Am 26. Mai begab ich mich mit der Frage „Welche Qualifikationen ein PR-Mitarbeiter für das Social Media Geschäft mitbringen sollte“ auf die Suche nach dem PR-Mitarbeiter 2.0. Auf meinen Beitrag im PR-Blogger sind bis heute 40 Kommentare eingegangen, in denen ausführlich auf meine Frage eingegangen wurde. Ich stellte im Mai die Qualifikation „Persönlichkeit“ in den Vordergrund und mit der Persönlichkeit verbunden, auch den Mut, den man als PRler manchmal mitbringen muss, um sich im Social Web mit der Masse auseinander setzen zu können, um in Dialog treten und authentisch kommunizieren zu können. Heute liegt vor mir die aktuelle Ausgabe der Horizont und ich lese auf Seite 17: „Social-Media-PR wird zum Standard“ und macht bei einigen Agenturen bereits ein Fünftel der Umsätze aus. Und im letzten Absatz wird auf die Ausbildung eingegangen: „Obendrein müsse den Nachwuchskräften schon in der Ausbildung klargemacht werden, dass unseriöse Social-Media-Praktiken nicht nur wenig zielführend sind, sondern auch der Agentur den Kopf kosten können.“ Das wäre wieder die negative Ausrichtung, die unserem Nachwuchs Angst einflöst.
- In den Schulen und Universitäten wird noch zuviel 1.0 erklärt, sie hinkt der aktuellen Entwicklung um 2 – 3 Jahre hinterher. (Christoph Bauer)
- JungPRler haben vor dem Social Web zuviel Angst, denn der Reputationsschaden den sie erleiden könnten, wenn sie sich falsch verhalten, hängt ihnen lange nach. Daher versuchen sich viele Studierenden erst gar nicht daran, ihre Persönlichkeit in der Unternehmenskommunikation einzubringen. (Thomas Pleil)
- Eine Forderung wäre: für angehende PRler eine Art Freiraum zu schaffen und ihnen anhand gut aufbereiteter Cases die Wirkungsweise von Social Media Maßnahmen zu erklären. Es liegt auch an uns, die positiven Beispiele aufzubereiten und sie den Ausbildenden zur Verfügung zu stellen, anstatt immer nur die negativen Beispiele in den Vordergrund zu rücken (Diskussion mit Thomas Pleil). Mut, so sagt er, kommt nur durch Erfahrung und so seltsam es klingt: Auch dies ist zu einem gewissen Grad persönlichkeitsbildend.
- Thomas Pleil fordert zudem eine Offenheit, das Internet als hochdynamisch zu begreifen und damit zu wissen, dass man hier ständig lernen muss. Es geht um die Vermittlung einer Grundhaltung. Tapio Liller geht noch einen Schritt weiter: Es geht um den Wandel vom Paradigma „Botschaftenkontrolle“ zu einem Paradigma des öffentlichen Diskurses. Nach Sascha Stoltenow haben die meisten PRler diesen Mentalitätswandel jedoch schon längst vollzogen. Zudem stellt er fest, dass nicht nur der PR-Mitarbeiter ein Multiplikator wird, sondern das wirklich Neue ist, dass alle Mitarbeiter als solche auftreten können und dank des Web 2.0 ihre Meinung auch einer breiten Masse kundtun können.
- PR-Agenturen dürfen sich nicht nur als verlängerte Werkbank begreifen, sie müssen die strategische Beratung sowie das Coaching des Kunden in ganz praktischen Fragen von Social Web/Customer Relations/ Reputationsmanagement in den Vordergrund rücken (Tapio Liller). Hierfür bedarf es aber das Wissen rund um das Social Web, und dieses Wissen müssen sich PR-Agenturen aneignen, und zwar schnellstmöglich, um dann auch in der Ausbildung diese Erfahrung praxistauglich zu vermitteln.
- Und Roland Keller meint, dass neben der Flexibilität und der hohen Dialogfähigkeit eine soziale Kompetenz ausschlaggebend sein wird. Christoph Bauer fordert daher zu Recht, das Fach Soziologie stärker in die Kommunikationswissenschaften einzubeziehen.
- Eine interessante Diskussion rund um den PRler der Zukunft entwickelte sich nach dem Kommentar von Thomas Sprenger: Vielleicht könnte ein amerikanisches Phänomen als Inspirationsquelle und Vorbild dienen. Ich fände den Vorschlag gar nicht so schlecht. Und die Rolle der PR wäre greifbar: Wieso bilden wir nicht mehr Evangelisten aus, die thematisch, im Dialog offline und online rhetorisch topp sind und einen tatsächlichen Benefit in der Web 2.0 Kommunikation leisten.
- „Kommunikation 2.0 bedeutet eine große Karrierchance“, meint Stephan Fink, die „Eier legende Wollmichsau“ wird es aber nur begrenzt geben.
Markus Pflugbeil hat die Diskussion um eine weitere interessante Perspektive erweitert: dass jeder PR-Mitarbeiter, der sich mit seinem Namen und seiner Reputation im Web 2.0 im Auftrag des Kunden engagiert, sich nicht mehr hinter mehrfach freigegebenen, geschliffenen Pressetexten oder Statments verstecken, sondern steht mit seinem vollen Namen in der Öffentlichkeit. Die Frage ist, ob jemand, der Privat- und Berufsleben trennen möchte, nicht mehr in der PR tätig sein kann? Was passiert zum Beispiel bei einem Wechsel des Arbeitgebers? Und sein Kommentar liest sich interessant weiter: Werden Agenturmitarbeiter lediglich nur die „Mittlerrolle“ einnehmen können? Die Kommunikatorenrolle im Web 2.0 liegt in der Unternehmenskommunikation.