Ich schreibe ein Blog, aber wer liest das überhaupt? Und sind es dabei die richtigen Leser, erreiche ich als Berater meine Zielgruppe – die Entscheider in Marketing und Kommunikation? Bin ich relevant, sogar ein A-Blogger, sind es meine Artikel? Das sind Fragen, die sich jeder Blogger stellen kann oder sollte, wenn er mit seiner Nischenpublikation seine Leser finden will. Es fällt dem Betrachter nicht leicht, die Relevanz eines Blogs richtig einzuschätzen. Dabei ist es völlig unerheblich für Außenstehende, wie man seinen Einfluß selbst gewichtet. Entscheidend ist die Wahrnehmung durch Dritte. Für Unternehmen stellt sich die Frage, ob man auf eine Blogkritik reagieren soll oder es besser sein lässt.
Wann ist ein Blog von seiner Wirkung her wirklich relevant?
Das hängt zum einen davon ab, mit welchem Ziel und Anspruch
jemand überhaupt bloggt. Ein privates Blog, dass in erster Linie dem Austausch mit Freunden und
Bekannten dient, erhält seine Bedeutung sicher durch andere Faktoren,
als ein Fach- oder Corporate Blog. Es beruht aber auch auf Anerkennung.
Die Relevanz lässt sich nicht in absoluten Zahlen der Leser bemessen. Dennoch stellen sie eine Voraussetzung dar. 500 Leser in
einem sehr spezifschen Fachgebiet sind sehr gut, wenn man darüber seine Reputation aufbaut und reales Geschäft generiert. Ein brauchbarer Indikator für die Relevanzmessung eines Corporate Blogs stellt die Zahl
der Verlinkungen dar, die ein Blog aufweist. Ist es gut vernetzt und
stößt in seinem thematischen Umfeld auf positive Resonanz, dann ist es für ein Branchenumfeld durchaus relevant. Die Zahl der Links, die auf ein Blog verweisen, kann man in der Blogsuchmaschine Technorati direkt überprüfen. Dort entspricht die Angabe Authority der Zahl der Blogs, die im vergangenen halben Jahr einen Link zu einem Blog gesetzt haben.
Terry Ng von Keneda.com hat darüber hinaus Blogangebote in A, B, C und D-L-Kategorien eingeordnet,
die sich auf seinem Blog mit einem kleinen Tool einfach ermitteln lässt. Sicher kaum
mehr als eine kleine Spielerei, doch die mitgelieferte Typologisierung
ist interessant: Während die D-List Blogs (Authority 3-9)
durchschnittlich 228 Tage alt sind und 12 Beiträge pro Monat
verzeichnen, sind es in der C-Klasse (Authority 10-99) schon 18
Beiträge. Die Blogs mit 100-499 Verlinkungen posten nur unwesentlich
mehr, für sie macht sich aber ihre längere Existenz bezahlt. In der
Topgruppe mit einer Authority von 500 und mehr tummeln sich fast nur
noch Blogs, die alt eingesessen sind (durchschnittlich 1,5 Jahre) und
doppelt so viele Beiträge verfassen wie die B-Gruppe.
Hierbei wird deutlich, dass erfolgreiche Blogs erst einmal aufgebaut und via Online Relations und Blog-Marketing bekannt gemacht werden müssen, damit andere Blogger auf deren (gute) Inhalte reagieren und diese zitieren (verlinken). Für den Markenaufbau benötigt man auch beim Bloggen viel Zeit. Schnelle Ergebnisse erzielen nur wenige Blogs. Erst wenn man mit guten Inhalten seine Glaubwürdigkeit und/oder Unterhaltsamkeit unter Beweis gestellt hat, gewinnt ein Blog in der Aufmerksamkeitsökonomie auch an Bedeutung, wird gelesen und wirklich gut gefunden. Ansonsten ist es hinsichtlich seiner Reichweite eher irrelevant. Für den persönlichen Gebrauch sieht das natürlich anderes aus. Private Blogs von Freunden oder Familienmitglieder sind dann durchaus relevant, nur eben nicht im Sinne der Selbstvermarktung, des Imagegewinns und des Reputation-Managements.
>> Kineda.com: Are You an A-List Bloglebrity?
>> PR Blogger mit Authority-Angabe in Technorati
Klaus Eck
Es gibt noch zwei weitere Formen von Relevanz:
a) Das sind die kleinen, noch unpopulären Blogs, bei denen sich die Großen bedienen – ohne das zu verlinken, Motto: zu irrelevant, merkt keiner. Diese Blogs beeinflussen, ohne dass es die Welt merkt.
b) Blogs, die zwar privater Natur sind, dafür aber wenige und umso stärkere Multiplikatoren als Leser haben – etwa Journalisten oder andere Großblogger. Auch die können mit ihren Beiträgen (unmerklich) Meinung machen.
Damit haben Sie natürlich völlig recht. Darüber hinaus gibt es noch weitere Spielarten, auf die ich an dieser Stelle nicht eingegangen bin:
Generell gilt, dass kleine Blogs, die nur 10 oder 20 Leser am Tag haben, durchaus mit wenigen Lesern, die vielleicht ebenfalls bloggen, sehr schnell ihre Reichweite steigern können, wenn diese als A- oder B-Blogger Themen der unbekannten Blogs aufgreifen. Deshalb sollte man auch nie die D-L-Blogger unterschätzen, sondern sie abhängig vom jeweiligen Branchenbezug betrachten. Quantitativ gesehen ist Technorati dennoch sehr gut für eine gewissen Vorselektion geeignet. Über die Qualität eines Blogs sagen die Ergebnisse noch nicht so viel aus. Das erfordert eine differenzierte Betrachtung eines Weblogs, ist aber in der Regel mit sehr viel Aufwand und hohen Kosten verbunden.
Gerade in einer Krisensituation sollten Unternehmen die unbekannten Blogs (manche davon Hidden Champions) nicht einfach als irrelevant abtun. Sie können als unzufriedene Kunden sehr schnell Issues aufgreifen oder entstehen lassen und dadurch sogar Krisen auslösen.
Ich bin sehr skeptisch bei der Frage von Relevanz. Das charmante und für viele „Neulinge“ unverständliche ist doch gerade, dass unsere klassischen Relevanzfilter in diesem Bereich auf ganzer Linie versagen! Man muss dafür gar nicht unbedingt das Thema Krise bemühen, sondern es beginnt schon viel früher – wie du im Kommentar ja auch andeutest.
Leicht zugespitzt ist meine Erfahrung in der letzten Zeit, dass vermeintlich relevante Blogs weder für Traffic noch für die Rezeption einer Seite/ Aktion/ Kampagne etwas bringen – wohl aber viele der mittleren und kleinen Blogs. Oder noch weiter zugesitzt: ein Link in einem vermeintlichen Top 10 Blog nach technorati oder so bringt oft nahezu nichts. Zumindest nicht an traffic oder Aufmerksamkeit.
Blogs sind auf anderer Ebene relevant – und die kann sehr unterschiedlich sein je nach Themenfeld. Was aus meiner Sicht und Erfahrung nie funktioniert, sind einfache Antworten und Verallgemeinerungen. Oder wie Felix Schwenzel gestern twitterte: „ich finde pauschalisieren doof. ausnahmslos.“
🙂
@ Wolfgang: Klassische Filter reichen hierbei in der Tat nicht aus. Aber für eine Erstanalyse ist Technorati ganz hilfreich. Ich erhalte zumindest einen Überblick darüber, wer in welcher Weise auf welches Blog reagiert. Ausreichend ist eine solche Art der Bewertung natürlich noch nicht. Dazu bedarf es einer inhaltlichen und vielleicht sogar semantischen Analyse.
Von (Online-)Reichweiten einzelner Blogs sollte man in der Tat lieber schweigen, weil sie aufgrund ihrer Mediadaten dann keinerlei Bedeutung hätten. Aber dem ist ja nicht so, wie Du auch schreibst. Interessant ist jedoch auch, welche Aufmerksamkeit die Blogs in ihrer jeweiligen Branche erzielen und wie die Medien darauf reagieren. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema und hängt mit Reputationsmechanismen zusammen, auf die ich sicherlich demnächst mal wieder in einem Blogbeitrag eingehe.
B-Blogger and Happy.
Ihr percanatsüchtigen Nikoläuse 😉
Zitat: Wann ist ein Blog von seiner Wirkung her wirklich relevant? Das hängt zum einen davon ab, mit welchem Ziel und Anspruch jemand überhaupt bloggt.
Das unterstreiche ich. Meine Seite zum Beispiel ist eine – ich würde sagen – blogpage. Ich nutze einfach eine blogware (wordpress), um mein Engagement und meine Unternehmung zu präsentieren. Mir (und ich bin technisch keine Rakete) geht es darum,
– mit einfachen Mitteln,
– Branchennews auf meine Seite bringen zu können,
– die gewollte Leser abonnieren oder
– kommentieren können. Dann will ich gegebenenfalls
– anderen Autorenrechte einräumen können und
– daneben »statische« Inhalte präsentieren können.
Ich stehe mit diesen Ansprüchen sicher nicht alleine da, und viele werden sich aus den gleichen oder ähnlichen Gründen einer blogware bedienen, ohne sich selber als blogger oder die page als blog bezeichnen zu wollen. Gegen Kommentare haben wir nichts.
Aber sind wir deshalb gleich blogger?
Ja, was macht eigentlich den blogger zum blogger? Das »Senf dazu geben«?
Dazu gäb’s ja jetzt den blog-senf.de
Blogkategorie
Blogger ham jetzt auch Sterne A-D schreibt PR Blogger. Ich finde ne Kategorie P, wie für mich fehlt noch. Blogs die nur von sich selbst gelesen werden.
@Klaus: Ja, wir sind ja nicht weit auseinander. Ich mag das Wort Relevanz nicht so gerne, wenn es so verwendet wird, weil es die alten Metrics vorgaukelt, obwohl wir neue brauchen. Aber das ist ja noch mal ein anderes Thema….
Ich spreche darum zurzeit meistens von „Resonanz“ und davon, wie Blogs auch Resonanz verstärken. In dem Zusammenhang sei der Hinweis auf unsere Untersuchung zu Blogs in der politischen Kommunikation erlaubt, über den ich (mit den slides) letzten Sonntag gebloggt habe:
http://przweinull.de/eintrag.php?id=76
beschäftige mich auch gerade mit der Leserschaft von Blogs, brauche es für eine Seminararbeit. Es geht darum, zu prüfen, ob Unternehmen ihre Zielgruppen überhaupt in Blogs finden. Dazu möchte ich ein grobes Bild eines Bloglesers skizzieren.
Ich habe einige Studien zur Bloggern und Lesern gefunden, leider kann ich überhaupt nicht beurteilen, welche relevant sind. Vielleicht kann hier ja jemand kommentieren?! Gibt es noch andere, die ich bisher noch nicht gefunden hab??
Schmidt, Jan (2005): Wie ich blogge?!
http://www.fonk-bamberg.de/pdf/fonkbericht0601.pdf
Proximity (2005):Corporate Blogging – Chancen für den Erfolg
http://www.bbdo.de/de/home/studien.download.Par.0035.Link1Download.File1Title.pdf
TNS(2006): Digital Life Report
http://www.tns-infratest.com/03_presse/Presse/20060920_TNS_Infratest_Weblog_Lifereport.pdf