Viele Azubis gehen ganz selbstverständlich mit Social Media um und bewerten dort auch Unternehmen. Damit müssen Arbeitergeber umgehen. Jedes Jahr gehen rund 400.000 junge Menschen in Deutschland auf Ausbildungsplatzsuche. Aber wie gehen sie dabei vor und was ist ihnen wichtig?
Dazu haben wir Tamara Katja Frast befragt. Sie verantwortet bei der Arbeitgeberbewertungsplattform kununu den Bereich PR und Social Media. Neben dem privaten Interesse an neuen Technologien setzt sich die begeisterte PR 2.0-erin mit den Möglichkeiten einer modernen Kommunikation auseinander.
Was unterscheidet Schüler und Azubis in Social Media von den älteren Onlinern?
Schüler und Azubis sind mit digitalen Medien aufgewachsen und nutzen diese – auf Kosten von klassischen Medien – bereits selbstverständlich. Das Suchen und Teilen von Informationen passiert ausschließlich online – Produkte oder Unternehmen, die im Netz nicht auffindbar sind, werden von dieser Zielgruppe nur am Rande wahrgenommen.
Wie nutzen Azubis generell das Social Web?
Azubis ist der Austausch mit Kollegen wichtig: Wir sehen anhand der Azubi-Bewertungen, die bei uns bereits eingelangt sind, dass das Lesen und Teilen von Erfahrungswerten einen hohen Stellenwert einnimmt. So dürfte das Vergleichen mit der eigenen Ausbildungssituation erleichtert werden.
Interessant ist auch, welche Themen die Jugendliche beschäftigen: Anhand der persönlichen Kommentare in den Bewertungen sehen wir, dass den Azubis Lob und Respekt wichtig ist, ein gutes Verhältnis zum Ausbilder sowie eine pünktliche und faire Bezahlung.
Welche Informationen können die Schüler und Azubis bei kununu bekommen? Wie nutzen sie kununu?
Mit kununu können Ausbildungsbetriebe bewertet sowie gefunden werden – zudem gibt es Infos von Jugendlichen für Jugendliche.
Bestehende Azubis können mit einem spezifischen Fragebogen binnen weniger Minuten Feedback zu ihrem Ausbildungsbetrieb anonym abgeben. Zur Beurteilung stehen unter anderem der Ausbilder, der Spaßfaktor und die Ausbildungsvergütung. Aber auch Benefits wie Mitarbeiterparties oder Essenszulagen können angegeben werden. Zusätzlich können Lob, aber auch Verbesserungsvorschläge ausgesprochen werden. Azubis helfen mit ihrer Bewertung dadurch anderen Jugendlichen weiter, gute Arbeitgeber zu finden und schwarze Schafe zu meiden.
Schüler wiederum, die sich für eine Ausbildung interessieren, können auf kununu.com gezielt nach guten Ausbildungsbetrieben suchen. Durch die authentischen Erfahrungsberichte erhalten sie Infos, die von der eigenen Altersgruppe stammen und zudem authentische Einblicke hinter den offiziellen Firmenfassaden gewähren. So können sie bereits im Vorfeld abwägen, ob das Unternehmen zu den eigenen Vorstellungen passt.
Darüberhinaus sind Unternehmen wie Continental, EON und MVV auf kununu mit einem eigenen Ausbildungsprofil präsent und stellen mit diesem weitere Informationen für interessierte Azubis und deren Eltern bereit. Neben einer Beschreibung der angebotenen Berufsausbildung sowie Tipps für eine richtige Bewerbung, geben die Firmen Einblick hinsichtlich Ausbildungsvergütung, Benefits und Entwicklungsmöglichkeiten nach der Ausbildung.
Wie sollten Unternehmen auf das neue Verhalten der Schüler und Azubis reagieren?
Nachdem diese Zielgruppe hauptsächlich Informationen über das Internet bezieht, müssen Unternehmen auch dort entsprechende Präsenz zeigen. Auch berufsweiterführender Content wird von Jugendlichen erwartet. Dieser Input muss jedoch authentisch und nachvollziehbar aufbereitet sein – Jugendliche sind diesbezüglich sehr kritisch.
Für den HR-Bereich heißt das: Employer Branding und Recruiting müssen online passieren. Die Maßnahmen müssen jedoch auf die Anforderungen der Zielgruppe perfekt zugeschnitten werden. Azubis sind die jüngsten Mitarbeiter in einem Unternehmen und bedürfen daher besonderer Sorgfalt. Ein Ausbildungsbetrieb muss entsprechend Sorgfalt und Verantwortung an den Tag legen. Dieses Engagement lohnt sich jedoch und ist eine Investition in die Zukunft: Gute Azubis von heute sind gefragte Fachkräfte von morgen – ein wesentlicher Faktor im bereits bestehenden War for Talents.
Wie wichtig ist die Transparenz für die Bewerber?
Bewerber verlangen zunehmend Informationen abseits von firmenlancierten Inhalten. Wir sehen anhand der auf kununu getätigten Suchanfragen, dass die User sehr gezielt ihre Karriereplanung angehen. Diese möchten nichts dem Zufall überlassen und recherchieren penibel ein Unternehmen auf seine Tauglichkeit als Arbeitgeber. Wenn dieser nicht oder nur lückenhaft im Internet präsent ist, wirft das unweigerlich Fragen auf. Dies ist auch eine Chance für kleinere oder mittelständische Firmen, die mit einer proaktiven Präsenz auch Konzernen mit einer starken Arbeitgebermarke den Rang ablaufen können.
Müssen Unternehmen Angst vor einer Bewertung durch Digital Natives haben?
Mitarbeiter haben schon immer über ihr Wohlbefinden oder ihre Erfahrungen am Arbeitsplatz gesprochen. Passierte es früher „unter der Hand“, werden diese Eindrücke nun öffentlich.
Unternehmen sollen eine Arbeitgeber-Bewertung daher nicht als Bedrohung, sondern vielmehr als Chance wahrnehmen. Erstmals haben Firmen die Möglichkeit zu erfahren, wie es ihren Mitarbeitern tatsächlich geht. Ob Lob oder konstruktive Kritik: Durch das Aussprechen von Feedback haben Unternehmen die Möglichkeit, punktgenau Arbeitsplatzverbesserungen umzusetzen und so bestehende Mitarbeiter zu begeistern.
Dieses Engagement kommt zudem einer positiven Online-Reputation zu Gute: Wenn ein Unternehmen sich für den Dialog öffnet, mit Stellungnahmen auf Bewertungen reagiert, weiterführende Infos wie Fotos vom Arbeitsalltag anbietet, zeigt das von einer wertschätzenden Kommunikation mit den Mitarbeitern. Mit Hilfe der viralen Effekte kommt dann ein Unternehmen sehr rasch ins Gespräch – und Jobinteressierte werden so auf einen interessanten Arbeitgeber aufmerksam.
Bildquelle: Flickr: Argonne National Laboratory