“Clout” bedeutet soviel wie Durchschlagskraft oder Einfluss. Der Titel des 2010 erschienen Buches von Colleen Jones (“Clout – The Art and Science of Influential Web Content”) bezieht sich auf die Macht guten Contents – wie mit wohl überlegten und strategisch durchdachten Inhalten das Denken, Handeln und die Entscheidungen der User im Web beeinflusst werden können.
Dies ist ein Gastbeitrag von Brigitte Alice Radl, die sich im Grazer Web Literacy Lab intensiv mit Content-Strategie beschäftigt.
Für die US-amerikanische Content-Strategin Colleen Jones (@leenjones auf Twitter) kommt im Web Substanz vor Form. Während sich viele Unternehmen und Organisationen bei ihren Online-Präsenzen noch immer hauptsächlich auf Design-Aspekte fokussieren, rückt die Qualität der Inhalte häufig in den Hintergrund.
Um die User in ihrem Denken, Handeln und in ihren Entscheidungen zu beeinflussen, ist es jedoch wichtig, klare Botschaften zu vermitteln. Es geht darum, WAS wir sagen – und weniger darum, wo wir es sagen oder wie. Kurzfristige Einzelmaßnahmen oder Kampagnen können nicht den Aufbau langfristiger Beziehungen zu Menschen ersetzen.
Rhetorik und Psychologie
Interessant am Buch “Clout” ist vor allem der Zugang der Autorin zum Thema Content: Sie betont die Sinnhaftigkeit grundlegender rhetorischer und psychologischer Prinzipien, um Menschen im Web zu überzeugen. Die User suchen Inhalte, mittels derer sie Entscheidungen treffen können (z.B. über den Kauf eines Produktes). Überzeugender Content fungiert dabei als eine Art “Social Actor”, der die User in ihrem Handeln bestätigt. Die Konzepte der Rhetorik werden deshalb auch für die Produktion von einflussreichen Webinhalten empfohlen:
Glaubwürdigkeit, Logik, Emotion, Wiederholung oder “The Opportune Moment” üben Einfluss auf das Handeln der User aus. Ebenso entscheidend sind psychologische Faktoren: Metaphern, Reziprozität und Identifikation mit der Masse bzw. Community sind Basiskategorien von musterhaftem Denken und Entscheidungsfindung. Sie erklären, wie die User über die Welt denken und reden, und können dementsprechend zur Einflussnahme genutzt werden.
Clout in der Content-Strategie
Während prominente Kolleginnen wie Kristina Halvorson (@halvorson auf Twitter) oder Erin Kissane (@kissane auf Twitter) in ihren Büchern eher auf die Abwicklung von Webprojekten und die Beschreibung einzelner Arbeitsschritte der Content Strategie fokussieren, bleibt Colleen Jones hier eher vage. Typische Instrumente wie das Content Audit, die Definition des Content Lifecycle, Redaktionskalender oder User Research reißt sie nur an, Handlungsanleitungen sucht der Leser vergeblich.
Dafür präsentiert sie eine Vielzahl an Best- und Worst-Practice-Beispielen von US-amerikanischen Unternehmen, die teilweise mit Zitaten der verantwortlichen Content-Strategen versehen sind. Ein eigenes Kapitel widmet sie der Datensammlung zur Evaluierung von Webcontent und nennt die wichtigsten Messindikatoren.
„A new focus on web content“
Insgesamt ist “Clout” eine runde Geschichte und gibt anregende Impulse, um über die Verbesserungspotenziale von Inhalten aus einer neuen Perspektive nachzudenken. Wer sich allerdings ein einführendes Standardwerk über Content-Strategie erwartet, ist hier nicht richtig. Es fällt schwer, den Überblick zu behalten, teilweise hält sich Jones leider zu allgemein und lässt Tiefe vermissen. Die Prozesshaftigkeit der Content-Strategie ist schwer fassbar und konkrete Abläufe werden nicht beschrieben. Eine Botschaft bleibt aber auf jeden Fall hängen, die die Autorin wie folgt zusammenfasst:
“The way to get results online is clout – influence or pull. Achieving clout demands new thinking and a new focus on web content.”
Ein wichtiger Nachsatz von Jones zum ethischen Aspekt von einflussreichen Inhalten: “Clout” ist erreicht, wenn der Web-Content Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens hat. Dennoch sollten die Bemühungen um überzeugende Inhalte hier nicht enden. Denn einflussreicher Content bringt große Verantwortung mit sich, besonders in Zeiten, in denen sich das Web derart schnell weiterentwickelt.
Wir beschäftigen uns im Web Literacy Lab unter anderem mit Publikationen zum Thema Content-Strategie. Welche Aspekte des Themas interessieren Sie? Wo haben Sie Informationsbedarf, welche Fragen stellen sich Ihnen?
Ganz tolle Buchvorstellung. Wer braucht nicht Durchschlagskraft und Einfluss. Muss mir dieses Buch unbedingt besorgen.
Ist der Artikel jetzt von Heinz Wittenbrink oder von Brigitte Alice Radl? Die Autorenangaben sind verwirrend.