Klaus Eck Klaus Eck ist freier Kommunikationsberater und einer der führenden Corporate-Influencer-Experten in Deutschland. Er ist Social-Media-Pionier, Buchautor und Content-Marketing-Profi. Zu seinen Hauptaufgaben gehört die strategische Begleitung von Corporate-Influencer-Programmen. Seit Februar 2020 moderiert er regelmäßig das Corporate Influencer Breakfast und hat mehr als 80 Talks mit Gästen initiiert, in denen diese über ihre Erfahrungen mit Personal Branding, Corporate Influencern und CEO-Kommunikation berichten. Follow on LinkedIn

2. Nachgebloggt: Arne Trautmann, Law-Blog

3 Minuten Lesedauer

Arne Trautmann im BlogInterview mit dem PR Blogger zum Fall Jamba:

>> Können Blogger einfach gefahrlos jedes Unternehmen kritisieren?

Arne Trautmann: Zunächst ist
hier zu unterscheiden, wie diese Kritik Arnetrautmann_1aussieht. Sind es Werturteile („gefällt
mir nicht“) oder Tatsachenbehauptungen („die betrügen Künden“). Bei
Werturteilen gibt es ja kein „richtig“ oder „falsch“, sondern nur ein „sehe ich
auch so“ oder eben nicht. Werturteile dürfen daher – auch scharf formuliert –
abgegeben werden, solange die Grenze zur Beleidigung nicht überschritten wird.
Sinn des Werturteils muss aber die Auseinandersetzung in der Sache bleiben, es
darf nicht ein platte Herabsetzung und Diffamierung abgleiten.

Anders bei Tatsachenbehauptungen. Hier stellt sich als erstes die Frage, ob die Aussage als
solches wahr oder falsch ist. Über wahre Tatsachen dürfen Blogger eigentlich
immer Behauptungen aufstellen. Hier kann den Bloggern kaum etwas passieren,
vorausgesetzt sie schreiben über Personen aus Politik, Wirtschaft und
Gesellschaft.

>> Wie verhält es sich mit der Kritik gegenüber anderen
Bloggern?

Arne Trautmann: Durchaus anders sieht es aus, wenn
ein Blogger etwas über Privatpersonen schreibt. Auch hier darf grundsätzlich
die Wahrheit gesagt werden. Es besteht aber schnell die Gefahr, dass die
Wahrheit instrumentalisiert wird, um jemanden bewusst zu schaden. Das müssen
sich Privatpersonen, bei denen Details ihres Privatlebens eben keinen
„Nachrichtenwert“ haben, nicht unbedingt gefallen lassen. Auch eine wahre
Behauptung kann daher – gerade wenn sie private Angelegenheiten betrifft –
unzulässig in das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen eingreifen.

>> Wie steht es nun bei unwahren Tatsachenbehauptungen?

Ist eine Tatsachenaussage zu Personen oder Unternehmen
unwahr, sieht die Sachlage völlig anders aus. Dann greifen verschiedene
zivilrechtliche und strafrechtliche Bestimmungen: Dazu zählen im Strafrecht
üble Nachrede und Verleumdung oder im Zivilrecht der Tatbestand der
Kreditgefährdung und die Verletzung der allgemeinen Persönlichkeitsrechte und
andere Vorschriften.

>> Es gibt immer wieder die Diskussion in der Blogosphere, ob
Blogger wie Journalisten behandelt werden können. Wie wirkt sich das auf ihre
Rechte beim Bloggen aus?

Arne Trautmann: Erheblich. Die Pressefreiheit ist
schließlich ein im Grundgesetz verankerter „Joker“, der die Auslegung des
einfachen Rechts beeinflusst und bei Abwägungen, die viele gesetzlichen
Vorschriften vornehmen, eine Rolle spielt. Es gibt daher spezielle Spielregeln
für die Presse, die als vierte Macht im Staat nicht gefährdet werden soll. Im
Grunde darf man bei der Presse – und allgemein bei der Meinungsäußerung und
-bildung – grundsätzlich keine
objektive Wahrheit erwarten. Ihrer Funktion zu berichten, zu informieren und
Missstände aufzudecken, könnte die Presse nicht nachkommen, wenn ständig ein
juristisches Damoklesschwert über ihr schweben würde. Gefordert von der Presse
wird daher nur, dass sie ihrer presseüblichen Sorgfaltspflicht bei der
Recherche nachkommt. Ist das der Fall, ist es unerheblich, ob sich im
Nachhinein eine Nachricht als „objektiv“ falsch herausstellt.

Vielleicht fallen 3 bis 5 Prozent der deutschen Weblogs unter den Pressebegriff und damit
den Mediendienstestaatsvertrag. Es gibt dazu noch wenig Entscheidungen, dürfte
aber immer dann der Fall sein, wenn die Blogger Nachrichten aufgreifen,
verbreiten und kommentieren, die von öffentlicher Relevanz sind. Im
Jamba-Artikel des Spreeblicks gilt das sicherlich auch. Somit gelten im Fall
solcher Blogs die presserechtlichen Bestimmungen: etwa eine Impressumspflicht
und ggf. eine Gegendarstellungspflicht sowie eine Trennung von Redaktions- und
Anzeigenteil.

>> Welche Vorteile hat der presserechtliche Status für
Blogger?

Arne Trautmann: Die
Pressefreiheit gilt auch für journalistisch betriebene Weblogs. Sie können sich
auf presserechtliche Privilegien berufen, die darin bestehen, dass sie keine
objektiven Wahrheiten verbreiten müssen. Die oben skizzierte Wahrung der
presseüblichen Sorgfalt reicht aus. Die ist häufig schon dann gewahrt, wenn
sich der Blogger auf eine unwidersprochene Pressemeldung einer anerkannten
Quelle berufen kann – solche Quellen sind freilich die meisten Blogs nicht.
Insgesamt ermöglicht das den Bloggern größere Freiräume bei der
Berichterstattung.

>> Über welche juristischen Möglichkeiten verfügen
Unternehmen, die von Bloggern angegriffen werden?

Arne Trautmann: Für den Spreeblick-Fall bedeutet der
presserechtliche Status, dass Jamba eine Gegendarstellung durchsetzen könnte.
Dabei ist es völlig unwichtig, ob die Behauptung wahr oder unwahr ist. Es ist
letztlich nur ein Anhörungsanspruch, der jedem zusteht, damit beide Parteien zu
Gehör kommen. Wenn die Behauptung jedoch unwahr ist, hätte Jamba sogar die
Möglichkeit, die komplette Löschung der entsprechenden Artikel zu verlangen.
Für die Zukunft dürfte der Blogger seine Behauptungen nicht wiederholen.

Außerdem wäre es im Fall der Unwahrheit auch denkbar, dass
Jamba eine Schadenersatzforderung stellt.

Eine Abmahnung mit der Aufforderung zur Beseitigung der
Texte und einer künftigen Unterlassung kann ein Unternehmen jederzeit stellen.
Ob sie sich juristisch durchsetzen lässt, hängt davon ab, wie sorgfältig ein
Blogger zuvor recherchiert hat.

>> Wie können Blogger darauf reagieren?

Arne Trautmann: Auf eine unberechtigte Abmahnung
müssen Blogger eigentlich überhaupt nicht reagieren. Sinnvoll ist es jedoch,
zumindest in einem Antwortschreiben darauf einzugehen, warum die Abmahnung
unberechtigt ist.

>> Welche Konsequenzen könnte das schlimmstenfalls haben?

Arne Trautmann: Wenn man die Erklärung nicht abgibt, kann das Unternehmen eine
einstweilige Verfügung erwirken. Sobald eine Verfügung vorliegt, ist es egal,
ob die Behauptungen zu Recht oder zu Unrecht aufgestellt wurden. Wer dagegen verstößt, riskiert ein Ordnungsgeld bis
zu 250.000 Euro oder sogar eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten.

>> PR Blogger: Jamba IV: Authentischer kommentieren
>> PR Blogger: Jamba III: Friendly fire
>> PR Blogger: Jamba II: Krisen-Handling
>> PR Blogger: Jamba I: PR-Krise durch Blogs?

1. Nachgebloggt: Stefan Keuchel, Google
3. Nachgebloggt: Johnny Haeusler, Spreeblick.de

Klaus Eck Klaus Eck ist freier Kommunikationsberater und einer der führenden Corporate-Influencer-Experten in Deutschland. Er ist Social-Media-Pionier, Buchautor und Content-Marketing-Profi. Zu seinen Hauptaufgaben gehört die strategische Begleitung von Corporate-Influencer-Programmen. Seit Februar 2020 moderiert er regelmäßig das Corporate Influencer Breakfast und hat mehr als 80 Talks mit Gästen initiiert, in denen diese über ihre Erfahrungen mit Personal Branding, Corporate Influencern und CEO-Kommunikation berichten. Follow on LinkedIn

10 Replies to “2. Nachgebloggt: Arne Trautmann, Law-Blog”

  1. Jamba – doch noch was…

    Man hätte meinen können die Jamba Geschichte sei nun abgeschlossen, viele Lehren daraus gezogen – falsch. Heute giesst der PRBlogger Klaus Eck noch mal Wasser auf die Jamba Mühle. Im Interview „Nachgebloggt: Arne Trautmann, Law-Blog“ gibt der Rechts…

  2. Aus eigener Erfahrung empfehle ich so zu formulieren, dass es immer als eigene Meinung rüberkommt. Und in heiklen Fällen, bei denen man als 08/15-Blogger nicht die Zeit zur Gegenrecherche hat, sollte man vorsichtig von Gerüchten o.ä. schreiben. Oder Namen weglassen und umschreiben („großes Hamburger Nachrichtenmagazin“). Das mag zwar feige sein, aber spart einem Stress und Kosten mit Rechtsanwälten. Als Zeitungsredakteur hat man in solchen Fällen die Rechtsabteilung seines Verlages hinter sich, als kleiner Blogger, nun ja…
    Ich habe aktuell (http://www.curious-creatures.de/index.php?p=23) wegen eines Tippfehlers einen Dackdeckerbetrieb an der Backe, der in meinen Augen frech versucht Geld abzuzocken. Und er hängt sich meiner Meinung nach dreist an einem Tippfehler („seit“ anstelle „bis“) auf. Da er partout eine Gegendarstellung wollte, steht sein Name nun wieder mit seinen (vom Werberat gerügten) Werbepraktiken bei Google auf Platz 1.

  3. Interview: Blogger, das liebe Recht und Kritik an Unternehmen

    Klaus Eck hat in seinem Weblog PR Blogger den Blogger-Kollegen Arne Trautmann (Rechtsanwalt in München mit den Tätigkeitsschwerpunkten IT-Recht, Urheber- und Verlagsrecht sowie gewerblicher Rechtss…

  4. Blog(ger)-Recht

    Einige dieser Fragen hatten wir uns bereits letztes Wochenende beim BlogDinner gefragt:
    Können Blogger einfach gefahrlos jedes Unternehmen kritisieren?
    Wie verhält es sich mit der Kritik gegenüber anderen Bloggern?
    Wie steht es nun bei unwahren …

  5. Neues von den Anzug- und Bedenkenträgern

    Arne Trautmann: K ö nnen Blogger einfach gefahrlos jedes Unternehmen kritisieren? Falsche
    Frage! Die richtige Frage lautet: Sollen (und d ü rfen) Blogger (potentiell) jedes
    Unternehmen kritisieren? Und das ist keine juristische, sondern eine politiscwe…

  6. Jamba

    Eigentlich enthielte der Artikel über die Geschichte einer Klingeltonbude auf Spreeblick für mich nicht´s neues. Dot.com Könige machen Millionen in dem sie u.a. Klingelton-, Logo-, Video- Abo´s an die zu meist minderjährigen Musik-Kommerz-MTViva Konsument

  7. Schöner Beitrag, schönes Interview!
    Herr Trautmann drückt sich jedoch etwas zu vorsichtig aus. Wenn er sagt: „Sinn des Werturteils muss aber die Auseinandersetzung in der Sache bleiben, es darf nicht ein platte Herabsetzung“ – so täuscht er sich hierbei.
    Nicht jede Herabsetzung, selbst, wenn sie „platt“ sein sollte, erfüllt den Charakter einer Schmähkritik (die ihren Kern in der Heraubsetzung hat). Wenn sich die „platte Herabsetzung“ also als Teil einer Meinungsäußerung darstellt, die insgesamt eine (insgesamt nicht übel schmähende) Auseinandersetzung mit der Sache darstellt, dann ist auch dies durch die Meinungsfreiheit vollauf gedeckt.
    Beispielsweise müssten die Glossen von Herrn Broder ausnahmslos wegen „platter Herabsetzungen“ abmahnfähig und verbietbar sein.
    Das ist jedoch nicht der Fall.
    Interessant wäre gewesen, im behandelten Themenkomplex die Fragen von „Rufschädigung“, „Kreditgefährdung“, „Anschwärzen“ und „Geschätsschädigung“ zu behandeln.
    Auch hier käme heraus: Es ist weitaus mehr zulässig, als gemeinhin vermutet wird.

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