Ein Thema, dass in der Krisenkommunikation und wie man sie richtig macht, häufig nicht ausreichend in Betracht gezogen wird, sind die Mechanismen, denen Journalisten in ihren Redaktionen unterworfen sind. Auch hier gilt, dass sich Effekte der „normalen“ Kommunikation im Krisenfall verstärken. Was sonst in der „normalen“ PR einfach nicht beim Redakteur ankommt, ihn nicht interessiert, wird nun auf die Goldwaage gelegt, hinterfragt, auseinander genommen.
Gerade in der Berichterstattung über eine Krisensituation kommt der Filter- und Bewertungsfunktion des einzelnen Journalisten eine besonders wichtige Bedeutung zu. Eine Funktion, die er nur unzureichend auszufüllen vermag, weil sich Nachrichten verkaufen müssen. Und negative verkaufen sich nun halt besser. Am besten noch negativer als das Konkurrenzmedium, man muss halt nachziehen. Besteht ein Krisenpotential, wird dann folgerichtig über den Worst Case berichtet, ausgemalt, was alles noch passieren kann. Dazu finden sich auch „Experten“, die nur darauf warten, sagen zu können, sie haben es „schon immer kommen sehen“.
Diesen Kreis zu durchbrechen, daran sollten alle ein Interesse haben. Journalisten, damit sie möglichst objektiv berichten können und ernst genommen werden, Unternehmen, weil dann auch mal berichtet werden kann, was man tut, damit erst gar keine Krise auftritt und nicht zuletzt der Leser, Hörer und Fernsehzuschauer, damit er wieder einzuschätzen weiß, was nun wirklich ernst ist und was nicht. Kein Wunder, dass eMails kursieren, in denen behauptet wird, das Bohei um die Vogelgrippe etwa würde von der pharmazeutischen Industrie initiiert oder von den USA politisch Missbraucht. Das hilft Niemandem, ob es nun stimmt oder nicht.
Peter Jordan
Journalismus und Krisen-PR, da muss ich Peter Jordan zustimmen, wird von einem besonderen Spannungsverhältnis – und von vielen Missverständnisssen bestimmt. Die rühren einmal daher, dass der Mensch auf der PR-Seite oft zu wenig über die Prozesse in Redaktionen weiß, wenn er nie in einer Redaktion gearbeitet hat.
Weiß er um die Prozesse und Filter, die zwischen seiner Pressemeldung und einere Veröffentlichung stehen, hat er oft einen Kunden im Nacken, den dies nicht interessiert oder der in vielen Fällen Beratungsresistent ist. Der nimmt lieber die Agentur, die im das Blaue vom Himmel verspricht, es aber auch nicht halten kann.
Muss er nun mit solchen Profis durch eine Krise, die nur wenig von redaktionellen Prozessen und Zwängen wissen, könnte er sein Blaues Wunder erleben. Insbesondere, dass schlechte Nachrichten plötzlich zu Selbstläufern werden, wo doch zuvor kein Journalist ein Unternehmens-PR-Thema aufgreifen wollte.
Die Erklärung ist einfach: Ein Blatt lebt von seinem Nutzwert, von seiner journalistischen Kompetenz und filtert PR-Meldungen nach seinen Kriterien. Diese sind Rohmaterial wie andere Nachrichten auch, Werbung gehört auf die bezahlte Anzeigenseite. Das erwartet auch der Käufer eines Blattes.
Warum sich viele Krisensituationen zu Nachrichtenselbstläufern entwickeln, liegt nicht nur an der guten Verkaufe schlechter Nachrichten oder dem Konkurrenzdruck der Blätter, sondern an der Informationspflicht der Presse – und im Wirtschaftsbereich am Informationsbedürfnis von Betroffenen, Kunden, Investoren etc.
Spätestens jetzt ist die Diskussion eröffnet, wie die Presse oder einzelne Journalisten hier ihrer Aufgabe nachkommen. Aus Mücken werden Elefanten, aus Elefanten aber auch schonmal Mücken. Eine gut vorbereitete Krisen-PR, bei der auch erfahrene Journalisten als Berater mitwirken, kann hierdurchaus hilfreich sein und vor Schlimmeren bewahren. Aus meinen Erfahrungen zahlt sich in solch einem Fall immer ein zuvor schon geübte nachhaltige und faire Kommunikation aus und kann vor emotional geprägter oder einseitiger Berichterstattung schützen. Ein anderer wichtiger Punkt: Spekulationen auf Seiten der Presse keinen Raum lassen, sondern offen kommunizieren. So behält man am ehesten die Hoheit über seine Kommunikation.
Roland Keller – http://www.krisenblogger.de