollkundenäquivalente und das Emma-Enterprise

Mit diesem Beitrag machen wir bei einer Blogparade zum Thema „Kundenservice 2.0“ mit.

Bildquelle: Shutterstock

Anika Geisel Anika Geisel arbeitet im Policy Team von Facebook in Berlin. Zuvor war sie als Senior Consultant bei der Eck Consulting Group für die Konzeption und Betreuung integrierter Onlinemaßnahmen zuständig. Anika Geisel besitzt einen Master in „Medien und Kommunikation“ und schreibt im PR-Blogger über Themen wie Online-Kommunikation, Organisation, Krisenkommunikation sowie Blogger Relations. Privat bloggt sie über die Formel 1 aus Frauensicht.

9 Replies to “Wie sich Kundenservice durch Social Media verändert”

  1. Den unzufriedenen Kunden umzudrehen, klingt so manipulativ. So war es vermutlich gar nicht gemeint. Wer einen unzufriedenen Kunden positiv überraschen kann, bindet diesen möglicherweise so sehr an das Unternehmen, wie es gar nicht möglich gewesen wären, hätte alles gleich zu dessen Zufriedenheit funktioniert. Und klar, online lohnt sich das besonders, weil die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass andere es mitbekommen.

    >>Gefürchtet sind jedoch die unzufriedenen Kunden, die ihre Probleme
    öffentlich auf Facebook thematisieren und dadurch die Reputation
    schädigen.<< Ja, vor allem ihre eigene! Ich bin immer wieder erstaunt, wie Nutzer auf Facebook durch (möglicherweise in der Sache berechtigte) unverschämt vorgebrachte Kritik ihre Reputation gefährden.

    Manchmal kann es sinnvoll sein, Probleme öffentlich zu machen – um gemeinsam Druck aufzubauen oder um sich von anderen helfen lassen zu können. Als normalen Kommunikationsweg sollte man als Kunde aber Facebook und ähnliche Plattformen nicht für seine privaten Probleme mit einem Unternehmen wählen. Man verrät dabei vielleicht mehr über sich als man denkt.

  2. Ich finde den Artikel sehr interessant. Er zeigt mir, dass nach Socila Media Marketing nun auch das Thema Social Service in die Diskussionen Einzug hält. Der Corporate Blog von 3C Dialog hat dieses Thema kürzlich ebenfalls in einer Serie behandelt: http://www.3c-blog.de/blogreihe-%E2%80%9Esocial-media-im-kundendialog%E2%80%9C-lektion-3-die-anforderungen-an-den-kundenservice-sind-gestiegen

    Ich glaube allerdings, dass es falsch ist, diese Bereiche von Social Media undifferenziert ebenfalls in der PR oder dem Marketing anzusiedeln. Customer Service ist ein eigenes Feld mit eigenen Anforderungen und Wirkmechanismen. Die erfolgreichen Beispiele zeigen, dass guter Service nur dann geboten wird, wenn ihn Menschen machen, die im Bereich der Kundenbetreuung Erfahrung haben. Menschen, die den Kunden kennen und seine Sprache sprechen. Wenn es das Aufkommen erlaubt, sollte man daher Service und Marketing/PR strikt voneinander trennen. Nur dann ist eine gute und schnelle Anliegenbearbeitung sichergestellt. 

  3. Beim Thema social media und gesundheit gilt es zu differenzieren, welche Kanäle sinnvoll sind. Macht es Sinn einen facebook account zu haben, wenn ich ein Tabu-produkt wie Hämorrhoiden habe? Da kann man geteilter Meinung sein – auf jeden Fall existiert die Seite. Oft hiflt schon der klare Menschenverstand. Dagegen bringt das Thema abnehmen mit twitter, einer App … und den anderen socialen Diensten Hilfe, Kundenbindung und Verkäufe. Unsere Meinung: Social Media „ja“ – aber nicht überall dabei sein. http://www.drkaske.de

  4. … und dann gibt es da noch die Unternehmen, die kritische öffentliche Beiträge einfach und kommentarlos löschen.
    Aber wer sich einmal die „Fans“ eines Unternehmens auf Facebook genau anschaut, wird feststellen: Das macht gar nichts aus, weil es sowieso niemand merkt (bis auf den Kritiker). Die Mehrheit (insbesondere die Markenhersteller) hält sich ein Heer von bezahlten Fans, die alles mögliche sind – nur keine echten Fans. Wer auf Facebook einen echten Kundendialog wünscht, der findet auch mit der Lupe nur schwer ein Unternehmen, das diesen ebenso wünscht. 
    Das allerdings ist die Chance für kleine Unternehmen, denen es um Qualität geht und die keinen Ehrgeiz haben, den Wettlauf um die meisten „Likes“ zu gewinnen.

  5. Der Trend geht in Richtung mehrerer Kanäle auf einer Plattform, also eigene Profile für Medien, Kundenservice usw… Das zeigt schon klar, dass nicht alles von PR und Marketing abgedeckt werden kann, aber eine Instanz muss alle Aktivitäten koordinieren.

  6. Vielen Dank für diesen Artikel. Wieder einmal scheint es, als ob wir irgendwie Social Media als etwas Neues ansehen, das es vorher nicht gab. Doch Kunden, zufriedene wie unzufriedene, gibt es schon seit es Verkäufer und Käufer gibt. Was sich durch Social Media geändert hat, sind die Instrumente, das Tempo und die Transparenz. Besonders letztere ist für die Verbraucher ein Vorteil, viele Unternehmen sehen das als Nachteil. Warum, ist die Frage, die sich hier stellt?

    Es gibt keine schönere Möglichkeit, einen unzufriedenen Kunden glücklich zu machen, als eine Beschwerde. Wer sich beschwert möchte gehört werden und seinem Ärger Luft machen. Und wenn in den Hotlines niemand ans Telefon geht, ist Facebook doch eine prima Sache!

    Diese Themen PR oder Marketing zuzurechnen, halte ich nicht für ideal. Denn die Mitarbeiter im Customer Service verbinden doch verärgerte Anrufer auch nicht zu den PR-Kollegen, oder? Vielmehr sollte man die Social Media Kanäle in eine Reihe stellen mit Telefon, E-Mail, Brief und genauso professionell – nur schneller und besser – darauf reagieren.

    Das ist doch eine schöne Aufgabe!

    Viele Grüße

    Gaby Feile

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