Sascha Pallenberg ist Head of Digital Transformation bei Daimler und positioniert sich als Personenmarke in der Öffentlichkeit. Sein Weg als Blogger und Influencer hat allerdings schon sehr viel früher begonnen. Vor seinem Einstieg 2016 bei dem Automobilkonzern, hat er sein Medium Mobile Geeks mit einem Team Gleichgesinnter zum Erfolg geführt. Heute lebt er in seiner Wahlheimat Taiwan und erweitert stets sein Netzwerk auf Tech-Konferenzen.
Er plädiert dafür, als Influencer nicht nur Produkte zu präsentieren, sondern sich auch für größere Themen, wie die digitale Transformation oder regenerative Energien einzusetzen. Wichtig sind für ihn vor allem Unabhängigkeit und Transparenz sowie eine gewisse Kontinuität im Auftreten.
Gerade in Krisenzeiten ist persönliche Kommunikation wichtig. Wenn der persönliche Kontakt fehlt, suchen viele Menschen Halt in sozialen Netzwerken. Zwar kann auch der Beste Markenbotschafter, der Persönlichkeit zeigt, die fehlende, echte Nähe nicht ersetzen, aber zumindest ein Zeichen setzen. Vor zwei Jahren hatte ich mit Sascha zum ersten Mal ein spannendes Interview und deshalb freue ich mich umso mehr ihm jetzt, besonders im Blick auf die aktuelle Situation, wieder ein paar Fragen stellen zu dürfen.
Am 8. April 20 bin ich im Corporate Influencer Breakfast Talk mit Sascha Pallenberg noch tiefer in das Thema Corporate Influencer und Personal Branding einsteigen. Die Aufzeichnung davon gibt es hier.
Seit unserem letzten Interview hat sich Deine Rolle ein wenig geändert. Nun bist Du Head of Digital Transformation bei der Daimler AG. Was sind nun Deine Aufgaben?
Der Aufgabenbereich ist breiter geworden und der Konzern gibt mir die Möglichkeit noch stärker und umfangreicher in die einzelnen Marken und Bereiche zu kommunizieren. Ging es in den ersten 1,5 Jahren vor allen Dingen darum Contentstrategien zu entwickeln und hierfür auch neue Kollegen und Kolleginnen zu gewinnen, so sind nun vor allen Dingen Impulse für Change-Prozesse gefragt. Wo können wir uns wie ändern, um effizienter zu werden? Welche Tools, welche Methoden und vor allen Dingen welches Mindset brauchen wir dafür.
Parallel dazu bin ich mit meiner Kolumne auf dem Daimler Magazin dann auch wieder stärker mit Meinung präsent und das tut auch mir persönlich sehr gut.
In der Coronakrise verändert sich die Wahrnehmung der Menschen extrem. Wir sprechen vom Social Distancing im physikalischen Raum, während wir gleichzeitig erleben, wie alle viel vernetzter miteinander agieren. Wie sieht Dein Alltag nun in Taiwan aus? Was hat sich durch die Coronakrise für Dich verändert?
Jetzt muss man sagen, dass meine Wahlheimat vergleichsweise gut durch die Krise gekommen ist bzw. mit recht wenig Neuinfektionen zu kämpfen hat. Dennoch hat sich das öffentliche Leben stark verändert. Es sind weniger Menschen auf den Straßen, man „herzt“ gute Freunde nicht mehr so intensiv und generell hält man Abstand. Zum Teil ist das wirklich skurril für eine Millionenmetropole.
Aber ich bin, trotz aller Emotionalität, auch Pragmatiker. Da ich davon ausgehe, dass uns diese Situation noch mindestens einige Wochen begleiten wird, habe ich mein Homeoffice komplett renoviert und baue es gerade komplett neu auf. Auch um in Zukunft hier noch ortsunabhängiger Formate zu erstellen.
Was sich für mich verändert hat? Ich merke einfach wie wichtig es für mich ist, Freunde besuchen zu können. Nach drei Wochen in der selbstgewählten Isolation merkt man, wie wenig die vermeintlich sozialen Medien als Ersatz für direkte Nähe dienen können.
Du bist als Techblogger bekannt geworden und bist vielleicht auch deshalb zu Deiner Rolle bei Daimler gekommen. Manchmal fragen mich Unternehmen, ob sie Influencer einkaufen sollen, um dadurch Reichweite zu generieren. Was meinst Du dazu?
Ich habe da immer schon eine ganz klare Meinung dazu. Als Blogger habe ich nicht einmal Geld von Unternehmen angenommen um Artikel, Videos oder gar Social-Media-Postings zu veröffentlichen. Dies widerspricht meiner Auffassung des unabhängigen Bloggings fundamental. Mobilegeeks war damals auch das erste Medium in Deutschland, welches umfangreich alle Reisen, Hotelunterkünfte etc. aufgelistet hat, die von Firmen/Events übernommen wurden.
Für diese Unabhängigkeit und Transparenz brenne ich auch heute noch und genau deshalb sind mir interne Markenbotschafter so ungemein wichtig.
Die vielbeschworene Authentizität eines externen Influencers gibt es nicht und ist nicht mehr und nicht weniger als eine Marketingblase bzw. Wunschdenken.
Als Personal Brand muss man nicht unbedingt viele Fans und Follower haben. Eine klare Positionierung ist aber sehr wichtig für viele Corporate Influencer. Wie kann jemand Experte und auch Personal Brand werden?
Nun Experten müssen sich vor allen Dingen auf ihrem Gebiet auskennen und da wird es dann, mit Verlaub, schnell recht dünn. Heute kann sich jeder Experte nennen, der mal zwei oder drei Tweets zu einem bestimmten Thema multipliziert hat. Ich halte das weder für nachhaltig, noch zahlt dies auf den Entstehungsprozess einer Personenmarke ein. Ich mag da nur an die diversen Accounts erinnern, die hunderttausenden folgen oder sich die Profile mit irgendwelchen „Social Network XYZ Voice des Jahres XX“ vollpappen.
Kontinuität, viel Arbeit, viel Wissbegier und ganz viel Spaß am Thema. Darum geht es. Wer dies über einige Jahre durchhält, kann sich positionieren und hat dann vielleicht auch die Chance einen Personal Brand zu entwickeln.
Wie wichtig ist Dir persönlich das Networking?
Egal auf welchem Event ich bin, ich mache in der Zeit wirklich jedes Networking-Event mit und verlängre dies dann nach LinkedIn und Twitter. Letztendlich teile ich dort meine Statements und Inhalte, interagiere mit dem Netzwerk und gehe dort fundamental meinem Job nach: Kommunikation!
Welche Voraussetzungen benötigen Unternehmen Deiner Meinung nach, um Corporate Influencer aufzubauen?
Sie benötigen die Toleranz, den Mut und das Vertrauen, Kommunikatoren eine längere Leine zuzugestehen. Lasst Fachleute einfach ihren Job machen, hört ihnen zu und lernt davon. Kommunikation in den sozialen Medien erfordert ein ganz bestimmtes Talent und ich behaupte, dass auch in der Kommunikation weltweit verdammt viele Talentlose unterwegs sind! Da werden massenweise, lieblos Presseinformationen weitergeleitet… es findet keine Interaktion statt, ja man merkt bei jedem Statement ganz subtil diese „warum muss ich das denn nun auch noch machen?“- Attitüde.
Und dann gibt es halt Menschen, die nicht für Social Media, sondern auch für ihr Unternehmen brennen. Scouten, Befugnisse übertragen, machen lassen!
Was macht Dir in diesen schwierigen Zeiten Hoffnung?
Dass wir alle ein wenig näher zusammengerückt sind und all den gesellschaftlichen Spaltern, die in den letzten Jahren viele Erfolge gefeiert haben, zeigen konnten, dass wir auf deren Populismus in diesen Zeiten nicht reinfallen werden. Ich halte Corona auch für einen gesellschaftlichen Wake-up Call und hoffe, dass dieser noch sehr lange nachhallt, wenn diese Krise vorbei ist.
Vielen Dank für das Interview.
Noch mehr Einblicke in das Influencer-Leben von Sascha Pallenberg gibt es im ersten Interview.
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Bildquelle: Stefan Schicker