Was wollen Kunden online wirklich, sich die Marketingphrasen auf einer Unternehmenswebsite durchlesen? Wenn Werbetexter eine Seite aufbauen, sollen die Texte verführen, den Leser umgarnen, wirken in ihrer werblichen Tonalität aber oftmals platt, ausgelutscht und einseitig. Mich als Kundin überzeugt das nicht von einem Produkt. In vielen Fällen wird die als „Information“ angepriesene Werbung nicht einmal meine Aufmerksamkeitsschwelle überschreiten. Das ist nicht nur in der klassischen Werbung so (Flyer, Plakate, Werbespots), sondern auch in Social Media. Soweit die Theorie.
Schwierigkeit #1: Alle Welt redet von Social Media. Der Tanz um die goldnen Kälber Facebook, Twitter und Blogs ist im vollen Gange. Wenn Sie durch die (Online-)Medien klicken, gewinnen Sie den Eindruck, kein Weg geht an einer Social Media-Präsenz vorbei. Möglichst schnell soll es dann gehen. Unternehmen, die den Anschluss nicht verpassen wollen, beauftragen ihre Agenturen, die klassische Marketingkampagne 1:1 ins Social Web zu verlagern. Das scheint einfach zu: Es ist nicht allzu schwierig, eine Seite auf Facebook anzulegen. Die ersten „Fans“ kommen im Idealfalle von alleine. Kann man das aber wirklich schon als Erfolg verbuchen?
Schwierigkeit #2: Das Erstellen sinnvoller Themen- und Redaktionspläne stellt immer noch eine große Herausforderung für Unternehmen jeder Größe dar, die keine Erfahrung mit dem digitalen Corporate Publishing und Community-Management haben. Nur teilweise wird im Vorfeld diskutiert, welche Ziele mit einem Social Media-Engagement verfolgt werden sollen. Theoretisch ist das aber eine gute Basis, um Themenschwerpunkte zu definieren und sich über die inhaltliche Ausrichtung im Klaren zu sein.
Schwierigkeit #3: Marketing, PR, Human Resources oder doch die Produktentwicklung? Wer soll und wer hat überhaupt neben seinem Full-Time-Job noch Zeit, Inhalte auf die Seite zu stellen? Wer darf überhaupt zum Kunden sprechen, nur die Kommunikationsabteilung? Wird mein Social Media Engagement auch von meinem Chef anerkannt oder muss ich mir beim nächsten Mitarbeitergespräch von meinem Vorgesetzten dumme Sprüche anhören, weil ich einen Großteil meiner Arbeit mit dem „sinnlosen Herumsurfen auf Facebook“ verbringe?
Kundenkommunikation in Zeiten von Social Media
Am vergangenen Montag haben wir vorab die neue Schwarzkopf-Website ansehen können, die seit heute live ist. Was mir persönlich gut gefällt, der Mehrwert für die Websiten-Besucher und gut aufbereiteter, redaktioneller Content wird in den Vordergrund gestellt wird. Es geht nur noch sekundär um die Produkte, weit wichtiger ist es, durch die gelieferten Tipps & Tricks rund um die Haarpflege das Informationsbedürfnis der Kunden anzusprechen. Auch findet eine Verlängerung in entsprechende Social Media-Kanäle statt (Facebook, YouTube).
Was an diesem Beispiel allerdings auch deutlich wird: Relevante, redaktionelle Inhalte werden nicht von alleine generiert. Schwarzkopf arbeitet eng mit Redakteuren des Condé Nast Verlags zusammen, um diesen Content-Pool überhaupt liefern zu können. An journalistischem Know-how, das für die redaktionelle Betreuung einer solchen Website notwendig ist, aber auch für Facebook, Blogs, etc. immer häufiger gefragt ist, fehlt es in vielen Unternehmen.
Kunden vertrauen auf persönliche (Online-)Empfehlungen
Viele Kunden vertrauen den Informationen eines Unternehmens nicht besonders, sondern verlassen sich eher auf journalistische Quellen oder auf die Meinungen in ihrer Peergroup. Dieser Umstand gewinnt vor allem dann an Bedeutung, wenn Unternehmen selbst zum Content-Produzenten werden. Für Unternehmen gibt es inzwischen zahlreiche Möglichkeiten, in den sozialen Netzwerken, auf Blogs und Videoplattformen mit Kunden ins Gespräch zu kommen. Die klassische Website allein reicht hier nicht mehr aus. Durch Social Media können Unternehmen die Online-Reputation ihrer Marken mitgestalten und eine persönliche Kundenkommunikation aufbauen.
Social Media ist für viele immer noch ein großes Abenteuer; die Übertragung klassischer Marketingaktivitäten ins Social Web eine große Herausforderung, die erst durch das Umdenken in Unternehmen eine wirkliche Chance bekommt. Im Grunde genommen geht es darum, die Perspektive zu wechseln und die Sicht der Kunden einzunehmen. Erfolgreich kann Social Media aber nur sein, wenn ausreichend Ressourcen bereit gestellt werden – ob nun finanziell oder auch personell. Man darf gespannt sein, wie lange es dauert, bis auch das Management das begreift und Social Media nicht nur „nebenbei“ erledigt werden soll.
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