Die reale Welt rückt mit Twitter in Digitalien ein wenig näher. Inzwischen twittere ich seit rund einem Jahr beinahe wochentäglich und gewinne immer mehr Freude daran. Wenn die eigenen persönliche Gespräche und Gedanken online verfügbar sind, entsteht eine neue Qualität in der Kommunikation. Das durfte ich mehr als einmal erleben. Schließlich ist der schnelle Informationsaustausch über Twitter gewährleistet.
Wir erhalten über diesen merkwürdigen Online-Kanal direkte Informationsschnipsel von unseren abonnierten "Freunden", die wir "followen", und erfahren auf lange Sicht viel mehr über sie als durch jede E-Mail oder jedes Telefonat. Ein Klick genügt meistens, um den Content eines Twitteratis zu verfolgen. Manchmal muss dieser noch freigeschaltet werden. Das wird von den Twitterati unterschiedlich gehandhabt. Während manche Twitterati unter sich bleiben wollen, legen andere – wie ich beispielsweise – sehr viel Wert auf eine ansprechende Reichweite und sind für jedermann abonnierbar.
In der vergangenen Woche habe ich in einem Workshop unter anderem Twitter vorgestellt und dabei meine Twitter-Leser gefragt: "Was ist eigentlich Twitter?" Innerhalb von einer knappen Stunde erhielt ich folgende Antworten von meiner Twitterleserschaft, die schon so einiges über Twitter verraten:
- "Das Ding, das auf Workshops ungläubiges Staunen hervorruft :-)"
- "die institutionalisierte abwesenheitsmitteilung #twitterparty
- "ein innovatives Kommunikationstool mit vielfachen Anwendungsmöglichkeiten für kreative Köpfe"
- "spontan verbalisierte Gedankenblitze mit dem Potential auf in dem moment gleichgestrickte "Denker" zu treffen :-)"
- "Twitter ist am Puls der Zeit sein. Eine Kombination aus Statusnachricht, Hilfeforum, Marktplatz und öffentlichen SMS."
- "twitter is: who does what where"
- "Echtzeit Kommunikation – jetzt die nächsten bitte"
Auf Twitter publizieren bedeutet erstmal gar nichts: Sie können beschreiben, wie Sie Ihre Zeit kaffeetrinkend im Büro oder Zug verbringen oder sich mit ihren Kontakten öffentlich/privat austauschen. Je nach eigenem Geschmack. Manche Twitterati wie Stefan Niggemeier müssen noch nicht einmal Inhalte liefern, um abonniert zu werden. Andere wie Top-Blogger Robert Basic schreiben ebenfalls nicht viel und wundern sich deshalb ein wenig über die Fantom-Followers. Als Personenmarken sind beide schon per se erfolgreiche Twitterati. Selbst ohne intensive Kommunikation.
Die besondere Twitter-Qualität macht sich nicht am Schreiben fest, sondern an der Emotionalität, die daraus entsteht und eine intime Nähe erzeugt, wenn viele antworten und andere zuhören. Es ist manchmal eine spannende, manchmal auch nur eine banale Fixierung des alltäglichen Lebens.
Wenn Sie sich mit Twitterati verabreden, kann es sehr praktisch sein, vorausgesetzt Sie verfolgen Ihre Twitterfeeds ständig via Handy oder Notebook: Ich saß vor einer Woche im Restaurant Eisenstein und twitterte meinen Standort durch. Darauf erhielt ich von meiner Verabredung eine direkte Antwort via Twitter: "kannst mir bitte auch schon mal eine "Blöde Ziege" bestellen.." Bei anderen Treffen erfahre ich dergestalt, dass jemand etwas später kommt oder absagen muss. Alles via Twitter.
Kein Wunder also, dass Jeremiah Owyang Twitter als seinen Social Computer bezeichnet. Ich würde allerdings nicht ganz so weit gehen wie der US-Online-Stratege: Er fragte seine Community sogar, was er in einem Restaurant essen solle. Aber natürlich können Sie Twitter dazu nutzen, sich eine Meinung von Ihrer Peer Group zu aktuellen Themen einzuholen. Insofern ist das Microblogging-Tool ein geniales Feedback-Instrument.
Für Konferenzen bietet sich Twitter in der Liveberichterstattung an. Denn die Teilnehmer einer Veranstaltung benötigen nur ihre Notebooks mit einem Online-Zugang oder ein Handy, um via Twitter die Vorträge mit ihren Texten zu begleiten. Die Republica in Berlin hat dazu sogar alle teilnehmenden Twitterer in einem Wiki zusammengeführt. Auf diese Weise können Besucher wie Onliner auf einer Plattform verfolgen, was einzelne Teilnehmer über die Veranstaltung denken und darauf direkt mit ihren eigenen Fragen reagieren. Je stärker Veranstalter Twitter einbinden, desto besser kann er online auf das Event Aufmerksamkeit lenken. Bei unseren Social Web Breakfasts setzen wir deshalb ebenfalls auf Twitter Feeds.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Twitter gemacht?
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Klaus Eck
Ahem – die Teilnehmer tragen sich im Wiki selber ein (oder auch nicht).
Ansonsten gilt wie bei allen Sachen – für manche funktioniert es, für andere überhaupt nicht. Und das ist okay so – man muß nur selber herausfinden was man verwenden kann und was nicht.
„vorausgesetzt Sie verfolgen Ihre Twitterfeeds ständig via Handy oder Notebook“ – Sie können unter so einer ständigen Berieselung noch konzentriert arbeiten oder ein gutes Gespräch führen? Ich kann das nicht; mich stören zum Teil schon Telefon oder Chat. Ich habe aus Konzentrationsgründen sogar den automatischen E-Mailabruf auf ein hohes Intervall gestellt (stündlich) und die Benachrichtigung deaktiviert. Auch liebe ich es überhaupt nicht, wenn meine Gesprächspartner ständig auf ihr Handy achten und laufend das Gespräch unterbrechen, um eine SMS zu lesen oder gar darauf zu antworten. Wenn hier auch noch Twittern dazu kommt, bricht die analoge Kommunikation restlos zusammen; ich finde derartiges Verhalten sogar irgendwie beleidigend. Wie oben schon erwähnt: für mache funktioniert es, für manche nicht. Für Events mag es sogar sinnvoll sein.
@nicole: Das Wort „zusammengeführt“ kann missverstanden werden, damit meinte ich nichts anderes, als dass sich jeder selbst im Wiki eintragen kann. Ansonsten gilt bei Twitter wie bei Blogs auch: Jeder kann nach seiner Facon glücklich werden, schließlich gibt es keine Lesebefehle.
@Peter: Twittern via SMS ist wie Blackberry auf Speed. Mich würde das meistens ebenfalls stören, deshalb gehe ich nur bewusst auf Twitter. Aber natürlich entscheidet jeder für sich selbst, wie viele Informationen er/sie sich wann antut. Statt im TV zu zappen oder im Web zu surfen, kann es auch ganz unterhaltsam sein, sich via Twitter oder Twittervision ablenken zu lassen.
Ich bin erst ca. 2 Wochen auf Twitter, habe es vorher immer mal wieder angeguckt, aber nicht als sinnvoll erachtet. Es gehört definitiv in die Klasse der Sozialen Applikationen und macht erst Sinn wenn man eine gewisse Menge an echten Bekannten dort hat. Sind diese nicht vor Ort, kann man nur das übliche machen: Kommentieren um sich selbst zu bewerben. Irgendwie muss der Schneeball ja starten. Aber da die „Munition“ kleine Nachrichten sind, ist der Kontaktaufbau („wer hat mir da was geschickt“) ziemlich leicht.
Ich habe jetzt schon an vielen Stellen gelesen dass Menschen die auf Twitter unterwegs waren und zuvor ein Blog betrieben haben auf Twitter das Gefühl einer höheren „Kontaktausbeute“ haben. Wobei ich mit Kontakten durchaus echte offline-Kontakte meine.
Wie oft man auf Twitter nun nachschaut pro Tag ist eine Sache der eigenen Einstellung. Ist man anfällig für eine Twitter-Sucht, würde es einen genausogut in allen anderen Sozialen Anwendungen erwischen.
Ich habe nach Twitter eher das Gefühl ein wenig mehr Abstand zu haben als ich es beispielsweise in einem Chat oder einem Messenger hätte. Das liegt hauptsächlich daran dass niemand Antworten erwartet wenn er angeschrieben wird, ich mich aber natürlich jederzeit freue wenn was zurückfliesst.
Es gibt keinen Grund dort dauernd online zu sein: Die Nachrichten warten auf mich.
Es ist halt ein Microblog und die Replies eine extrem komfortable und schnelle Kommentar-Möglichkeit.
Dadurch dass die Nachrichten klein sind, ist das Einstiegshindernis für Menschen die nicht so gerne lang rumschreiben wie ich sehr gering.
Ich finde Twitter ist eine sinnvolle Ergänzung zu jeder Blogseite. Es steigert die Aussenwirkung. Und zusammen mit Tools wie friendfeed.com behält man auch hübsch die Übersicht.
Was ein wenig bremst ist das selbe was für die Blogspäre gilt: Sprache ist nun mal eigentlich „nur“ englisch. Zumindest wenn man sich nicht ausgrenzen will von einem Großteil der Teilnehmer.
Zum Thema Blackberry: Natürlich betreibe ich das Ganze nicht als SMS-Nummer… da gibt es besseres meiner Meinung nach.
TwitterBerry ist ein hübsch kompakter kostenloser Client für Blackberries, der noch dazu auf den ersten Blick kaum Datenlast erzeugt. Und es ist eine PULL, keine PUSH-Lösung. Das sollte einigen die Angst vor dem „Überladen“ werden nehmen.
Alternativ geht auch Opera-Mini ganz hervorragend in diesem Zusammenhang.
„Blackberry auf Speed“ – wirklich köstlich 🙂 Der Begriff Microblog hat sich nicht zufällig durchgesetzt. Web-SMS wäre ja auch gegangen. Allerdings verlangt selbst das super-simple Twitter ein wenig Medienkompetenz, um eben echte Gesprächspartner nicht zu vergaulen.
Ich teste gerade, Twitts in reale Gespräche einzubinden – mit mäßigem Erfolg. Es ist irgendwie doch ein sehr, sehr persönliches Medium. Und „die Nächsten“ schreibe ich sonst immer groß. Ehrlich. Auch in sms.
Ich habe schon von einigen Bloggern gehört (speziell in US), dass Twitter ein prima Tool ist um schnell an Feedback zu gelangen.