Alle Welt redet von Content auf hohem Niveau. Und die produzierten Inhalte versprechen sehr viel. Doch wie sieht es mit der anschließenden Umsetzung aus? Teils erschütternd, wie die Beispiele im Beitrag zeigen. In vielen Unternehmen stimmen noch nicht mal die Basics.
Vollmundige Kommunikation, die via Content-Marketing in die Welt gesetzt wird und heiße Versprechen, mit denen man die Kundschaft lockt, haben einen Haken: Sie müssen eingehalten werden. Und zwar Wort für Wort. Denn versprochen ist versprochen.
Versprechen kreieren eine Erwartungshaltung
Lassen sich die vollmundigen Aussagen Ihrer Content Kampagnen tatsächlich erfüllen? Können Sie jeden Tag und bei jedem Kunden garantieren, dass Ihre abgegebenen Leistungsversprechen eingehalten werden? Sind sie einforderbar? Und für den Kunden eine Garantie, auf die er sich verlassen darf?
Oder ist für Sie eine Aussage dem Kunden gegenüber nur ein bisschen Werbung – und der Käufer wird ja wohl so aufgeklärt sein, dass er zwischen Werbung und Wirklichkeit unterscheiden kann?! Minderleistungen können selbst durch die süßeste Content Prosa nicht glattgebügelt werden. Wenn ein Anbieter seine Versprechen bricht, ist es aus mit der Kundentreue.
Und nicht das Einhalten, sondern erst das Quäntchen Übererfüllen sorgt dafür, dass die Kunden begeistert, vielleicht sogar überwältigt sind. Deshalb muss im Vorfeld einer Kampagne zwingend mit den Mitarbeitern gemeinsam erarbeitet werden, wie sie die aufkommenden Kundenerwartungen erfüllen können, wollen und sollen.
Der Abgleich zwischen Erwartung und Leistung
Die reine Funktionalität eines Produkts oder der ordnungsgemäße Ablauf einer Leistungserbringung entspricht der Nulllinie der Zufriedenheit. Hiermit allein kann man nur selten begeistern. Denn dass etwas zu einhundert Prozent einwandfrei funktioniert, wird von Kunden und Konsumenten als selbstverständlich vorausgesetzt.
Begeisterung heißt immer: Erwartung plus x. Die Referenzpunkte liegen dabei auf Höhe der besten und schlechtesten subjektiven Erfahrungen, die man je auf dem entsprechenden Gebiet gemacht hat. Dabei geht es sowohl um die Prozess- als auch um die Beziehungsqualität.
Beides hat auch mit dem eigenen Anspruchsniveau zu tun. Ebenso spielt die Kategorie eine Rolle. Bei einem Zwei-Sterne-Budget-Hotel drückt man schon mal ein Auge zu. Eine niedrige Erwartungshaltung ist dort leicht zu übertreffen. In einem Fünf-Sterne-Luxus-Resort hingegen muss alles wie am Schnürchen klappen, da gibt es kein Pardon.
Die Umsetzungsqualität ist oft erschütternd
Wie mangelhaft die Umsetzungsqualität noch immer ist, zeigt eine aktuelle Absolit-Studie im B2B. Große Schwächen werden bereits bei der Anmeldung zum Newsletter deutlich: Bei 52 Prozent der untersuchten Firmen sucht der Kunde vergeblich danach, von den übrigen Unternehmen gestalten lediglich 27 Prozent die Anmeldung leicht auffindbar.
Bei 39 Prozent der Webseiten befindet sich die Registrierung nicht auf der Startseite. Der Interessent wird auf diese Weise gezwungen, aktiv nach der Newsletter-Anmeldung zu suchen. „Damit gleicht die Registrierung einem Abenteuer, bei dem der Kunde jedoch sehr schnell das Interesse verliert“, bemängelt Studienautor Torsten Schwarz.
Gleichzeitig werden potenzielle Leser von der Eingabe persönlicher Daten abgeschreckt, indem alarmierende 77 Prozent der Unternehmen keine verschlüsselte Übermittlung anbietet. Registriert sich ein Kunde für den Newsletter, versenden 70 Prozent der Firmen keine Willkommensmail mit weiteren Informationen, obwohl das Interesse des Kunden direkt vor und nach der Anmeldung am größten ist.
Auch Offline gibt es viel Nachholbedarf
Die Zeitschrift Teletalk ließ zum Thema Servicekultur unlängst eine Untersuchung machen und hat Post an verschiedene Dienstleister verschickt. Darin interessierten sich potenzielle Neukunden für ein spezifisches Angebot und formulierten deutliche Kaufsignale. Insgesamt sieben der 50 getesteten Unternehmen haben darauf innerhalb einer Woche reagiert. Weitere elf Anbieter antworteten in der Woche darauf.
Zwei Wochen nach Testbeginn lagen somit erst 18 Antworten vor. In Zeiten, in denen uns Onlineversender innerhalb eines Tages beliefern, ist ein solches Ergebnis erschütternd. Bei einer Mail-Anfrage an die gleichen 50 Dienstleister kamen innerhalb von zwei Wochen 45 Antworten zurück. Die durchschnittliche Reaktionszeit lag bei 29 Stunden. Auch das ist nicht gut genug.
In einem zweiten Test ließ die Teletalk nach dem gleichen Muster Post an 50 Anbieter aus der Touristikindustrie versenden. 18 Unternehmen haben innerhalb von 14 Tagen geantwortet, weitere vier in der Woche danach. Bei den restlichen 28 kam nie etwas retour. Per Mail antworteten 43 der 50 Angeschriebenen innerhalb von zwei Wochen, sieben antworteten gar nicht.
Wie Kommunikationsengel und -bengel agieren
Manchmal hocken Engel und Bengel in einer Firma. Auf dem Rückflug aus meinem Weihnachtsurlaub, voll besetzter Flieger, gibt unser Purser der andernorts langweiligen Borddurchsage eine persönliche Note: „Ich begrüße Sie herzlich an Bord und freue mich, dass Sie so zahlreich erschienen sind.“ Als er uns zum Landeanflug weckt, sagt er dies: „Schön, dass Sie alle noch bei uns sind.“
Ich finde, das ist ein Lob wert, und will das der Firma schreiben. Auf deren Website gibt es alle möglichen Kontaktformulare, natürlich auch eins für Beschwerden. Für Lob aber keins. Ich schreibe an die allgemeine Mailadresse. Keine Reaktion.
Also fülle ich ein Reklamationsformular aus und schreibe, dass ich auf meine Mail keine Antwort erhalten habe. Wieder Funkstille. Als ich den Fall an meiner Facebook-Wall poste, meldet sich endlich der Marketingchef: Jemand hätte das gelesen und den CEO informiert.
An allen Touchpoints gibt es Optimierungspotenzial
Andere Airline, diesmal geht es um meine Vielfliegerkarte. Sie ist nämlich irgendwie weg. Per Anruf geht gar nix. „Gehen Sie auf unsere Website und füllen Sie da das Serviceformular aus“, heißt es nur lapidar. Was will man machen, das tat ich dann auch. Nach mehr als vier Wochen (!) kriege ich von der Airline elektronische Post.
Als ich auf die Mail antworten will, kommt folgende Autoreply-Reaktion: Auf diesem Weg können wir Ihre Anfrage leider nicht beantworten. Daher bitten wir Sie, unser Feedback-Formular unter … > Hilfe & Kontakt > Kontakt per E-Mail > E-Mail zu nutzen. Das ging dann dreimal so hin und her. Leute, mal ganz abgesehen von der Wartezeit und dem Rattenschwanz, der danach noch kam: Das ist Service-Bürokratie aus dem letzten Jahrhundert.
Es geht aber auch anders. Kürzlich hatte ich eine Frage an Capgemini. Die habe ich über deren Onlineformular eingereicht. Kaum zwei Stunden später kommt schon die Antwort. „Wow, so schnell, und das an einem Samstag“, schrieb ich zurück. „Die Frage kam ja auch am Samstag.“ Bingo! So geht Service in der Always-on-Economy. Viele weitere Beispiele finden Sie übrigens in meinem Buch Touch.Point.Sieg. Kommunikation in Zeiten der digitalen Transformation.
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Da gebe ich dir absolut Recht, liebe Anne. Auch ich erlebe das immer wieder. Erst wird vollmundig begrüßt und eine hohe Erwartungshaltung geschürt und dann kommt nur „heiße Luft“. Da gibt es noch viel nachzuholen.
Danke für den tollen Beitrag !