Unternehmen brauchen eine Art hausinternes Content-Servicecenter – als Kommunikationsturbo für alle Kanäle.
Bevor Unternehmen Content einkaufen, sollten sie sich erst einmal Zeit nehmen und checken, ob sie eine Content-Strategie haben, die exakt zu ihrem USP passt, und ob sie stabile Content-Strukturen und -Prozesse besitzen, mit denen sie auch selbst Inhalte produzieren und managen können. Falls dem nicht so ist, wären das die Prio-A+-Jobs auf der To-Do-Liste für erfolgreiches Content-Marketing. Die Gründe dafür beschreibt der erste Artikel der PR-Blogger-Serie rundum das Thema Content: „Content-Strategie 1: Hausinterner Erfolg mit Content-Marketing“.
Eine Lösung für viele Koordinations- und Qualitätsprobleme könnte ein unternehmensinterner Content-Dienstleister sein, der alle kommunizierenden Mitarbeiter mit relevanten Inhalten versorgt. Dieser könnte anderen das mühsame Content-Management erleichtern, für alle systematisch Content Curation betreiben und bei Bedarf Inhalte produzieren und beisteuern.
Eine solche Content-Servicestelle würde mehr leisten als eine hausinterne Redaktion, die derzeit gerne zur Problembehebung empfohlen wird. Sie hätte zahlreiche Aufgaben, die einen Querschnitt aus unterschiedlichen Disziplinen bilden. Sie könnte Inhalte recherchieren, verwalten, kombinieren, modifizieren, terminieren, einfordern und bei Bedarf auch produzieren oder aktualisieren. Der Vorteil für die anderen kommunizierenden Mitarbeiter – etwa Social-Media-Manager, PR- und Werbeprofis – wäre eine beträchtliche Zeit- und Ressourcen-Ersparnis sowie ein schnellerer und thematisch treffenderer Austausch mit den Stakeholdern.
Welche Talente und Pflichten wären für eine solches Service-Center nötig? Ich beginne im folgenden mit einer Aufgabenliste, die bestimmt nicht vollständig ist, weshalb ich mich über Ergänzungen und weitere Ideen freue!
Das sollte ein Content-Service-Center können:
- Es kümmert sich um das Management und Weiterspielen folgender Content-Varianten:
– Content, der von außen kommt (User Generated Content) sowie Ergebnisse aus der Webanalyse und dem Social-Media-Monitoring
– Content, der hausintern kursiert – und irgendwann für die externe Kommunikation nützlich sein könnte (das sollte eine Art simples Knowledge Managements sein, sofern es das gibt)
– Content, der in den unterschiedlichen Abteilungen produziert wird und für externe Zwecke gedacht ist. Das betrifft nicht nur PR und Marketing. Jede einzelne Abteilung produziert Inhalte: So könnten zum Beispiel die Workshops für neue Mitarbeiter aus der Personalabteilung eine Quelle für starke Themen sein. Oder die häufigsten Beschwerden im Call-Center und Vertrieb. - Es besitzt Recherche-Talent: Als „Spinne im Netz“ steht das Service-Center in engem Kontakt mit inhaltsreichen Abteilungen und generiert so wichtige Themen.
- Es versteht sich als Dienstleister: Weil die Abteilung ein Servicecenter ist, braucht sie kein Mitspracherecht. Sie darf nicht versuchen, mit ihren Content-Schätzen Macht ausüben zu wollen (so wie es die eine oder andere IT-Abteilung mit ihrem technischen Know-how macht). Sie dient allen kommunizierenden Mitarbeitern.
- Es besitzt und fordert Teamgeist: Ihr Ziel muss es sein, die Silo-Denke, die häufig noch vorherrscht, aufzulösen. Und die Silo-Besitzer dürfen den neuen Networker nicht durch Vorenthaltungen (etwa wegen Eitelkeit) ausgrätschen.
- Als Kommunikationsexperte versteht es die Bedürfnisse seiner „Stammkunden“: Dieses Service-Center sollte die Marken- und Kommunikationsstrategien des Unternehmens bestens kennen und über geplante Maßnahmen, etwa von PR und Werbung, informiert sein. Nur dann kann es den passenden Content pünktlich beisteuern. Für das Service-Center heißt das zugleich: Es muss die Vorhaben der Kommunikationsabteilungen kennen, verstehen und achten. In regelmäßigen Meetings mit den Kommunikationsabteilungen sollten die Content-Spezialisten dann von Trends und Tendenzen berichten, die zum Beispiel für Storytelling-Projekte geeignet wären.
- Als Seismograph beobachtet es Veränderungen in der Unternehmenskommunikation: Es schadet keinesfalls, wenn das Service-Center, das im Idealfall einen Überblick über die Aktivitäten aller Kommunizierenden im Unternehmen hat, über Veränderungen informiert. So wäre es sehr nützlich, wenn es zum Beispiel Bescheid gibt, wenn das Wording nicht einheitlich ist, eine Abteilung mit alten Inhalten arbeitet oder wenn parallel zwei konträre Themen entstehen sollen.
- Es hat das nötige Gespür für Timing: Welche Abteilung muss was wissen? Welche Informationen dürfen ab wann anderen Abteilungen zugespielt werden? Ohne gutes Timing funktioniert nichts.
- Als Dienstleister betreibt es einen Medien-Pool für alle: Damit alle Kommunikatoren aktuell mit Inhalten versorgt werden, empfiehlt sich der Aufbau und die Pflege eines Medien-Pools (Bilder, Pressetexte, Videos, Grafiken, Reden, Gebrauchsanweisungen etc.), aus dem alle schöpfen können. Es sollte festgelegt werden, welche Abteilungen sich dort Inhalte selbst holen – und welche vom Servicecenter regelmäßig versorgt werden (Holschuld – Bringschuld). Letzteres macht zum Beispiel bei einem online agierenden Kundencenter Sinn, das immer auf dem neuesten Stand sein muss.
- Es treibt die Content-Inventur voran: Welche Inhalte gibt es bisher (Zum Einlesen empfehle ich „Content-Strategie in der Praxis Part II: Das qualitative Content Audit„) – und welche davon kann man optimieren („5 Great Starting Points for a Content Recycling Program“) oder besser löschen? Eine solche Inventur ist sehr anspruchsvoll, hilft aber beim Straffen des Content-Volumens und erhöht langfristig die Qualität der Inhalte.
- Es betreibt bibliothekarisches Management: Alte und neue Inhalte aus allen Abteilungen sollten so verwaltet werden, dass aus ihnen neue Ideen entstehen können. Dazu ist kein allumfassendes Archiv nötig, sondern nur ein schlankes, das genau den Vorgaben der Content-Strategie entspricht. Auf diese Weise gerät wertvolles Wissen nicht in Vergessenheit. (Hand auf’s Herz: Gibt es in Ihrem Unternehmen so etwas wie ein „Content-Archiv“)?
- Der Einsatz von Technik & Tools sind selbstverständlich: Das Servicecenter sollte CMS-, Webanalyse- und Monitoring-Systeme effizient nutzen oder auswerten können.
- Redaktionelles Produktionsleistung – auf Wunsch gerne: Das Servicecenter kann durchaus den Kommunikationsabteilungen zuarbeiten und Inhalte produzieren, etwa für Social-Media-Manager. Das ist aber kein Muss. Ins erster Linie ist es ein Lieferant nützlicher Basisinhalte, die andere Abteilungen für eigene Content-Zwecke nutzen können.
- Es hat Sinn für das Wesentliche: Das Service-Center muss darauf bedacht sein, nicht zu viele Inhalte generieren und verwalten zu wollen. Es muss sich konzentrieren auf die elementaren und wichtigen. Welche das sind, erkennt es nur, wenn das Unternehmen eine Content-Strategie verfolgt, die direkt dem USP entspricht (womit wir wieder bei Artikel 1 dieser Serie wären). Sonst besteht die nicht unbeträchtliche Gefahr, dass es zu viele und zu schwache Inhalte produziert, die weder Unternehmen noch Marke nützen.
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ein solcher Content-Dienstleister darf kein schwerfälliges Informationsministerium sein, das seine Macht spielen lässt und anderen reinquatscht. Im Gegenteil: Die Entscheidungsgewalt muss bei den Kommunikatoren liegen – auch wenn sich diese durchaus von ihm beraten lassen können.
Zu guter Letzt noch ein Wort zur Relevanz dieser Abteilung: Natürlich bedeutet diese aus unternehmerischer Sicht erst einmal eins – Kosten! Schlimmer noch: Weil es kein Profitcenter ist, trägt es – oberflächlich und kurzfristig betrachtet – nichts zu den Einnahmen bei.
Diese Sichtweise ist selbst in Verlagen nicht selten: die Redaktion wird dann als Unkostenfaktor gesehen (und dementsprechend behandelt), während die Abteilungen Vertrieb und Anzeigenabteilung wegen ihrer Profitorientierung geachtet werden. Liebe Unternehmer: Wenn Sie sich für ein Content-Servicecenter entscheiden, sollten sie es ernst nehmen. Der Informationsfluss wird für Sie so wichtig werden wie der Geldfluss (wenn er es nicht schon ist). Und haben Sie die Buchhaltung schon jemals dafür belangt, dass sie kein Profitcenter ist? Eben.
Wer sich in die Thematik Content-Management einlesen will, empfehle ich zwei Bücher:
- „Managing Enterprise Content“ von Ann Rockley, Charles Cooper: ein großartiges, praxisorientiertes Buch, in dem das Content-Management in Unternehmen übergreifend beleuchtet wird – nicht nur für Websites und Social Media.
- „Redaktionelles Wissensmanagement“ von Anton Simons: Darin geht es zwar um Redaktionen, wer aber um die Ecke denkt, entdeckt viele wertvolle Tipps für unterehmensinternes Content-Manegement.
Welche weiteren Talente müsste ein solches Content-Service-Center besitzen? Ich freue mich über weitere Vorschläge!
Es handelt nutzungsorientiert und hat ein gutes Talent für Vernetzung.
Das Content-Service Center erkennt Engpässe in der Contentproduktion und bindet externe Dienstleiter ein.
Vielen Dank, Alexander Stocker und Andreas Wander, das sind vier wichtige Ergänzungen