Daniel Ackermann Als Gastautor im PR-Blogger tätig.

Transparente Kommunalpolitik für echten Dialog

3 Minuten Lesedauer

Spitzenpolitiker nutzen Social Media, um sich mit der eigenen Fraktion abzustimmen, oder um ihre Ansichten und Inhalte im Netz zu verbreiten. Doch welche Gründe hat ein volksnaher Kommunalpolitiker, um sich mit Social Media auseinanderzusetzen? Und was springt für die Bürger dabei heraus? Es gibt bereits einige Beispiele, aber auch noch sehr viel Potenzial.

Bei einer aktuellen BITKOM-Studie sagten 69 Prozent der Befragten aus, dass sie das Internet als ein Instrument zur Förderung der Demokratie wahrnehmen. Doch dienen Blogs, Twitter-, Facebook- und Google-Accounts für die Politiker möglicherweise nur zur kurzfristigen Steigerung ihrer Online-Reputation, zum Beispiel vor der nächsten Wahl? Denn was gibt es wichtigeres für einen Politiker als seinen guten Ruf? Schön wäre es, wenn man sagen könnte: Seine Inhalte. Und zwar jene die es vermögen, die Wähler zur Teilnahme an Diskussionen zu bewegen. Gibt es diese Inhalte? Die gibt es – zum Beispiel in der Kommunalpolitik.

Wo setzt Social Media in der Kommunalpolitik an?

Einen Berliner interessiert es nicht, wenn in einem hessischen Vorort über einen fehlenden Breitband-Internetzugang diskutiert wird. Das ist verständlich. Die Bewohner dieses Orts interessiert es jedoch sehr wohl, insbesondere jene mit eigenem Grund und Boden. Leider bekommen sie von der Diskussion im Gemeinderat wenig mit. Denn sie müssen arbeiten, in der Regel von 8-17 Uhr, Montag bis Freitag.

Stellen wir uns vor, der Bürgermeister dieses Vororts hätte ein Weblog, in dem er sein Tagesgeschäft den Einwohnern darlegt – unter anderem die Auseinandersetzung mit der Telekom, welche behauptet, dass sich die notwendigen Bauarbeiten für einen Breitbandanschluss in diesem Ort nicht lohnen würden. Im Blog könnte die Korrespondenz mit der Telekom veröffentlicht werden, angereichert durch die Argumente der Einwohner. In einem Kommentarfeld sind diese weitaus schneller geschrieben, als in einer Sitzung des Gemeinderats vorgebracht. Zudem sind und bleiben sie für alle sichtbar, auch jene die es vorziehen zu schweigen und lediglich ihr Kreuz am Wahltag machen, bekommen somit umfassendere Informationen, um sich eine Meinung bilden zu können.Der ehemalige Bürgermeister Ingo Röthlingshöfer schrieb zum Thema Bürgernähe in seinem Blog:

„Alle Politiker erzählen immer, sie sind im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern – das ist ja Humbug. Der normale Kommunalpolitiker hat seinen Dialog mit immer denselben 50 Bürgerinnen und Bürgern, denn das sind die, die um einen sitzen bei Veranstaltungen und die, die man permanent trifft. […] Ich löse doch Diskussionen nicht dadurch, dass ich sie nicht führe.“

Beispiele für den Einsatz von Social Media durch Bürgermeister

Vollwertige Social Media-Auftritte von Bürgermeistern und Gemeinden sind spärlich gesäht. Oftmals werden Blogs ausschließlich für den Wahlkampf eingesetzt oder nur alle vier Wochen mit neuen Beiträgen bestückt. Es gibt jedoch auch Bürgermeister, die auf ein eigenständiges und regelmäßig gepflegtes Blog setzen, z. B. Christoph Meineke für Wennigsen und Thorsten Dahl für Schleswig. Auch in Österreich gibt es einen Bürgermeister, der Social Media zur Kommunikation einsetzt: Christoph Stark für die Stadtgemeinde Gleisdorf.

Update: Einer der besten Auftritte in Form eines Blogs ist aktuell in Baden-Württemberg zu finden, der Kraichtaler Bürgermeister Ulrich Hintermayer nutzt ein Blog für eine transparente Darstellung seiner Amtstätigkeiten. Zusätzlich setzt Hintermayer auf Facebook, was wohl insbesondere die jüngeren Einwohner der badischen Gemeinde ansprechen dürfte. Besonders hervorzuheben ist hier auch der auf AJAX basierende Event-Kalender, welcher die aktuellen, für die Bürger relevanten Termine nicht nur nennt, sondern Sie auch mit Beschreibung, einem Link zu Google Maps sowie näheren Kontaktmöglichkeiten versieht:

Ulrich Hintermayer Blog
Ulrich Hintermayer Blog

Die Kommentarfunktion scheint bei den Betreibern gefürchtet zu sein, ein vollwertiges Blog mit der Möglichkeit seine Meinung zu hinterlassen, war nicht auffindbar. Gerne lasse ich mich diesbezüglich eines Besseren belehren.

Von den Großen lernen

Wie wertvoll eine transparente Entscheidungsfindung sein kann, sollte spätestens seit dem Beispiel Stuttgart21 klar sein. Sie hätte den Bürgern und Politikern in Stuttgart vermutlich einiges an Geld und Schweiß erspart, die Wasserwerfer eingeschlossen. Social Media ist kein Allheilmittel, jedoch stellt es mächtige Instrumente der Kommunikation zur Verfügung: Um die Stimmung in der Wählerschaft rechtzeitig zu erkennen, Argumente auszutauschen und die Meinung der Bürger abseits der Wahlurne für die wichtigen Entscheidungen in seiner Stadt mit einzubeziehen. „Es ist egal wen ich wähle, letztendlich machen doch alle das gleiche.“ Dieser Satz ist wohlbekannt unter deutschen Wählern. Wer den Bürgern jedoch zeigen kann, mit was für Problemen er sich bei seiner Arbeit auseinanderzusetzen hat und was er für diskussionswürdig erachtet, stellt solche Aussagen ad absurdum: Jeder kann sich daran beteiligen, es ist nur eine Frage des Wollens.

Was hat der Politiker davon?

Die Transparenz des Internets sollte nicht als Klinge gesehen werden, die dem Politiker stets im Nacken liegt. Sie können mit Hilfe von Social Media hervorragend Agenda-Setting betreiben und die Bürger für die Belange der Gemeinde, der Kommune und somit für die Politik miteinbeziehen. Authentische Aussagen und Informationen aus erster Hand wirken besonders: Der Politiker kann damit seinen Sachverstand demonstrieren und diesen – wenn er das Blog ernst nimmt – in den Kommentaren immer wieder unter Beweis stellen. Ehrliche und engagierte Politiker werden mit Social Media in Zukunft große Erfolge erzielen und insbesondere jene hinter sich lassen, die von Wissensherrschaft und Vetternwirtschaft in ihrem Amt gehalten werden. Denn diese Art von „Politik“ wird in einem immer besser durchsuchbaren Netz nicht lange standhalten können und früher oder später vom Wähler abgestraft.

Wie ist Ihre Meinung dazu? Sehen Sie die politische Bühne der Zukunft ebenso transparent? Oder wird Social Media in den Kommunen eine Randerscheinung bleiben? Ich freue mich auf Ihr Feedback!

Bildquellen: Shutterstock (Titelbild) / Christoph Stark (Screenshot)

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Daniel Ackermann Als Gastautor im PR-Blogger tätig.

2 Replies to “Transparente Kommunalpolitik für echten Dialog”

  1. Ja, eben, die Kommentare bleiben für alle sichtbar! Bei einer Diskussion über den Breitbandausbau dürfte das recht unproblematisch sein. Aber bei einem Thema wie Stuttgart 21 ganz und gar nicht.

    Ob man sich zu einem so kontroversen Thema öffentlich äußern möchte, sollte man sich gründlich überlegen. Politiker müssen Position beziehen. Sie für ihre Politik oder politischen Äußerungen auch noch Jahre später in die Verantwortung zu nehmen, das sinnvoll/gewollt.

    Ob man sich für Arbeitskollegen, Arbeitgeber, Nachbarn, Freunde und künftige Dates aber in dieser Weise politisch entblößen sollte, bedarf einer gründlichen Abwägung.

    Eine Beteiligung unter Pseudonym ist nicht der Ausweg, denn abgesehen davon, dass dies gerade dem Transparenzgedanken zuwiderliefe und dem Verwenden mehrerer Identitäten Vorschub leisten würde – gerade bei Kommunalthemen wird eine spätere Identifizierung besonders leicht sein, wenn weitere Faktoren wie Wortwahl, Schreibstil etc. später einmal einbezogen werden. Immerhin hat man bei Kommunalthemen schon mal einen engen geografischen Bezug – und wo jemand zu einer bestimmten Zeit einmal gewohnt hat, wird in Zukunft kaum mehr ein Geheimnis sein.

    Und man darf nicht vergessen: Jede politische Äußerung ist ein kleiner Baustein, der zum Gesamtbild beiträgt. Kennt man die Einstellung einer Person zu mehreren Themen, lässt sich daraus schon viel ableiten.

    Manche Risiken verwirklichen sich aber nicht erst in der Zukunft. Wenn der Bau einer Stromtrasse durch ein Dorf ansteht oder wenn (eher in der Stadt) eine Drogenberatungstelle oder ein Asylbewerberheim in die Nachbarschaft kommen soll, kann man schnell Probleme bekommen, wenn man mit seiner Meinung in der Minderheit ist.

  2. Das hört sich wunderbar an in meinen Ohren. Gerade für die jüngere Generation, die es gewohnt ist, im Internet ohne langes Drum-herum-Reden öffentlich Kommentare direkt abzugeben, wäre das eine glaubhafte Form von Politik. Auch für komplexe Themen, bei denen keiner mehr weiß, wie schwarz, rot, grün, gelb usw dazu stehen, wäre eine transparente Diskussionsplattform angebracht.
    Und wer weiß – vielleicht wäre das sogar ein Beginn der langsamen Auflösung von Parteigrenzen bis hin zu einer direkten Demokratie mit deutlich mehr Bürgerbeteiligung…

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