Die heutige Ausgabe der Morgenwelt steht im Zeichen der Krise. Vergangene Woche tagten führende Kommunikationsforscher im Rahmen der IPRRC – International Public Relations Research Conference – und stellten ihre neuesten Erkenntnisse vor. Dazu zählten auch einige Studien, die sich mit dem Thema Krisenkommunikation auseinandersetzten. Eine zentrale Erkenntniss lautet, dass alte Regeln vielfach nicht mehr gelten, wie Katie Paine zusammenfasst.
Maßgeblich verändert wird die Krisenkommunikation nicht zuletzt durchs Social Web. Durch die Möglichkeit für beinahe jeden, einen Inhalt zu veröffentlichen, steigt die Transparenz, der Unternehmen und Organisationen ausgesetzt sind. Nicht selten hört man daher mittlerweile von Kommunikationsprofis das Statement "intern ist extern". Außerdem hat sich die Dynamik von Krisen wesentlichen erhöht. Nicht selten braucht es nur wenige Stunden, bis die mediale Weltöffentlichkeit von einem Issue erfährt. Damit einher gehen gänzlich neue Anforderungen an das Krisenmanagement. Mehr denn je Bedarf es einer strategischen und präventiven Herangehensweise an das Thema. Zur Übersicht stellen wir Ihnen in dieser Morgenwelt daher eine Sammlung vergangener Krisen im Social Media-Kontext vor – und vieles mehr.
Krisen: Seit 2008 sammelt Jeremiah Owyang chronologisch die mehr oder weniger bekannten Krisen von Marken und Unternehmen, die im Zusammenhang mit dem Social Web stehen. Die Stories haben gemein, dass die Geschichte entweder zuerst im Social Web aufgegriffen oder durch letzteres erheblich verbreitet wurde. Ganz aktuell ist dort zum Beispiel Nestlés Versuch zu finden, mit dem Ansturm von Greenpeace Anhängern auf Facebook umzugehen, worüber wir im PR-Blogger bereits berichtet haben. Die Auflistung geht zurück bis ins Jahr 2001. Darüber hinaus wurden die einzelnen Situationen kategorisiert, je nach Intensität der Wirkung sowohl im Web als auch in den klassischen Medien. Damit ist der Beitrag eine gute Ressource, wenn man sich mit der Dynamik von Krisen im Netz beschäftigen will.
Social Media Policy: Einer der typischen Krisenauslöser im Social Web ist ein Fehlverhalten seitens der Mitarbeiter, das durch die sozialen Medien verbreitet wird. Mit dieser Thematik beschäftigt sich in einem Artikel auch das Handelsblatt. Demnach sei das Problem nicht nur, dass die Mitarbeiter gegen die Regeln verstießen, vielmehr gäbe es in vielen Unternehmen noch gar keine Regeln über den Umgang mit Social Media. Höchstens ein drittel der Unternehmen hat bereits eine Social Media Policy aufgestellt. Dass sich eine solche lohnt, dafür sprechen die Zahlen: Rund eine Billion Euro Schaden soll der globalen Wirtschaft durch Fehltritte im Netz bereits entstanden sein.
Follow Friday: Im Zusammenhang mit dem Follow Friday hat die Karrierebibel eine Liste von 50 folgenswerten Twitteraccounts erstellt. Diese ist unterteilt in die Kategorien Karriere-Tweets, Job-Tweets und Uni-Tweets. Follower erfahren dank der Liste schnell, was auf dem Arbeitsmarkt passiert. Vom Studentenleben über Karrieretipps bis hin zu Stellenanzeigen: Die Tweets halten einen auf dem Laufenden.
Information Overload: Es ist das Dilemma vieler Twitter-Neulinge: Wer aus Gründen der Übersichtlichkeit nur einer handvoll Twitteraccounts folgt, der hat im Gegenzug auch nur eine geringe Anzahl an Followern. Soll die Übersichtlichkeit zugunsten der eigenen Reichweite geopfert werden? Martin Weigert von Netzwertig rät dazu. In seinem Artikel ruft er dazu auf, den endlosen Informationsfluss in seiner Komplexität zu akzeptieren und so das Verlangen abzulegen, alle Informationen abarbeiten zu können.
Social Capital: Ist Vertrauen die Währung im Social Web? Kaum, wenn man den Begriff wörtlich nimmt. Denn wer vertraut schon dem Profil seiner Lieblingsschokolade auch nur annähernd soviel wie seinem besten Freund? Dennoch ist Vertrauen der springende Punkt, der den Erfolg und die Bedeutung sozialer Netzwerte für die Gesellschaft rechtfertigt. Social Media Today hat sich dieser Problematik angenommen und einen passenderen Begriff gewählt: Social Capital. Im Artikel werden Parallelen gezogen zwischen diesem sozialen Kapital und handfestem Geld. Wer zum Beispiel eine Fanpage gründet (im Vergleich zu einem Start-Up), der fängt in der Regel mit sehr wenig Kapital an, welches sich durch beharrliches weitermachen steigert. Für Social Capital bekommt man im Gegenzug auch "Ware", zum Beispiel neue Blogabonnenten, Kunden oder Mitarbeiter.
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Thomas Euler
Der Begriff des sozialen Kapitals wurde vom französischen Soziologen Pierre Bourdieu in die wissenschaftliche Diskussion eingeführt. Bourdieu schrieb dieser Kapitalsorte ähnliche Eigenschaften zu, wie vom Geld in Form von Scheinen, Münzen und Anlagen bekannt.
Mehr dazu im Medienlotsen-Blog unter:
http://medienlotse.wordpress.com/2010/03/25/in-social-capital-we-trust/
Ein gelungener Beitrag der zeigt, dass in Zeiten des schnellen Kommunikationsflusses von News und Meinungen auch die Krisen-PR aus der Unternehmerperspektive angepasst werden muss.
Nachrichten erreichen das Publikum mit einer so hohen Zielgenauigkeit, dass jeder Versuch von Rechtfertigung oder Aussitzen der Krise vom vernetzten und sensibilisierten Publikum als Vertuschungsversuch wahrgenommen und medial geahndet würde.
– Jeder kann sein eigener „Sender“ sein –
Vertrauen wird folglich durch Transparenz und den offenen Umgang mit Kritik geschaffen. Die überzeugende Darstellung Reflektieren zu können und auch zu wollen sorgt gleichzeitig für die für Vertrauen notwendige Authentizität.
Aktuelles Beispiel dafür bei uns im Hause ist der Umgang mit der Veröffentlichung von Stiftung Warentest, die Jappy.de und weitere Soziale Netzwerke auf Datensicherheit untersucht hat.
http://jappyblog.de/allgemein/582/stiftung-warentest-pruft-soziale-netzwerke/
Ich bin der Überzeugung, dass ein Unternehmen – mittels der direkten Auseinandersetzung auf den zur Verfügung stehenden Kanälen, seien es Corporate Blogs oder Social Networks – jedoch nicht nur an Glaubhaftigkeit gewinnt, sondern auch einen Mehrwert für Kunden, Nutzer und Presse erzielt, der von der Zielgruppe honoriert wird.
Auch wenn es schwer fällt, ist Aufklärung oder schlimmstenfalls der Gang nach Canossa mitunter der einzig richtige und gleichzeitig effizienteste Weg eine Krise zu bewältigen.