Facebook Banking, Twitter Banking oder bloggende Banken – all das wäre vor einigen Jahren vermutlich noch als völliger Quatsch in der Finanzbranche abgetan worden. Doch inzwischen gibt es Bewegung im Bankenumfeld. Erste neue Bankmodelle setzen massiv auf Transparenz und Personalisierung und scheuen nicht davor zurück, in der Kundenkommunikation intensiver auf Social Media zu setzen. Damit reagieren sie auf den Vertrauensverlust, den die Finanzbranche aufgrund der anhaltenden Finanzkrise erlebt. Vielleicht werden etablierte Banken dadurch sogar unter Zugzwang gebracht, selbst stärker zu reagieren. Erste Zeichen deuten darauf hin.
Anfang des Jahres haben Florian Semle und Dirk Elsner im PR-Blogger grundsätzliche Fragen zur Zukunft des Bankings gestellt. In dieser neuen PR-Blogger-Serie werden wir regelmäßig auf Innovationen in der Finanzbranche eingehen und einzelne innovative Vorbilder präsentieren.
Erst vor einigen Tagen hielt ich einen Vortrag bei NTT Data über das Kundenmanagement 2.0 und wie Social Media Einzug in die klassische Kundeninteraktion findet. In vielen Unternehmen beginnt die Einführung von Social Media mit dem Marketing und der Kommunikation. Doch längst hat sich herumgesprochen, dass Kunden ungern mit abstrakten Unternehmen kommunizieren, sondern echte Ansprechpartner (auch im Digitalen) bevorzugen. Das hat dazu geführt, dass immer mehr Firmen auch in der Kundenkommunikation auf Social Media setzen.
Knab – die neue Bank in Holland
In den Niederlanden ist am 20. September 2012 eine Bank gegründet worden, die den Kunden dezidiert in den Mittelpunkt stellt und vor allem auf Social Media (Facebook, Twitter, Corporate Blog, Videochats etc.) und mobile Technologien setzt, um ihre Kunden zu erreichen. Transparenz lautet ihr Credo. Der Neuling heißt Knab, ein Anagramm des Wortes „Bank“, indem das „K“ des Kunden zuerstkommt. Er ist eine Tochter der AEGON, die als eine der wichtigsten Anbieter von Lebensversicherungs- und Altersvorsorgeprodukten in den Niederlanden gilt.
Die Bankkunden bezahlen für ein Konto bei Knab jeden Monat 15 Euro. Das ist im Vergleich zu den Kosten bei anderen Banken und Sparkassen eine ganze Menge. Doch das liegt auch daran, dass andere Finanzinstitute im Unterschied zu Knab sich nicht über die Kontoführungsgebühr refinanzieren. In der Regel leben viele Banken unter anderem von den Gebühren bei Krediten, Hypotheken und Versicherungsverkäufen. Bei Knab sollen unabhängige Finanzberater den Kunden helfen und dürfen auch Finanzprodukte anderer Banken empfehlen. Via Social Media will Knab von Anfang an den Dialog mit seinen Kunden intensiv führen.
Eine weitere Besonderheit stellt bei Knab ein Dashboard dar, in dem jeder Kunde seine Informationsinteressen eingeben kann. Auf diese Weise erhält er sofort einen automatischen Alert, sobald sich Zinsen verändern, günstige Konditionen locken oder zuviel Geld ungenutzt auf dem Konto liegt.
Laut dem Knab-Gründer René Frijters soll die neue Bank nicht die Produkte der eigenen Versicherungsgruppe verkaufen, sondern sich in erster Linie als Anwalt der Kunden verstehen und um deren Interessen bemühen. Er ist sich laut z24.nl sicher: „In zwei Jahren übernehmen andere Banken unser Modell.“
Knab hat in den Niederlanden eine Nische für sich entdeckt, die bislang von großen Banken nicht abgedeckt worden ist. Zumindest zeigt die Bank, was schon heute möglich ist. Konsequent nutzt sie ein Corporate Blog und Video Chats für ihre Kundenberatung. Dabei profitiert sie davon, mit wenigen Kunden beginnen zu können. Diese gewöhnen sich daran, online mit ihrem Institut zu kommunizieren. Im Unterschied dazu müssten etablierte Banken ihre Altkunden erst einmal von den neuen Kommunikationswegen überzeugen.
Wie gefällt Ihnen das holländische Modell? Lässt es sich auf deutsche Banken übertragen?
Mitte Oktober werde ich im Forum Institut für Management einen Workshop zum Thema „Social Media in Banken und Sparkassen“ durchführen. Welche Fragen hätten Sie zu diesem Themenkomplex?
>> Finextra: The Netherlands gets new direct bank
>> PR-Blogger: Banken in Social Media 1: Next Banking oder gespaltenes Bewusstsein?
>> PR-Blogger: Banken und Social Media (2): Transparenz und Dialog als Geschäftsmodell
>> Finance 2.0: Holland zeigt uns die Zukunft des Bankings: Knab und Münzmeister
Hallo,
ich finde das Knab Modell interessant und habe letzte Woche deshalb bereits darüber gebloggt.
http://electrouncle.wordpress.com/2012/09/24/holland-zeigt-uns-die-zukunft-des-bankings-knab-und-munzmeister/
Auch Münzmeister – ein anderes Unternehmen aus Holland – geht einen interessanten Weg. Ich denke, dass sich das Banking durchaus in eine solche Richtung entwickeln kann. Wird nicht für alle Verbraucher interessant sein, aber durchaus für einige. In jedem Fall werden auch klassische Anbieter nicht umhin kommen, sich moderner Internet Technologien zu bedienen, um modernes Banking anzubieten. Brett King hat das sehr schön formuliert: Why banking is no longer somewhere you go, but something you do!
Die Frage ist mal wieder: Werden Kunden bereit sein 15 Euro im Monat für Ihr Banking auszugeben. Sie sollten es. Sie tun es wohl auch heute schon, merken es aber kaum. Außerdem gilt es bei Angeboten wie Knab beachten, ob es sich am Ende nicht nur um einen neuen Front End Ansatz handelt. Im Hintergrund aber alle alten Prinzipien und damit auch Fehler weiterhin gemacht werden. Gerade bei Versicherungen ist der Mensch ja inzwischen sensibilisert und der Anbieter von Knab ist ja offensichtlich aus diesem Bereich.
Hallo,
interessanter Beitrag. Ich denke, dass es für Banken ein wichtiger Schritt ist, die Kommunikation zum Kunden zu suchen. Banken- und Versicherungsprodukte sind stark erklärungsbedürftig und je einfacher bzw. bequemer ich mit meiner Bank oder Versicherung kommunizieren kann, um so besser. Ich halte allerdings die Gebühren von 15 Euro monatlich für recht hoch. Da wird es interessant sein zu beobachten, ob Kunden bereit sind diese Summe zu bezahlen. Außerdem muss sich mit der Zeit erstmal zeigen, ob Knab seine Versprechen hinsichtlich der verbesserten Kundenkommunikation und Beratung einhält. Wenn ich da an andere Firmen denke, wie Ergo etc. dann gibt es viele Versprechen…..