Wer Bücher mag, sollte sich die Szene der Buchblogger näher anschauen. Herausragend und schon lange über die Bloggerwelt hinaus bekannt ist die Literaturexpertin Karla Paul. Sie ist seit vielen Jahren durch ihre Community- und Verlagserfahrung einer der wichtigsten Influencer im deutschen Buchmarkt.
In dem Neon Magazin Jubiläums-Sonderheft „Junge Deutsche, die Hoffnung geben“ wurde sie 2013 als moderne Literaturpäpstin gefeiert. Die Journalistin und Autorin ist mehrmals jährlich zu Gast in der Sendung ARD Mittagsbuffet, wo sie sehr launig und leidenschaftlich ihre Buchtipps vorstellt. Zuletzt hat sie selbst das Buch „100 Seiten: Gilmore Girls“ verfasst.
Seit 2006 betreibt die Influencerin ihr Blog „Buchkolumne“ mit Buchempfehlungen, Autoreninterviews und Veranstaltungshinweisen. Karla versteht sich selbst als Literaturlobbyistin. Ihr Ziel ist es, möglichst vielen Menschen die Welt der Literatur näher zu bringen. Wer sie hört, sieht und ihr in Social Media folgt, lernt schnell, dass sie das ernst meint. Sie versteht es, die Menschen für das Lesen zu begeistern. Damit ist sie ein tolles Beispiel für einen Influencer.
Wie ist es für Dich, als Influencer in der Öffentlichkeit zu stehen?
Spannend, vielseitig, motivierend! Bei meiner aktuellen persönlichen Reichweite kann ich die Auswirkung noch relativ gut kontrollieren sowie selbst bestimmen, was ich teile und was nicht und wie ich das Bild von mir und meinen Projekten gestalte. Dies war ein langjähriger Lernprozess inklusive einiger Fehler bzw. kleinen Shitstorms.
Aber gerade diese Möglichkeit reizte mich von Anfang an — dass ich in meinem Bereich Kontakt zu allen Teilnehmern des Literaturbetriebs habe und sie miteinander verbinden, die Begeisterung für Bücher massiv vergrößern kann. Hier sehe ich bisher kein Ende und dank des größtenteils positiven Zuspruchs auch keinen Grund innezuhalten. Deswegen bin ich nicht als Mensch wichtiger, sondern als Transportmöglichkeit für Inhalte — das kann ich ganz gut auseinanderhalten, mit meiner Privatperson regulieren und dementsprechend auch emotional “arbeiten” oder “frei haben”.
Was hat sich für Dich durch die Aufmerksamkeit am meisten verändert?
Ich achte inzwischen wesentlich besser darauf, was ich in welcher Lautstärke und in welchem Tonfall veröffentliche — dies geht dann auch in die Gesamtkommunikation und ins Privatleben über. Stimmt das, was ich weitergebe? Ist es hilfreich? Ist es positiv? Zudem fällt es mir inzwischen natürlich wesentlich leichter, die passenden Partner für meine Projekte zu finden.
Zusagen bekomme ich viel öfter, muss aber im gleichen Maß auch Absagen erteilen — manch einer setzt aufgrund meines Außenbildes und der Reichweite Hoffnung in mich, die ich nicht immer erfüllen kann. Die Bespielung und Verwaltung aller Kanäle braucht viel Zeit. Dennoch versuche ich weiterhin, jede Reaktion und Nachricht zu beantworten. Dafür gibt es aber auch entsprechend Aufträge, Anfragen und damit gesteigertes Einkommen und sozial positives Feedback zurück.
Wie gehst Du als Influencer mit öffentlicher Kritik um?
Selbstverständlich ist es meine Intention, dass über mich und meine Projekte gesprochen wird. Ich versuche durch die emotionale Richtung meiner Inhalte zumindest teilweise Einfluss darauf zu nehmen, was zurückkommt. Hilfreiche Kritik nehme ich dabei gern entgegen. Neid oder andere negative Emotionen stehen jedoch bei mir auf der Mute- & Blockliste.
Dazu habe ich gute Filter eingerichtet, so dass mir sehr viele Reaktionen zugespielt werden, mit denen ich inzwischen recht sachlich umgehen kann: Positives bereichert Herz und Kopf, Negatives den Erfahrungsschatz.
Glücklicherweise ist die Literaturbranche im Gegensatz zu anderen Märkten in der Gesamtheit zu klein, um sich durch kindisches Verhalten zusätzlich zu begrenzen. Unsere Werte sind Vielfalt, Kreativität und die Leidenschaft zum geschriebenen Wort als stark verbindendes Element, dies äußert sich on- als auch offline durch Zuspruch und gegenseitige Unterstützung. Ich zitiere gern einen Freund von mir: “Das Netz ist ein guter Ort, wenn wir es dazu machen.”
Was hat Dich zum Influencer gemacht und wie würdest Du Dich vorstellen?
Ich bin ein leidenschaftlicher Mensch und versuche meine Begeisterung auf allen Wegen zu teilen. Das Publikum wuchs mit den Jahren und meinen Projekten samt verschiedensten Kanälen mit. Es hat sich mit mir verändert und ist stetig gewachsen.
Allerdings stand bei mir als Berufswunsch nie “Influencerin” auf dem Plan. Dies war und ist einfach ein Teil meiner beruflichen und privaten Entwicklung. Ich lasse die Menschen gern teilhaben an all dem, was die Welt mir bietet. Es kommt so viel Positives zurück, sonst würde ich es nicht tun. Also habe nicht ich mich dazu gemacht, sondern all diejenigen, die meine Inhalte gern lesen, hören, teilen, weitertragen.
Meine aktuelle Jobbeschreibung ist “Literaturlobbyistin”. Das gefällt mir ganz gut. Wie so oft gilt aber auch hier: Qualität geht vor Quantität und ich zähle nicht Follower oder Likes, sondern gewonnene Möglichkeiten.
Was rätst Du denjenigen, die gerne Influencer werden wollen?
Bei aller Liebe zur Literatur, aber wenn ich schnell größtmögliche Reichweite hätte entwickeln wollen, würde ich mit Katzenbabyvideos im Bikini Nagellack verkaufen und nicht Bücher empfehlen. Die durchschnittliche Masse der Bevölkerung konnte ich noch nicht für diese fabelhafte, fantastische Welt voller Abenteuer, Wissen und Möglichkeiten begeistern, aber ich arbeite weiterhin daran, versprochen!
Ich handle und es gefällt oder nicht und im Idealfall habe ich mir vorher was dabei gedacht, ansonsten aber definitiv danach immer was gelernt. Ich bereite meine Inhalte für jeden Kanal anders und publikumsgerecht auf und überlege mir inzwischen stets, was ich mitgeben und vermitteln möchte. Was hat der Empfänger meiner Nachricht davon, welche Information bringt ihm viel, unterhält und informiert ihn gleichermaßen? Wenn man für eine Sache brennt, will man das auch mit vielen Menschen teilen, man kommuniziert echt und aus dem Herzen. Das ist auf die Dauer am wichtigsten und gilt aber für alle Lebensbereiche.
In meinem Fall war und ist meine Neugier immer größer als die Angst vor Fehlern, das Ausprobieren wichtiger als die Option des Scheiterns. Nicht zu lange träumen, lieber handeln: mit den Menschen sprechen, ihnen aber auch zuhören, dann lernen, handeln, stolpern, aufstehen, alles wieder von vorne!
Vielen Dank, liebe Karla.
Bildquellen:Raimund Verspohl
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