Katharina Kulawinski Als Gastautorin im PR-Blogger tätig.

Keine Kontrolle im Social Business ist (k)eine Lösung

3 Minuten Lesedauer

Social Business ist kein Modebegriff, sondern zunehmend Realität. Unternehmen, die den Einsatz von Social Software planen oder diese bereits nutzen, müssen sich zwangsläufig fragen, inwieweit sie die Kommunikation reglementieren wollen oder müssen. Die Angst vor einem Kontrollverlust ist groß. Soll ein Mitarbeiter erst eine Genehmigung anfordern, um neue Arbeitsbereiche, Projekte oder Wikis mithilfe der ihm zur Verfügung stehenden sozialen Technologien zu erstellen? 

Wissen ist Macht. Diese Erkenntnis setzte sich im Zeitalter der Aufklärung durch den englischen Philosophen Francis Bacon durch. Auch einige Jahrhunderte später ist dieses Leitmotiv aktueller denn je. Die Bedeutung von Wissen als Produktionsfaktor für Unternehmen ist in der Wirtschaft angekommen und damit auch die Frage, wie man es am besten zugänglich macht und konserviert.

Tag Cloud
Viele Unternehmen befassen sich unlängst mit Themen wie Content Management, Kollaboration, Networking etc. Verhältnismäßig neu ist die Bereicherung dieses Gebiets um eine soziale Komponente, in der es um die Interaktion der Mitarbeiter untereinander geht. Dies schlägt sich auch in Begriffen wie Social Collaboration, Social Software, Social Enterprise oder Social Business nieder. Eine gute Übersicht darüber gibt das Buch „Social Business“, welches wir vor kurzem im PR-Blogger besprochen haben.

Social im hiesigen Kontext meint nicht unbedingt Corporate Social Responsibility. Vielmehr steht hier der Gedanke der durch Technologie vernetzten Gemeinschaft im Vordergrund, wie man es vom Begriffen wie „Social Media“  oder „soziales Netzwerk“ kennt. 

Stärkere Partizipationsmöglichkeiten im Social Enterprise

Enterprise 2.0 wird in der Regel definiert als die Nutzung von aufstrebenden Social Software Plattformen innerhalb von Unternehmen oder zwischen Unternehmen und ihren Partnern sowie Kunden. Wesentliche Charakteristika sind dabei die Partizipationsmöglichkeiten der Nutzer, Mitarbeiter, Kunden oder Partner. Statt einer klaren Trennung zwischen Informationsanbietern und Informationskonsumenten kann jeder mithilfe von sozialen Technologien seine Meinung kundtun, Wissen teilen oder finden und sich vernetzen.

Dimensionen

User Generated Content als Herz von Enterprise 2.0

Schlüssel zu Netzwerkeffekten durch den Einsatz von Social Software ist der User Generated Content. Soziale Technologien wie Blogs, Foren oder Wikis sowie ganzheitliche Lösungen in Form von sozialen Unternehmensnetzwerken ermöglichen es den Mitarbeitern auf einfache Weise Inhalte innerhalb des Unternehmens zu teilen, Wissen festzuhalten und mit Kollegen an Projekten zusammenzuarbeiten. Abteilungsübergreifende Kommunikation führt das Unternehmen näher zusammen und lockert starre hierarchische Strukturen auf.

Herausforderung im Social Business: Reglementierung von Kommunikation?

Um die Vorteile des Einsatzes von Social Software auszuschöpfen, stellt sich für viele Unternehmen die Frage, inwieweit Kommunikation innerhalb von sozialen Netzwerken reglementiert werden sollte. Braucht ein Mitarbeiter eine Genehmigung um neue Arbeitsbereiche, Projekte oder Wikis zu erstellen? Müssen Kommentare freigegeben werden, bevor sie alle Mitarbeiter lesen dürfen? Welche Administrationsrechte werden den Mitarbeitern gegeben? Welchen Benutzergruppen werden welche Sichtbarkeiten eingeräumt? Dies sind Fragen, die durchaus nicht leichtfertig entschieden werden sollten.

Königsweg keine Kontrolle?

Bereits 2008 thematisierte David Weinberger im Buch „Enterprise 2.0 – Die Kunst loszulassen“ (Buhse & Stamer, 2008) die Herausforderung der Kontrolle im Social Enterprise. Kontrolle verringere zwar das Risiko, verhindere aber gleichzeitig die Erreichung von Netzwerkeffekten. Diese entstünden erst, „wenn das Netzwerk eine Größe und Komplexität erlangt, die es unberechenbar und im Grunde unkontrollierbar macht“ (Weinberger 2008, 91). Auch andere Enterprise 2.0-Literatur tendiert zur kontrolllosen Kommunikation im Social Business: keine Genehmigungsprozesse, so gut wie kein Hierarchieaufbau von Arbeitsbereichen und selbstbestimmte Kommunikation der Mitarbeiter werden häufig empfohlen. Schaut man sich den Aufstieg des Webs zum bedeutendsten Schauplatz der heutigen Zeit an, scheint dies genau der richtige Weg zu sein, um das Business von heute zum Social Business von morgen zu machen. Gemeinsam sind dem Web und dem Social Enterprise demnach eine relativ niedrige Kontrolle, fast unendliche Verlinkungsmöglichkeiten sowie vielzählige Teilnahme- und Entfaltungsoptionen der Nutzer.

Prognose: Kontrolle wird in Zukunft wichtiger

Durch meine Tätigkeit bei der Eck Consulting Group, wo ich mich beruflich mit Enterprise 2.0-Fragestellungen auseinandersetze, möchte ich die Prognose wagen, dass die Kontrolle zukünftig stärker in den Fokus rücken wird. Aktuell sind viele Unternehmen in Deutschland bemüht, soziale Technologien zu integrieren, geeignete Anwendungsfälle für ihr Unternehmen zu definieren und entsprechende Maßnahmen für eine schnelle Mitarbeiterakzeptanz zu treffen. Sobald die kritische Masse in den meisten Unternehmen erreicht sein wird, könnte sich die Fragestellung schnell von „Wie motivieren wir Mitarbeiter in Unternehmensnetzwerken zu partizipieren?“ zu „Wie behalten wir bei der großen Datenmenge die Relevanz von Informationen im Mittelpunkt?“ ändern. Da jüngere Mitarbeiter längst Social Media in ihrem Alltag nutzen, werden die Hürden von sozialen Technologien im Unternehmen in Zukunft immer niedriger und die Datenmengen, die Unternehmen intern handhaben müssen, immer größer ausfallen.

Führung statt Kontrolle

Ob das zu einem Bedeutungszuwachs von Kontrolle führt, hängt von der Definition von Kontrolle ab. Wenn Sie im Duden nachschlagen, lesen Sie in diesem Zusammenhang „dauernde Überwachung, Aufsicht, Überprüfung“ sowie „Herrschaft, Gewalt“. Letzteres kann natürlich nicht im Sinne einer kollaborativen Plattform gemeint sein. Vielmehr geht es hier um die Aufsicht und Moderation einer solchen Technologieintegration.

Schon heute beschäftigen sich sogenannte „Community Manager“ mit der Führung von Online-Communitys. Eine Position, die sich aktuell oft ausschließlich auf die Verwaltung von Social Media Kanälen wie Facebook und Twitter bezieht, wird in Zukunft in Bezug auf interne und externe Unternehmensnetzwerke einen großen Einfluss auf die Produktivitätssteigerung von Unternehmen haben. Nutzer zur gewünschten Plattformanwendung aufzufordern, Inhaltsduplikate aufzudecken oder technische Probleme zu finden und zu beseitigen, wird zu den wichtigen Führungsaktivitäten im Social Business gehören.

Zielgruppe, Unternehmenskultur und Betriebsrat nicht vergessen

Ob und inwieweit die Unternehmenskommunikation in Rahmen der Einführung oder während des Betriebs von Social Software kontrolliert oder beaufsichtigt werden sollte, lässt sich natürlich immer nur im Einzelfall entscheiden. Aspekte wie die Zielgruppe des Enterprise 2.0-Projekts (intern oder extern), die vorherrschende Unternehmenskultur oder die Einbindung des Betriebsrats zu datenschutzrechtlichen Fragestellungen sollten nie unberücksichtigt bleiben.

Ich würde mich freuen, Ihre Meinung zu diesem Thema zu hören.

Bildquelle: Shutterstock

Katharina Kulawinski Als Gastautorin im PR-Blogger tätig.

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