Als PR-Student und nun Praktikant bei Klaus Eck treibt mich seit einiger Zeit eine Frage um:
Was werden eigentlich die Herausforderungen der PR sein, wenn ich in
ein paar Jahren in die Arbeitswelt einsteige? Nicht zur
Diskussion steht vermutlich die Tatsache, dass die Medienlandschaft
derzeit einen gravierenden Umbruch erlebt: Das Internet verändert unser
aller Mediennutzungsverhalten und damit einhergehend ändert sich
zwangsläufig die Art, wie PR ihre Bezugsgruppen anzusprechen hat.
Bis
dato war es ja so: Bringe deinen Auftraggeber möglichst oft in die
Medien, mit möglichst hohem Verbreitungsgrad je Nennung, sorge dafür,
dass diese Erwähnungen in deinem Interesse sind und je nach
Auftraggeber betreibe ggf. noch entsprechendes Agenda Setting.
Nun
ist es aber im Internet bekanntlich so, dass zur
Informationsverbreitung klassische Redaktionen (zumindest theoretisch)
nicht mehr notwendig sind. Jede Organisation kann selbst und
unmittelbar publizieren und potentiell Milliarden von Menschen
erreichen. Die zweite große Neuerung des Webzeitalters ist der
Feedbackkanal, der im Medium barrierefrei mitgeliefert wird. Folge: Die
momentan viel diskutierte Bedeutungssteigerung des Dialogs.
Ich
blende an dieser Stelle vollkommen aus, wie man diesen Dialog in der
Praxis am besten realisiert. Auch die Frage, ob die klassischen Medien
nun ihre Bedeutung verlieren werden, soll hier nicht interessieren.
Stattdessen geht es darum, was PR in einem Umfeld leisten kann und
muss, in dem eben der Dialog im Vordergrund steht. Tatsächlich muss
meines Erachtens nach gefragt werden, ob die alt hergebrachten Aufgaben
wie Einstellungsänderung, Imagekreation oder Steuerung der
Berichterstattung überhaupt realisierbar sind. Zumindest was
Top-down-Ansätze anbelangt, muss die Antwort hier vermutlich "Nein"
lauten. Die Menschen reden und publizieren eigenständig in Blogs,
Bewertungsseiten etc. pp.; nur vom eigenen Interesse geleitet. Diese
Word-of-mouth-Prozesse sind bekanntlich kaum zu kontrollieren, nehmen
in ihrer Bedeutung für die Einstellungsbildung aber stets zu.
Wird
PR deshalb nun unmöglich? Ich denke nicht (alles andere wäre in
Anbetracht meines Studiums auch fatal), sondern gehe davon aus, dass
sich der Schwerpunkt vom Public hin zur Relation verschieben wird. Der
Konsument wird zum Prosumer; er wird mündig, will teilhaben und sich
äußern dürfen. Dasselbe gilt für alle anderen Bezugsgruppen natürlich ebenfalls. In diesen komplexen Beziehungsgeflechten müssen sich
Organisationen Netzwerke schaffen, müssen in Diskussionen präsent sein
und sich ein authentisches Gesicht schaffen. Diese Social Networks aufzubauen
und zu pflegen ist Aufgabe der PR. Dies wird durch das Internet extrem
erleichtert und in diesem Umfang überhaupt erst möglich. Aktuell hat
beispielsweise Facebook mit der Einführung der Unternehmensprofile ein interessantes Tool geliefert, das beim Corporate Networking helfen kann.
Aktuell
ist in diesem Bereich vieles noch Experiment. Vielleicht entwickeln
sich noch ganz andere Strukturen und Ansätze. Was denken Sie, wie die
PR-Welt in fünf Jahren aussehen wird?
Thomas Euler
Genau diese Frage habe ich mir eben gerade auch gestellt und ein (uraltes) Buch zur Hand genommen: „Online-PR“ (H. Iborg/A.Opelsch). Die Autoren kamen dabei auf denselben (ersten) Gedanken, den auch Du hattest: Den „Flaschenhals“, durch den PR-Meldungen durchkommen müssen, gibt es im Netz theoretisch nicht mehr. Praktisch existieren trotzdem Gatekeeper & Meinungsmacher, die nicht selten die traditionellen Medien im Internet ersetzen und ebenfalls eine Auslese treffen. Neu ist, mit dem Web 2.0 oder wie man es sonst nennen möchte, dass Reputations- und Kommunikationsmechanismen geziehlt in der PR eingesetzt werden können. Dies wird in Zukunft vielleicht eine neue Hauptaufgabe der PR: Kundenmeinungen generieren und auswerten. PR wird tiefer in soziale Netzwerke eindringen müssen um an Kundenmeinungen zu gelangen. Da sind myspace- od. facebook-Seiten ein Anfang. Doch muss sich das Unternehmen auch mit Blogs, Foren und (es klingt zwar altmodisch)Telefonservice bei den Kunden als Unternehmen etablieren, dem die Kundenmeinung viel wert ist.
Hallo Claudia, was deinen letzten Gedanken anbelangt, gebe ich dir vollkommen recht. Wobei ich noch hinzufügen würde, dass dieses Wertlegen auf die Kundenmeinung nicht nur der Selbstdarstellung dienen darf, sondern im Unternehmen wirklich gelebt werden muss.
Gestern bin ich auf dieses Podcast-Interview (http://www.radio-g.net/podcast-nummer-89.html) mit den Leitern der Saftkelterei Walther und Machern des Saftblogs gestoßen. Finde die beiden machen sehr schön deutlich, wie gelebter Dialog aussehen kann. Und das völlig unverkopft.
„Schwerpunkt vom Public hin zur Relation“
trefflich erkannt und formuliert. Sehe ich genauso. PR bisher hatte wenig mit eigentlicher Beziehung zur Öffentlichkeit zu tun. Denn eine Beziehung wird von zwei Seiten mit Leben gefüllt.
PR 2.0 lebt vom Dialog und das ist etwas, was PR 1.0 nie leistete, war es doch immer bemüht, ein lupenreines Image im Monolog zu kommunizieren.
klasse premiereartikel – bin gespannt auf weitere!
@tobe: Denke auch, dass Ecken und Kanten durchaus legitim sind. Vielleicht sogar notwendig, denn welcher Kunde glaubt schon ernsthaft an Perfektion!?
Klasse Einstieg als Praktikant 2.0. Ist mit Sicherheit eine spannende Phase, gerade hinsichtlich der Veränderung der Kommunikation. Ob jedoch der Konsument wirklich zum Prosumer wird und sich dies nicht nur auf eine relativ kleine Gruppe der Gesellschaft bezieht, den Intensivjuser, will mal dahingestellt sein
( beziehe mich diesbezüglich auf den Blogg von Klaus Egg „Blogcensus vermißt Bloggoshäre ).
Nochmals herzlichen Glückwunsch für den tollen Beitrag.