Auf der Netnography08 in München sind rund 150 Interessierte aus der Kommunikations- und Verlagsbranche zusammengekommen, um gemeinsam herauszufinden, wie Unternehmen mit der Social Media Sphäre umgehen sollten. Dabei stellt sich vielen die Frage, inwieweit sich Unternehmen an Communities, Blogs und Social Networks beteiligen müssen, um das Social Media-Phänomen zu begreifen.
Prof. Rob Kozinets meinte in seiner Keynote, dass Wissenschaftler ihr Podest verlassen sollten und sich stärker in den Communities engagieren müssen, um diese wirklich verstehen zu lernen. Es geht in der Netnography vor allem um die partizipative Beobachtung von Social Media. „Ich muss manchmal dabei sein, um es wirklich zu verstehen, erläutert Kozinets. Wer Distanz gegenüber seinen Kunden aufbaue, versteht diese immer weniger. Seiner Ansicht nach nehmen viele Unternehmen Content, um damit Mauern um ihre Marken aufzubauen. Dadurch verlieren sie jedoch das Verständnis für deren realen Bedürfnisse. Stattdessen schielen sie lieber auf Statistiken. Diese falsche Zahlengläubigkeit stelle den letzten Versuch dar, die Kontrolle zu behalten. Deshalb wollen Unternehmen Communities besitzen, um sie kontrollieren zu können. Kozinets hält das für den falschen Ansatz: "Stattdessen sollten die Unternehmen die Community-Mitglieder sprechen lassen und zuhören lernen."
Je stärker alle auf den schnellen Profit schauen, desto weniger funktioniert es. Communities funktionieren nicht durch pekunäre Tauschgeschäfte. Eine "Gift Economy" setzt auf soziale Beziehungen. Geschenke werden altruistisch weitergeben, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Somit verbreiten sie sich dadurch viral und bauen langfristige Verbindungen auf, von der alle profitieren.
Jörg Blumtritt, Burda Community Network, erklärte in seinem anschließenden Vortrag das Selbstverständnis und die Erwartungen von Verlagen: "Ich schütte viele Informationen in den Marketing Funnel hinein, um dadurch irgendwie die Zielgruppe zu treffen.“ Doch das funktioniert seiner Meinung nach immer weniger: So sei es kaum möglich, mit Männern über Kosmetik zu sprechen. Hierbei habe Burda erstmals das Konzept Netnography angewandt, um mehr über die Zielgruppe herauszufinden. Viele Menschen unterhalten sich online über ihre kosmetischen Bedürfnisse: "Wir konnten mit dem Netnography-Ansatz viele unterschiedliche Nutzungsmotive herausfinden."
Aber auch das Segment der Kaffeetrinker fand Burda spannend, weil über Netnography viel tiefere Einsichten in die Konsumgewohnheiten bot. Man könne auf die Leute zugehen und sie nach ihrem Kaffeekosum fragen, dennoch erfahre man dabei wenig über die Bedeutung des Kaffeekonsums. Warum Burda Netgraphy setzt, erläutert er mit einem Zitat von Geertz:
„Wenn wir entdecken wollen, was den Menschen ausmacht, können wir das nur finden in dem, was die Menschen sind: … höchst unterschiedlich. Indem wir die Verschiedenheiten verstehen, … können wir ein Konzept der menschlichen Natur erstellen, mehr ein statistischer Schatten als ein primitivistischer Traum, das beides beeinhaltet: Substanz und Wahrheit.“ (Cliffort Geertz)
Blumtritt betrachtet die Netnography als spannende qualitative Methode, mit der sich andere Studien wie die „Typologie der Wünsche“ weiterentwickeln lassen.
Was auf der Konferenz auffällt, dass zahlreiche Twitterer anwesend sind und sich aktiv an der Diskussion beteiligen.
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>> Website netnography08
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Klaus Eck
Für einen Live-Bericht.
Autor: Jörg Hoewner
von der Netnography 2008, bin ich zu schreibfaul, ausserdem reicht mein Akku nicht. Eine Summary und eine Servicesammlung mit Links und Literaturtipps folgt morgen.
Quasi-live nachlesen kann man über die Netnography heute bei…
Nicht nur Wissenschaftler sollten sich der Social Media Sphäre mehr durch teilnehmende Beobachtung annehmen. Selbst in der einschlägig beratenden Zunft habe ich teilweise schon mit Erstaunen ein gerüttelt Mass an praktischer Ignoranz kennengelernt.
Gerade in einem – immer noch sehr neuen und hoch dynamischen Umfeld – führt an einer partizipativen Beobachtung kein Weg vorbei. Anders ist schlichtweg nicht zu erkennen, „was geht und was nicht geht“. Die gängigen Statistiken reichen hierfür bei weitem nicht aus! Wir haben genau diese Erfahrung auch mit unserem Corporate Blog (www.1stplan-blog.de) gemacht.
Es scheint, als hätte ich etwas versäumt. Leider habe ich die Netnography08 nicht besucht. Aber Dank Klaus‘ Blogg und Twitterei bin ich doch etwas auf dem Laufenden und begreife mehr und mehr die Vorzüge von Twitter.
Sätze wie „20 Prozent der Onliner machen 80 Prozent der Nutzer aus“ und dass „Blogger eher eine aktive Minderheit sind“, zeigen, dass die Branche in der Realität angekommen ist, Internet & Co. mit unverstelltem Blick betrachtet.
Vor zehn Jahren warnten wir vor „der Trägheit der Masse“ in Magazinen wie „Global Online“ als IBM-Chef Erwin Staudt den Satz „Web oder weg“ prägte.
Seither hat sich enorm viel bewegt. Doch etliche Themen, wie Social Networks sind in ihrer Funktion und oft fehlender intuitiver Nutzbarkeit gerade mal in der Version 0.5 bis 0.8 angekommen.
Ihre Nutzung und die Vorteile daraus sind oft zu Erklärungsbedürftig, zu wenig übersetzt.
Und zu sehr wird das Thema auch noch mit stationärem Rechner und Laptop verbunden, was sich durch einfach zu nutzende Geräte á la iPhone ändern dürfte, wenn sie sich in den kommenden Jahren durchgesetzt haben.
Ich habe den Verdacht, dass Apple die Defizite des derzeitigen Web 2.0 erkannt hat und sowohl mit Hardware, aber auch mit Software und Web-Plattformen, wie der neuen Me.com, versuchen wird, wie einst mit dem Ur-Mac 1984, Standards zu setzen.
Die zunächst reduzierte Funktion von Me.com, die ab Juli angeboten wird, dürfte nur der Beginn sein. Mit Me.com ist ja wohl nichts anderes gemeint, als seinen festen Platz im Internet zu haben, von dem alle Online-Aktivitäten ausgehen.
Warten wir es ab.
Roland Keller, http://www.viralclash.com