Was soll ein Unternehmen tun, wenn eine Facebook Fanpage von Onlinern gekapert wird? Einfach zusehen und sich wegducken oder handeln? Die Bank Ing DiBa hat sich dazu entschieden, bei dem Streit zwischen Vegetariern, Veganern und Fleischessern lieber zuzuschauen. In vielen Medien- und Blogartikeln wird das positiv bewertet.
Ich kann nicht nachvollziehen, warum es gut sein soll, wenn ein Unternehmen seine eigene Website – in diesem Falle ein kleines Community-Angebot – den Facebook-Mitgliedern überlässt, die sich längst nicht mehr über einen Wurst-Spot mit dem Basketball-Star Dirk Nowitzki an der Wursttheke ereifern (wie anfangs geschehen), sondern miteinander grundsätzlich über das Vegetarierleben im Hier und Jetzt erbittert bekämpfen. Das ist nicht (!) gut so. Selbst wenn es sich um eine aufgeheizte, absolut ideologische Debatte handelt, stellt sich mir die Frage, ob ein Unternehmen es sich über Wochen und Monate leisten kann, einfach abzuwarten, bis der Sturm (Shitstorm) vorüberzieht?
http://youtu.be/UUt59ka6MP4
Nicht das Sie mich missverstehen: Stellung in der Fleischfrage sollte die Bank in diesem Falle auch nicht unbedingt beziehen und sich dadurch erst recht angreifbar machen. Mir fehlt in dieser hysterischen Debatte um den Fleischkonsum die Stimme des Unternehmens als Moderator und Community Manager. Als solcher ist es meiner Meinung nach, durchaus verpflichtet, deeskalierend einzuschreiten. Deshalb sollte ein Social Media Manager noch lange nicht, den Debattierenden den Mund verbieten und alle entsprechenden Updates zensieren. Aber gar nicht auf die Diskussion zu reagieren, wirkt eher hilflos.
Was manche für souverän und gelassen halten, wirkt auf mich nicht besonders professionell. Es öffnet den Trollen Haus und Hof. Diese lassen es sich weidlich gut gehen auf der Facebook-Bühne, die ihnen das Unternehmen komplett für einige Wochen überlassen hat. Die Debatte wirkt völlig deplatziert, findet aber nunmal auf der Facebook Seite von Ing-DiBa statt. Dennoch ist keine Aktion auch keine wirkliche Lösung. Ein Unternehmen kann nicht über Tage oder gar Wochen nicht kommunizieren, wenn es eine Community auf Facebook pflegen und darüber Kunden an sich binden will.
Trolle (Provokateure und/oder Saboteure) soll man zwar in der Tat nicht mit Feedback füttern, aber verwahrlosen sollte man seine Fanpage auch nicht lassen. Wenn potentielle Kunden erstmals auf die Ing DiBa treffen, sehen sie auf der Facebook Welcome Page zurzeit eine irritierende Mitteilung, die eher vom Liken und damit Abonnieren des Angebots abhält:
Im ersten Moment sieht der Betrachter keine Einladung ins Facebook-Angebot, sondern eine abschreckende Maßnahme. Auf diese Weise hält die Bank ihre Kunden mit einer inhaltlich nachvollziehbaren, moderaten Stellungnahme sogar noch davon ab, Interesse für die Seite zu entwickeln. Emotional werden die Interessenten sogar abgestoßen, zumal nicht jeder die Fleisch-Diskussion auf der Facebook-Seite gesehen haben wird. Irgenwie wirkt der Eintritt wie das Abbild eines Faxes. Stattdessen sollte ein Like Gate einen guten emotionalen Einstieg bieten, der mir erste Informationen über den Sinn des Facebook-Auftrittes vermittelt und mich nicht unmittelbar zur ideologischen Debatte führen. Die Botschaft sollte sicherlich sein: „Wir nehmen die Diskussion ernst!“ Doch auf mich wirkt es eher wie „Hilfe, ich bin ein Community Manager, holt mich hier raus!“
Leider ist die Ing DiBa innerhalb der rund drei Wochen Vegetarier-Debatte kaum mit eigenen Postings und Kommentaren in Erscheinung getreten: Erst am 10. Januar 2012 gibt es nach der allgemeinen Aufforderung zu mehr Respekt untereinander wieder ein Posting, welches völlig die auf der Fanpage stattfindene Debatte ignoriert:
„Neues Jahr, neue Herausforderung: Sie haben sich für 2012 eine berufliche Weiterentwicklung vorgenommen? Dann schauen Sie sich unsere aktuell rund 40 offenen Stellenangebote an. Und wenn nichts Passendes dabei ist, freuen wir uns auf Ihre Initiativbewerbung. Viel Glück!“ (Facebook Ing DiBa)
Doch der erste Kommentar darauf von R.R. führt sie schon wieder zurück:
„ich bewerb‘ mich erst, wenn der Wochenplan der Diba-Kantine online ist. Und wenn da ein veganes Gericht ‚drauf ist, dann kriegt ihr mich nie….“
Auf der Facebook Fanpage agiert das Unternehmen viel zu zurückhaltend und wenig persönlich. Wenn es an Menschen fehlt, können andere sehr leicht die Agenda bestimmen. Ein Social Media Manager mit eigenem Profil könnte der Debatte etwas von der bisherigen Schärfe nehmen, sollte aber dennoch möglichst neutral bleiben. Doch eines fehlt in jedem Falle: der Content und ein Kommunikationsangebot, die zur Bank passen. Ohne entsprechende Inhalte des Hausherrn wirkt der Facebook-Auftritt nicht besonders positiv auf die Unternehmensreputation ein. Unmoderierte Communities können ein starkes Eigenleben entwickeln und schaden sogar der Imagepflege. Das kann nicht im Interesse der Betreiber liegen. Schon ein bis drei Postings am Tag und vor allem mehr Kommentare könnten mäßigend auf die Akteure wirken.
Gewinnen Sie Ihre Fans lieber mit eigenen Markeninhalten und lassen Sie sich nicht von den „falschen“ Themen in die Irre führen. Jeder Facebook-Fanpage-Betreiber ist für die Atmosphäre und Inhalte auf seinem Angebot in jeder Hinsicht verantwortlich und haftet mitunter auch rechtlich dafür. Aus diesem Grunde ist es opportun, auf die eigene Netiquette/ Hausordnung/ Kommentarrichtlinien zu verweisen und ggf. die Diskussion zu regulieren. Sie haben das Hausrecht dazu. Ob das die Debatte weiter anheizen würde, ist eine andere Frage.
>> Wuv: Interview mit Klaus Eck: Der Wurstkrieg auf Facebook: „ING-Diba interagiert viel zu wenig“
>> Spreerecht: ING-DiBa, Veganer und die Grenzen des Hausrechts auf Facebook-Fanseiten
>> Facebook Page Ing DiBa
>> Frank Patzig: Darf sich die ING-DiBa erpressen lassen?
>> Off the Record:Facebook: Bei ING-DiBa geht`s um die Wurst
>> WUV: ING-Diba und die Facebook-Veganer: „Wir wollen nichts zensieren.“
Bildquelle: Shutterstock
Habe den Film schon gestern gesehen. Veganer sollten einfach kapitulieren.
Mag sein, dass es nach diesem Artikel eine Änderung gab – aber einen Bereich „Hausregeln“ gibt es auf der Facebook-Seite der Bank.
Ich halte es allerdings für überflüssig, Beleidigungen, Beschimpfungen, diskriminierende Äußerungen zu verbieten. Welchen Sinn hat es, seitens des Gesetzgebers bereits sanktioniertes Verhalten selbst noch einmal verbieten zu wollen? Vor allem, soweit es sich um Verbote handelt, die einem durchschnittlichen User sowieso bewusst sein sollten!
Bei rechtlich eindeutig problematischen Inhalten ist sofortiges Löschen (ggf. in Teilen) wohl das Mindeste. Und wenn gerade noch unterhalb einer strafrechtlich relevanten Grenze gepöbelt und beleidigt wird, bedarf es zur Löschung und ähnlichem Vorgehen meines Erachtens auch keiner Hausordnung.
Immerhin: Die Fanpage ist im Gespräch. Wird verlinkt, geliked. Vielleicht ist es im Ergebnis gar nicht so schlimm, dass die Bank nicht aktiver ist.
Ich finde die Reaktion der ING-DiBa (jetzt weiß ich endlich, wie der Name geschrieben wird…) gar nicht so dumm. Bei mir kommt es an als eine „junge“ Bank, die gelassen auch so etwas zulassen kann. Beim Hundemord-Skandal hat McDonalds auch so gehandelt und ist besser weggekommen als adidas, die „offiziell“ Stellung zur Empörungshysterie nahm – das machte ja erst richtig sauer. Ich würde auch sagen: „Das Unerwünschte bekämpft am besten immer sich selbst“ – also ich werde diese „Wulff-Strategie“ meinen Kunden auch weiter empfehlen – abwarten und warten, bis eine neue „Untat“ den Zorn der Massen auf sich lenkt
Eine offizielle Stellungnahme hat es ja sogar gegeben, nur die eigenen Inhalte wurden stiefmütterlich behandelt. Mir fehlt die Antwort auf die Frage, warum jemand auf der FB-Site Fan werden soll.
Wie wäre es denn mit einem Text-Vorschlag, WIE man in die Debatte eingreift. Ein reines „So nicht, sondern bitte besser“ hat noch keinen Berater wirklich hilfreich erscheinen lassen 😉
Ich finde es schon sehr bemerkenswert über welche Kleinigkeiten sich die Nutzer von Heute bewegen lassen, einen solchen Wirbel zu veranstalten. Ich glaube kaum das ich mich als Fleischesser diskriminiert fühlen würde wenn die Werbung mit nem Gemüseladen gemacht worden wäre. Diese Leute haben einfach ZU viel Zeit 😉
Veganer haben damit angefangen und Veganer sind per definition Extremisten.
Auf den ersten Blick erscheint mir der Umgang der Bank mit dem Shitstorm sympathisch und auch sinnvoll, weil es für Toleranz steht und Toleranz wiederum allgemeine Wertschätzung findet. Auf den zweiten Blick scheint mir allerdings auch ein klares Konzept und ein Plan für die inhaltliche Gestaltung der Facebook-Seite zu fehlen…
http://psychoblogger-aktienblog.blogspot.com/2012/01/bei-ing-diba-dreht-sich-aktuell-alles.html
Das sehe ich genauso, es fehlt eine klare Content-Strategie. Das zeigen auch die neuesten eigenen Inhalte auf Facebook.
Wissen Sie überhaupt eine Position zu vertreten?Auf der einen Seite kritisieren Sie das die Bank gelassen mit dem Thema umgeht und somit den Kritikern keinen Raum gibt „Zensur!“ zu schreien.Auf der anderen Seite wollen Sie das ein Unternehmen neutral reagiert.Was denn jetzt?!Kleiner Hinweis: ING-DIBA hat verstanden das FaceBook keine Zweigstelle ist sondern ein Stand auf einem öffentlcihen Marktplatz wo das Unternehmen in Kontakt tritt. Wer dort auftritt darüber bestimmen zu können was ein „Unternehmenspassender“ Kommentar ist hat das Problem was schon Henkel, JW, PUMA und viele andere hatten und noch haben: Aus einer kleinen Minderheit wird die große Mehrheit die sich dank des Internets nicht mehr gefallen lassen muss dass das Unternehmen ihr den Mund verbieten will.
ING-DIBA hat im öffentlichen Ansehen durch die offenen Haltung sehr an Ansehen gewonnen. Im Gegensatz zu PR-Beratern und Kritikern wie Ihnen die den Eindruck hinterlassen das Sie noch nicht wirklich angekommen sein.
„Wenn Du geschwiegen hättest, wärst Du ein Philosoph gewesen“ 😉
Offensichtlich kann man es nicht jedem recht machen. Es wird sich erst nach einer Weile erweisen, ob die ING-Diba jetzt profitiert hat oder nicht. Was bleibt ist, dass sie sich nicht als pöbelnd, zensierend, intolerant, brandsatz-werfend oder ungeschickt deeskalierend erwiesen hat – und das allein durch Schweigen ;-). Das ist doch immerhin was.
Aber ich stimme zu, dass es noch eleganter gewesen wäre, die Hitzigkeit des Themas abzukühlen und durch mehr eigene Inhalte zu „verdünnen“. Doch allein – selbst wenn der Versuch unternommen worden wäre, wer weiß, wie´s ausgegangen wäre … viel Konjunktiv hier 😉 Ich persönlich glaube nicht, dass die „Diskussionsteilnehmer“ räsonierbar gewesen wären.
Hallo zusammen. Spannendes Thema und lehrreich dazu. Mir ist ein Fall dieser Intensität noch nicht untergekommen. Zwei Punkte: Es geht mir hier nicht um Wortklauberei ABER handelt es sich im vorliegenden Fall wirklich um einen Shitstorm? Die Diskussionsteilnemer ziehen nur selten über den Werbespot / die Bank her. Viel häufiger brüllen sie sich gegenseitig nieder. Zweitens macht es mich immer stutzig, wenn ich die Meinung höre, „Augen zu und durch“ oder Scheigen wäre eine ach sol tolle Strategie in sozialen Medien. Ich glaube das nicht, wie wohl es im vorliegenden Fall sehr schwierig sein dürfte partiell einzugreifen, zu mäßigen, etc. Die Folgen davon, möglich wäre eine weitere Eskalationsstufte, lassen wir mal außen vor.
Wichtig ist mir ein Punkt: Wer sagt, wann eine Diskussion beendet ist, wer sagt wann eine Aussage in einem Forum zu stark vom Zweck desselben abweicht? Ist es nicht legitim, dass sich Befürworter und Gegner des Fleischverzehrs auf der ING-DiBa Page treffen und dieses, ihnen so wichtige Thema hier diskutieren? Ich denke ja. Das muss ein Unternehmen dann schon aushalten. Wie es dies aushält bleibt aber ihm selbst überlassen. Aktiv oder passiv, wie die Bank es tut.
Wir alle finden „Märkte sind Gespräche“ ja sowas von schön… Aber so ca. jeder von uns hätte sich schon mal gewünscht Schleusenwärter spielen zu dürfen. Die guten Diskussionen ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. Das spielt es nicht. Auch wenn sich Kunden diesen Eindruck gerne vermitteln lassen
Hallo zusammen. Spannendes Thema und lehrreich dazu. Mir ist ein Fall dieser Intensität noch nicht untergekommen. Zwei Punkte: Es geht mir hier nicht um Wortklauberei ABER handelt es sich im vorliegenden Fall wirklich um einen Shitstorm? Die Diskussionsteilnemer ziehen nur selten über den Werbespot / die Bank her. Viel häufiger brüllen sie sich gegenseitig nieder. Zweitens macht es mich immer stutzig, wenn ich die Meinung höre, „Augen zu und durch“ oder Scheigen wäre eine ach sol tolle Strategie in sozialen Medien. Ich glaube das nicht, wie wohl es im vorliegenden Fall sehr schwierig sein dürfte partiell einzugreifen, zu mäßigen, etc. Die Folgen davon, möglich wäre eine weitere Eskalationsstufte, lassen wir mal außen vor.
Wichtig ist mir ein Punkt: Wer sagt, wann eine Diskussion beendet ist, wer sagt wann eine Aussage in einem Forum zu stark vom Zweck desselben abweicht? Ist es nicht legitim, dass sich Befürworter und Gegner des Fleischverzehrs auf der ING-DiBa Page treffen und dieses, ihnen so wichtige Thema hier diskutieren? Ich denke ja. Das muss ein Unternehmen dann schon aushalten. Wie es dies aushält bleibt aber ihm selbst überlassen. Aktiv oder passiv, wie die Bank es tut.
Wir alle finden „Märkte sind Gespräche“ ja sowas von schön… Aber so ca. jeder von uns hätte sich schon mal gewünscht Schleusenwärter spielen zu dürfen. Die guten Diskussionen ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. Das spielt es nicht. Auch wenn sich Kunden diesen Eindruck gerne vermitteln lassen
Ed, ob Shitstorm der richtige Begriff ist oder nicht, das kann uns eigentlich Wurscht sein, aber es geht um eine Art von Kundenkommunikation, in der unterschiedliche Interessen vertreten werden.
Das Thema mag für die Ing Diba nicht angenehm sein, deshalb sollte sie sich dennoch nicht ganz wegducken, sondern hin und wieder überhaupt aus der Nichtkommunikation auftauchen und eigene neue aufmerksamkeitsstarke Inhalte veröffentlichen. Daran fehlt es bislang: eine Personalmeldung und eine Zahl des Monats wirken nicht besonders spannend. Deshalb ist es kein Wunder, dass das Fleischthema weiterhin die Agenda bestimmt.