Electronic Arts verprellt die Frauen auf Comicmesse

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Eine Kampagne zu starten, die große Teile der eigenen Zielgruppe vernachlässigt und sogar diffamiert, das hat der Spielehersteller Electronic Arts in der vergangenen Woche im Rahmen einer viralen Aktion für die Comicmesse "Comic-Con" fertig gebracht. Unter dem Motto: "A Night with the Hottest Girl at Comic-Con. Dinner, Booty & More." wurde eine Mitmach-Aktion beworben, die besonders die weiblichen Fans des Spieleherstellers erzürnt hat.

Bereits kurze Zeit nach Bekanntwerden der Aktion wurde bei Twitter vom #EAfail gesprochen. Warum? Zum einen wurden mit der Kampagne circa 40% der Konsumten von PC- und Videospielen gar nicht erst angesprochen – dabei handelt es sich nämlich um Frauen, die von einer Aktion mit dem Namen "A Night with the hottest girl.." bestimmt nicht angetan sind.

Doch zu diesem Versäumnis gesellt sich ein viel gröberer Fauxpas: Das doppeldeutige Motto und der dadurch erzeugte Eindruck ist der eigentliche Kritikpunkt an der Kampagne – dies fällt zumindest auf, wenn man sich die Tweets zu #eafail anschaut. Das englische Wort "Booty" steht nämlich nicht nur für die Piratenbeute oder den vermeintlichen Schatz eines Piraten – es wird in der Umgangssprache auch für das weibliche Gesäß benutzt. 

Dieses durchaus gewollte Spiel mit der Doppeldeutigkeit könnte EA einiges an Reputation kosten: Es zeigt sich scheinbar, wie innerhalb des Konzerns über die Gleichberechtigung und die Stellung der Frau nachgedacht wird: Der Modus und die Versprechungen des Gewinnspiels lassen das weibliche Geschlecht als Geschenk und Beiwerk wirken – die Frau wird nicht nur als visuelles Sexobjekt, sondern als eine Art zu gewinnende Trophäe dargestellt.

Da EA nicht das erste Mal mit erzürnten Kritikern zu tun hat, wurde auch prompt eine Stellungnahme verfasst, die man hier nachlesen kann. Darin heisst es: 

"(…) We understand there’s a lot of debate right now around our “Sin to Win” promotion at Comic-Con and wanted to clarify a few things. (…) We apologize for any confusion and offense that resulted from our choice of wording, and want to assure you that we take your concerns and sentiments seriously. We’ll continue to follow your comments and please let us know if you have any other thoughts or concerns.(…)"

EA hat in der Stellungnahme gezeigt, dass sie ihren Kunden und Interessenten nicht im geringsten zugehört haben: Die Floskel, dass das Feedback ernst genommen werden würde, enttarnt sich somit von selbst. Nicht in einem Satz wird auf den wirklichen Kritikpunkt, also die Nutzung von Frauen in der angeprangerten Art und Weise, eingegangen. Es wird sich für die Wortwahl entschuldigt, nicht für die Strategie, die hinter der Kampagne steckt. Natürlich ist zu sagen, dass die Comic-Con ein besonderes Umfeld für Werbung und virales Marketing darstellt. Der neuen Öffentlichkeit aber ist dies egal – sie führt die Diskussion, egal ob sie angesprochen wurde und in der Zielgruppe der Kampagne war.

>> PR Blogger: EA hat sich keine Spore(n) verdient
>> socialmediatoday: Social Media Marketing with Twitter: Comic-Con

Christoph Bauer

10 Replies to “Electronic Arts verprellt die Frauen auf Comicmesse”

  1. Wer sagt denn, dass solch einen Aktion schlecht ist ? Klar negative Stimmen, aber man bleibt im Gespräch und es wird über EA getwittern 😉

  2. ich glaube, ich werde bald mal einen Artikel darüber schreiben, dass es für große Marken nicht darum geht eine Logo-Präsenz zu haben, sondern immer auf den Kontext ankommt. Und der Kontext in dem EA genannt wird, als ein Verweigerer im Gleichberechtigungsdiskurs, hilft ihnen sicher nicht, mehr Spiele abzusetzen, sondern eher eine kritische Masse an Menschen zu generieren, die eventuell auch boykottieren.
    Ein Unternehmen wie EA profitiert meiner Meinung nach nicht davon, dass „über sie getwittert“ wird. Bloße Präsenz ist bei globalen Playern sowieso vorhanden – da gehen pro Stunde tausende von Tweets mit EA raus. Aber die, die kritisch sind, das sind die, an die man sich im Endeffekt erinnert. Bad News halten sich immer etwas besser.
    Aber ich bin gerne bereit über diese These zu diskutieren!
    Grüße,
    Christoph

  3. EA sollte schleunigst zusehen, mal wieder was positives in die Medien zu bekommen. Erst der leidige Streit um DRM und Spore und nun sowas. Bei Zeiten fragt man sich, ob EA bewusst einen PR Suizid plant, oder einfach jegliches Gefühl für die „Basis“ und die Zielgruppen verloren hat.

  4. Das mit der Zielgruppe lasse ich gelten. Das die Doppeldeutigkeit an sich ein Problem ist finde ich nicht.
    Vielleicht sind die Herren Amerikaner nur etwas prüde?

  5. Ich denke nicht, dass es soviel mit „prüden“ Verhaltensweisen zu tun hat. Worauf ich natürlich auch aufmerksam machen wollte, ist die Umlagerung des Diskurses: Auf einmal regen sich die Menschen auf, die sonst von der Kampagne keinen Wind bekommen hätten. Innerhalb der Gamerszene mag dieser Sexismus (ja, das sehe ich als Sexismus) ja eine gewisse Relevanz haben, ausserhalb dessen kommt er aber eher schlecht an.
    Nur weil die Nutzung der Frau als Sexobjekt in der Werbung an der Tagesordnung ist, muss man es noch lange nicht als „legitimiert“ ansehen. Allein das Design des Flyers zielt sehr stark auf eine erotische Konnotation ab, die ja im Rahmen des Wettbewerbs zweideutig „versprochen“ wird. Das kann man schon kritisieren.
    Ich verstehe aber auch, dass Leute die nicht so sensibilisiert hinsichtlich der Genderproblematik sind, da keine Probleme sehen – fand mich aber durch die Aussagen auf Twitter zumindest von ein paar Stimmen bestätigt.
    Grüße,
    Christoph

  6. EA kann sich so etwas halt noch leisten… mal ehrlich was schadet EA das wenn ein paar hundert leute schlecht über EA reden. Die Spiele sind ja sowieso fast alle von EA und darauf verzichten wird sicher niemand nur weil die fragwürdige PR Aktionen liefern.

  7. Natürlich werden sich die Auswirkungen im kleinen Rahmen bewegen. Das Image leidet wohl etwas mehr als die Erlöse – und trotzdem: Jeder Verkauf der jetzt durch Boykott und schlechtes Image nicht stattfindet, hätte vermieden werden können – und darum ging es mir bei dem Beitrag: Um die grundsätzliche negative Auswirkung, nicht um die konkreten Zahlen.
    Viele Grüße,
    Christoph

  8. Hi,
    Jetzt habt euch doch nicht so!
    Als ob jedes Produkt, für das in der TV-Werbung eine leicht bekleidete Frau wirbt, von Frauen nicht mehr gekauft würde! Ähnlich wird es bei EA sein, die Frauen werden weiterkaufen, lediglich ein paar Feministinnen vielleicht nicht… andersrum ist das sogar eine gute PR Strategie, weil jetzt jeder über sie redet!

  9. @ Abnehmen:
    Wie ich oben schon betonte: Wenn eine PR-Strategie darauf abzielt in dieser Form über einen Konzern zu sprechen, über den eh tausendfach am Tag gesprochen wird, dann läuft dort irgendetwas falsch. Electronic Arts hat eine solche Art von PR sicher nicht nötig.
    Ich dachte mir schon, dass ich mit meiner Argumentation auf Barrieren stoßen werde. Und es besteht ein Unterschied, ob eine Frau ikonisch eingesetzt wird (was in den meisten Werbungen trotzdem anfeindbar ist), oder als Preis in einer doppeldeutigen Ankündigung „versprochen“ wird – ich hoffe Sie stimmen mir da zu.
    Und nochmals: Nur weil etwas an der Tagesordnung ist (sexistische Werbung), ist es meiner Meinung nach noch lange nicht zu tolerieren. Leider sind wir schon allzu gewöhnt an diese Form der Darstellung (und auch wir Männer werden in sexistischen Kontexten „benutzt“), und überdenken sie nicht mehr.
    Viele Grüße,
    Christoph Bauer

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