Wie sollen sich Unternehmen mit dezentralen Vertriebsstrukturen oder mit unterschiedlichen Filialen im Social Web positionieren? Allgemein ist über Unternehmen im Social Web bereits viel geschrieben worden. Wer sich in Zukunft beim Kunden verankern will, der muss mit ihm in den Dialog treten. Allerdings: Das Unternehmen gibt es nicht. Produkte und Positionierung entscheiden sich im Idealfall grundlegend. Alleinstellungsmerkmale sind hierbei wichtig. Zudem unterscheiden sich Unternehmen in Organisation und gewachsener Struktur. Das macht sich vor allem bei dezentralen Organisationen bemerkbar.
Dezentral in Social Media geht nicht? Facebook ohne Unternehmen wie Mc Donalds oder die Allianz? Für Onliner nur schwer vorstellbar. Die größten Unternehmen sollten schon im größten sozialen Netzwerk vertreten sein. Was sich die wenigsten bewusst machen: Die Allianz und das Unternehmen Mc Donalds existieren zwar auf dem Papier, allerdings treten sie im direkten Kontakt mit den Kunden meist in einer anderen Struktur in Erscheinung.
Fast-Food-Ketten sind häufig Franchisesysteme und die Betreiber der Filialen Selbständige mit mehr oder weniger strengen Vorgaben. Versicherungen arbeiten mit selbständigen Vertriebspartnern oder Maklern, die dem Endkunden Produkte verkaufen. Hier sind selbst Unternehmer am Werk, die sich selbst vermarkten und kommunizieren. Immer häufiger auch im Social Web.
Zentrale Vermarktung der Marke
Dabei steht außer Frage, dass Unternehmen mit einer starken Marke, diese auch zentral und den Kanälen angemessen präsentieren sollten. Sie werden nicht drumherum kommen, ihre Marke zentral zu vermarkten. Es ist einfach von der Markenreputation her für viele Käufer logischer, sich mit Mercedes zu vernetzen als mit dem kleinen Mercedes-Benz Perlach. Zudem möchten die Kunden mit Anfragen auf Facebook, Twitter & Co. den öffentlichen Druck erhöhen. Sie nutzen daher lieber Seiten mit 11 Millionen als mit 196 Fans. Warum? Weil sie es können. Dennoch funktionieren die dezentralen Ansätze.
Point of Sale
Natürlich möchte ich Mercedes, Apple und Adidas in meiner Interessenliste meines Facebook-Profils stehen haben. Deren Image darf mich beeindrucken. Aber wo kaufe ich deren Produkte? Vor Ort. Die Grundlage des dezentralen Franchising– und Vertriebs-Ansatzes: „Regionale Nutzung eines Geschäftskonzeptes„. Weil der Kunde vor Ort kauft und sich beraten lässt. Er baut zu Geschäft, Berater und Verkäufer eine persönliche Beziehung auf. Dem Charme des Tante Emma-Ladens um die Ecke sind trotz fehlender Wirtschaftlichkeit schon viele erlegen. Warum soll das nicht auch in der Onlinekommuikation so sein?
Dezentral in Social Media
Allerdings stellen sich in der Social-Kommunikation besondere Herausforderungen. Mc Donalds betreibt in Deutschland über 1.400 Filialen. Was passiert, wenn diese alle ihre eigene Facebookseite eröffnen und individuell kommunizieren? Der Marketing- und Kommunikationschef wird das in der Regel ablehnen, weil es „Corporate“ und „One Voice Policy“ entgegen läuft und bei der Markenführung stören könnte. Er denkt an die Gefahr, statt an die Chancen. Dezentraler Vertrieb gerne. Das ist schließlich logistisch und vom Käuferverhalten überhaupt nicht anders möglich. Die wenigsten Kunden würden mehrere hundert Kilometer fahren, um sich ein Paar Schuhe zu kaufen. Aber dezentrales Marketing und dezentrale Kommunikation? Das können nur wir als Experten aus der Zentrale. Wie arrogant ist das denn? Produkte verkaufen wir vor Ort. Aber Kommunikation verkaufen wir vom anderen Ende der Republik. Was in Leipzig funktioniert wird auch in Freiburg richtig sein?
Die dezentrale Social Media-Strategie
Unternehmen benötigen eine Strategie und werden in diesem Rahmen schnell darauf kommen, dass auch die Kommunikation vor Ort Chancen bietet. Weil Kommunikation im näheren Umfeld besser funktioniert. Der Mensch orientiert sich an dem, was er kennt. Nicht umsonst verkauft und vermarktet Mc Donalds gerade mal fünf Produkte weltweit. Alles andere ist Ländersache. Und so individuell die Produkte, so individuell die Notwendigkeit einer individuellen Kundenansprache.
Versicherungen leben davon, dass ihre Vertriebspartner regional gut vernetzt sind und über persönliche Kontakte und Empfehlungen Produkte verkaufen können. Social Media endet daher nicht mit der zentralen Kommunikation. Es gilt die Dezentralität strategisch zu nutzen.
Die Herausforderung von Technik und Zahlen
In der Tat ergeben sich einige Herausforderungen. Lokale Unternehmen werden in der Regel nicht über ein paar hundert oder tausend Fans und Follower hinauskommen. Aber häufig sind Interaktion und Bereitschaft zum Dialog lokal um einiges höher. Die Effektivität ist trotzdem gegeben. Zudem will jeder genutzte Kanal strategisch bespielt und die notwendige Zeit investiert werden. Im Idealfall von einem Menschen vor Ort. Markenbotschafter und Personalisierung sind schließlich wichtig.
Hinzu kommt die Herausforderung, dass Dezentralität von den bekannten Social Networks nicht flächendeckend vorgesehen ist. Facebook bietet beispielsweise nur ausgewählten Unternehmen die entsprechenden Funktionen:
- Global Pages: Verwaltung von gloablen und Länderseiten
- Parent Child-Struktur: Verwaltung verschiedener Unternehmensstandorte über eine Unternehmensseite
Für die Bäckereikette ist das nicht verfügbar. Und das ist gut so. Der Ansatz „Think global, act local“ kann ein Erfolgsfaktor sein. Wir können in Leipzig und Freiburg dasselbe Ziel haben. Aber der Weg dahin wird unterschiedlich sein.
Fünf Punkte für einen dezentralen Social Media-Ansatz
Worauf sollten dezentral organisierte Unternehmen achten?
- 1. Organisation & Struktur: Schaffen Sie Verantwortlichkeiten vor Ort. Sie werden aus der Zentrale nicht wissen, was aktuell vor Ort angesagt ist. Was sie ermöglichen sollten, ist eine Anbindung an die zentrale Organisation. Schaffen Sie Möglichkeiten zum Austausch. Das wird der zukünftige Weg sein, um Einfluss vor Ort auszuüben. Außerdem helfen Austauschmöglichkeiten zwischen den verschiedenen Verantwortlichen vor Ort.
- 2. Enabling & Leitlinien: Die Mitarbeiter vor Ort müssen selber laufen lernen. Unterstützen sie also durch Schulungen und gemeinsame Entwicklung der Grundlagen. Entwickeln Sie außerdem gemeinsam mit den lokalen Ansprechpartnern Leitlinien, an die sich alle halten.
- 3. Strategie: Zentral entwickeln Sie die Strategie. Lokal brauchen sie die jeweiligen Ansprechpartner. Zielgruppen und Ziele können unterschiedlich sein. Außerdem bestehen auch in der Kommuikation lokale Unterschiede in der Ansprache. Denen sollten die Ansprechpartner gerecht werden.
- 4. Content-Strategie: Was sind geeignete Inhalte zur Zielerreichung? Dafür muss jeder ein Gespür entwickeln. Zeigen Sie den Verantwortlichen vor Ort auf, wie sie an geeignete Inhalte gelangen und wie sie zentrale Inhalte im lokalen Umfeld nutzen können. Copy & Paste ist meist eine schlechte Wahl
- 5. Monitoring & Controlling: Kommunikation macht Spaß. Zahlen & Controlling lange nicht jedem. Unterstützen Sie die Ansprechpartner vor Ort bei diesem ungeliebten Thema. Fassen sie die Zahlen zentral zusammen und liefern nur die Ergebnisse. Unterstützen Sie zudem bei der Optimierung.
Wichtig: Der Kommunikationsmanager
Was hier deutlich wird: Insbesondere in dezentral organisierten Unternehmen braucht es den echten Kommunikationsmanager. Die Aspekte Planung, Organisation, Führung und Kontrolle sollten zwischen zentraler und dezentraler Organisation abgestimmt werden. Von selbst funktioniert die Social Media-Kommunikation nicht. Dafür bedarf es immer eines klaren Ansprechpartners.
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