Thomas Euler Thomas denkt, schreibt, spricht und berät zu digitaler Transformation, Technologie und dezentralisierten Systemen. Er ist als Gastautor im PR-Blogger tätig.

Tagung: Lobbying & PR

2 Minuten Lesedauer

Lobbying braucht Regeln. So lässt sich die zentrale Erkenntnis des 2.
Weltinnenpolitischen Kolloquiums zusammenfassen, das an diesem
Wochenende unter dem Motto "Lobbying und PR" in der Ingolstädter
Kolping Akademie
stattfand. Nachdem Prof. Ulrich Bartosch die
Konferenz eröffnet und mit seinem Vortrag über die Göttinger Erklärung
das Thema in einen historischen Kontext gebettet hatte, blickten die
folgenden Referenten auf die heutige Situation und in die Zukunft.

In seinem Vortrag "Think Tanks heute" machte der Politikwissenschaftler Dr. Rudolf Speth anhand eines aufgegriffenen
Statements das Problem gleich zu Beginn klar:

„Sie bekommen heute für jede These das beste wissenschaftliche Gutachten. Alles nur eine Frage des Geldes.“

Die Zahl der ideologisch identifizierbaren Think Tanks ist seiner
Analyse nach in den letzten Jahren rasant angestiegen und wird weiter wachsen.
Da die Denkfabriken aus allen erdenklichen politischen Richtungen stammen, liefern sie je
nach Couleur unterschiedlichste Ergebnisse zum selben Thema. Damit befinden
sich die Think Tanks mitten im „Krieg der Ideen“, den sich vor
allem amerikanische Vertreter offen auf die Flagge schreiben. Dennoch fürchtet
Speth keine totale Amerikanisierung der deutschen TTs, da hierzulande eine
akademische Reputation wesentlich entscheidender sei. Für die Zukunft
prognostiziert er eine steigende Einbindung der Medien in die Arbeit der TTs,
um auch auf Seiten der Bevölkerung für mehr Akzeptanz der eigenen Belange zu
werben.

Um diese Akzeptanz zu schaffen, so Speth, brauche es vor
allen Dingen Transparenz, denn sowohl Politiker wie auch Bürger müssen wissen,
aus welcher Quelle eine Information stammt. Durch die steigende Zahl der
Akteure wird es für den Otto-Normalverbraucher jedoch schwieriger, sich einen
solchen Überblick zu verschaffen. Nicht zuletzt dank der neuen Medien sieht er
allerdings die Chance, mehr Durchsichtigkeit zu erzielen.

Auch in der Podiumsdiskussion zwischen Dr. Klaus Schmid,
Vorstand bei Vattenfall, Reiner Braun, Geschäftsführer der Vereinigung
Deutscher Wissenschaftler, Prof. Helmut Fischer, Lehrstuhl-Inhaber
für Volkswirtschaftslehre an der Katholischen Universität
Eichstätt-Ingolstadt und dem Journalisten Günter Murr, wurde von keinem
Beteiligten das "ob", sondern nur das "wie" von Lobbying in Frage
gestellt. Alle Beteiligten sprachen sich dafür aus, deutlich die
demokratischen Regeln zu beachten und stets die Legitimität der eigenen
Belange und Vorgehensweisen zu hinterfragen. Dr. Schmidt erklärte etwa,
dass Vattenfall einen Ombudsmann beschäftigt, der das Tun der eigenen
Lobbyisten kontrolliert und bei Beschwerden aktiv wird. Außerdem
erachtet er es für notwendig, als Unternehmen eigene Wertregelungen und
Spielregeln festzulegen, die für alle Public Affairs-Mitarbeiter
verbindlich sind.

Zudem wurde deutlich, dass es Voraussetzung
für gelungene Lobbyarbeit ist, sein Anliegen auch in die Bevölkerung zu
tragen. Denn nur wer im Meinungs-Mainstream mitschwimmt, hat letztlich
bei den Entscheidern in der Politik eine Chance – sie sind auf ihr
öffentliches Image angewiesen. Peter J. Croll, Leiter des Think Tanks
BICC, brachte dies schön auf den Punkt: "Wir müssen mit unseren
Belangen in die Köpfe der Menschen kommen"
. Daher muss Public Affairs
immer Hand in Hand mit PR-Arbeit gehen und eine gemeinsame Sprache
sprechen.

Dass es dabei zu einem Umdenken auf
Unternehmensseite, grade auch in kritischen Branchen kommt, machten
Manuel Güll von der Reemtsma Cigarettenfabrik und Thomas Kuttruf vom
Sportmotorradhersteller KTM in ihren Vorträgen deutlich. Beide
plädierten dafür, mit den Problematiken ihrer Produkte offen umzugehen
und grade dadurch gesteigerte Glaubwürdigkeit zu erlangen. So sprach
Güll von der Zigarette als "ehrlichstes Produkt der Welt", das keinen
Hehl daraus macht, massiv gesundheitsschädlich zu sein. Dies nicht zu
leugnen, in der Kommunikation aber die Akzente auf die Aspekte Spaß-
und Lebensfreude zu setzen, sei die Kunst. Thomas Kuttruf erklärte mir
dann im persönlichen Gespräch, wie KTM mit der Umweltproblematik
umgeht:

"Es gibt zwei Strömungen: Die Kunden, die aus reiner
Leidenschaft Motorrad fahren und diejenigen, die erkannt haben, dass
auch die Umwelt betroffen ist und den "Lebensraum Motorrad" bewahren
wollen. Daher gehen wir mit dem Thema durchaus offensiv um und arbeiten
aktuell auch produktseitig an nachhaltigen Technologien. Der Balanceakt
ist es, dabei die Ansprüche unserer Kunden, denen der Spaß am
wichtigsten ist, nicht zu verraten."

Am Rande hatte ich außerdem
die Möglichkeit, mich mit Prof. Thomas Pleil über Zukunftsfragen der
Kommunikation zu unterhalten. Das Interview gibt es in den nächsten
Tagen hier und ein paar tiefergehende Beiträge zu einzelnen
Tagungsthemen nach und nach auf meinem persönlichen Blog.

Thomas Euler

Thomas Euler Thomas denkt, schreibt, spricht und berät zu digitaler Transformation, Technologie und dezentralisierten Systemen. Er ist als Gastautor im PR-Blogger tätig.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert