Zurzeit recherchiere ich in Sachen Online-Journalismus und freue mich daher über Anregungen. Wie ändert sich der Journalismus durch die Einbindung der Onliner? Glauben Sie daran, dass die Leser bereit sind, sich aktiv an Online-Gesprächen zu beteiligen? Ist Spiegel Online vielleicht gar nichts anderes als ein gigantisches Blog?
Mich hat die Aussage des Chefredakteurs von Focus Online Jochen Wegners in der aktuellen Ausgabe des Medienmagazins "Journalist" positiv überrascht. Er erzählte darin, dass Focus Online inzwischen monatlich 50.000 bis 60.000 Kommentare von Lesern erhalte.
Bereits im Dezember 2007 sprach Wegner von einer Entwicklung in Richtung "Widgetisierung" des Online-Journalismus:
"Die Onlinemedien explodieren gleichsam. Immer mehr Nutzer kommen nicht über die Homepage, sondern abonnieren RSS-Feeds, haben Focus-Widgets auf dem Desktop, erhalten unsere Nachrichten über Newsaggregatoren oder über die Google-Suche."
Auch Hans-Jürgen Jakobs, der Chef von sueddeutsche.de, geht in der Printausgabe des "Journalist" auf die Entwicklung des Online-Journalismus näher ein. Dabei beklagte er das Fehlen von Community-Managern:
"Ich glaube, dass viele unsere Nutzer darunter gelitten haben, als sich
die Diskussionskultur auf sueddeutsche.de in der Vergangenheit schlecht
entwickelte. Den Dialog mit den Nutzern zu organisieren, wird deshalb
eine der Hauptaufgaben für sueddeutsche.de in diesem Jahr sein. Wir
haben bisher noch keine richtigen Community-Redakteure – solche Stellen
sollte es in jeder Onlineredaktion geben." (Journalist, Februar 2008)
WIe viel Leserfeedback erhalten heutzutage eigentlich Redakteuere auf Ihre Arbeit? Nur ein paar Leserbriefe pro Tag oder ist es inzwischen schon ein kleiner E-Mail- oder Kommentar-Tsunami, der alle überfordert? Auf Ihre Einschätzung bin ich gespannt.
>> via Online-Journalismus.de: Fiete Stegers: “Unter der Diskussionskultur gelitten”
Klaus Eck
Was ist eigentlich Online-Journalismus?
Zu Beginn der Diskussion über Online-Journalismus sollte man Grundsätzliches klären.
Da gibt es die Einzelkämpfer, die durchaus professionelle Artikel, oft Fachartikel, noch öfter sehr persönlich gefärbte Themen im Netz platzieren und bloggen.
Und da gibt es Institutionen von Spiegel Online, sueddeutsche.de bis zu Fachredaktionen im Netz.
Neu ist oder vielmehr war, dass nun ein Journalist, natürlich auch jeder andere Mensch, seine Texte ans schwarze Brett im Internet hängen kann. Je nach Qualität, Bekanntheit, Eigen-PR und auch Glück kann er so seine Leser finden, eine Community aufbauen und vielleicht sogar ein Geschäftsmodell finden.
Doch die Dienstleistung eines Blattes oder einer Redaktion wie die oben genannten, die kann er kaum leisten – und die wird wohl auch nicht erwartet.
Man könnte das mit einem individuellen Taxi-Dienst gegen die professionelle Infrastruktur der Eisenbahn vergleichen. Professionell in der Hinsicht, dass Nachrichten gesammelt, geprüft, bearbeitet und über eine zu pflegende Infrastruktur verbreitet werden.
Allerdings muss sich die Presse-Eisenbahn im Internetzeitalter auch anders aufstellen, flexibler, schneller, individueller und dialogorientierter (die Diskussion ist ja nicht neu) – und da finde ich den Ansatz von Hans-Jürgen Jakobs sehr richtig: Der Online-Redakteur muss sich davon verabschieden, dass es allein seine Aufgabe ist Themen aufzugreifen, Nachrichten zu sammeln und zu bearbeiten und ins Netz zu stellen. Er muss auch den Dialog mit seiner Community gestalten, näher an sie herangehen und damit auch sichtbar werden.
Im Idealfall kann so eine Zeitung oder Zeitschrift im Internet sogar persönlicher werden als ein Druckmedium. Hoffen wir also auf den Idealfall.
Aber dass jetzt plötzlich alle Leser den Dialog suchen, die Peer-Production um sich greift, wie es zum Teil auf den letzten Medientagen von Miriam Meckel (Prosument stellt Medien vor neue Herausforderungen) postuliert wurde, darf man getrost vergessen. Trotz der hervorragenden Kommuniktions- und Dialogmöglichkeiten wird sich wohl – wie die Erfahrung zeigt – immer nur eine Minderheit zu Wort melden, die aber wiederum von Mehrheiten gelesen wird.
Roland Keller
Die Medien ändern sich, die Aufgabe bleibt gleich.
Oder wünscht sich hier irgendjemand eine Zeitung die nur aus Leserbriefen besteht?
Leserbriefe werden überbewertet, ebenso wie „demokratische“ Information – denn man tauscht seine Abhängigkeit von der einen Nachrichtenquelle gegen die einer anderen Nachrichtenquelle. Eine Mischung aus allem ist prima, aber ich suche nach einem verlässlichen, ausgebildeten Gatekeeper für meine Informationen. Ich habe 14 RSS-Feeds abonniert und bin froh wenn ich 8 davon regelmäßig lesen kann. Denn neben all dem Informations-Sammeln habe ich auch noch einen Beruf und ein ausgefülltes Privatleben.
Für Leserbriefe bleibt mir ehrlich keine Zeit.
da ist auch noch was:
http://sinnmacherblog.supersized.org/archives/180-Weblogs-und-Journalismus-Adaption-und-Induktion.html