Wibke Ladwig Als Gastautorin im PR-Blogger tätig.

Seeding im Content Marketing

4 Minuten Lesedauer

Foto: Wibke Ladwig

Neulich erreichte mich eine Mail, in der man mich über eine Social Media-Kampagne informierte. Man würde sich freuen, wenn ich mein Netzwerk auf den Wettbewerb aufmerksam machen könnte. Vielleicht möchte ich mich auch selbst mit einem Beitrag beteiligen, hieß es.

Grundsätzlich ist daran nichts zu bemängeln: Beim Seeding geht es darum, so gezielt wie geschickt Inhalte in Netzwerken zu vermarkten. Entscheidend ist die Relevanz, weshalb eine sorgfältige Recherche von Zielgruppe und Netzwerken erfolgen muss. Influencer, also Meinungsbildner und Multiplikatoren, sollen mithilfe von Seeding von Inhalten so überzeugt werden, dass sie diese ebenso überzeugend in ihre Netzwerke teilen. Damit ist Seeding auch Teil von Influencer Relations und Blogger Relations. Seeding kann via Mail, Nachricht bei Facebook oder Twitter, im Brief , telefonisch oder im persönlichen Gespräch erfolgen. Es ist eine Methode, um Reichweite zu erlangen und Inhalte mit hohem Nutzwert für die Zielgruppe möglichst breit zu streuen.

Kampagnen im Gewächshaus

Ich bin immer wieder überrascht, wie viele Kampagnen auf Seeding verzichten, gerade die von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Kampagnen bleiben unter ihren Möglichkeiten, wenn sie darauf setzen, „entdeckt“ zu werden. Und das, obwohl augenscheinlich alles richtig gemacht wurde: es gibt hochwertige und auf die Zielgruppe abgestimmte Inhalte, eine Landingpage oder ein Blog, und sogar an einen eigenen Hashtag hat man gedacht. Die Informationen sind auf der Website und die Kampagne ist startbereit. Wenn eine Kampagne gut ist, spricht sie sich schon rum. Oder?

Es mag viele Gründe geben, warum Kampagnen nicht richtig zünden. Ein Grund kann sein, dass eine Social Media-Kampagne von einer Agentur entwickelt wurde, aber Social Media längst nicht in der Kommunikationsstrategie des Unternehmens verankert ist. Es kann aber auch sein, dass schlicht niemand etwas von der Kampagne mitbekommen hat. Das passiert, selbst wenn ein Unternehmen eine ordentliche theoretische Reichweite hat.

Die Analyse einiger Zahlen bringen vielleicht im Abgleich mit der theoretisch möglichen Reichweite Ernüchterung: Wie hoch ist die Öffnungsrate eines Newsletter? Wie viele Fans sehen ein Facebook-Posting tatsächlich? Wie lange sehen Fans dieses Posting? Wie viele sehen einen Tweet oder klicken auf den Link darin? Wie viele Besucher hat die Website täglich? Wie häufig wird der Blogpost aufgerufen – und gelesen?

Nun ist Seeding eine Möglichkeit, die Reichweite und die Wahrnehmung einer Kampagne zu erhöhen. Aber wie stellt man das am geschicktesten an?

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Unkraut und Schnecken: Seeding als Spam

Beginnen wir damit, was schiefgehen kann: Seeding kann durchaus als Belästigung, sogar als Spam aufgefasst werden. Das kann nach hinten losgehen. Denn für etliche Themen ist die Anzahl von Influencern im deutschsprachigen Raum recht überschaubar. Diese Meinungsführer und Multiplikatoren sprechen miteinander, vor allem, wenn sie über Social Media miteinander verbunden sind. Fällt ein Unternehmen unangenehm auf, spricht sich das herum.

Dies können Faktoren für misslungenes Seeding sein:

  • persönlich unpersönliche Ansprache: Wenig hilfreich, wenn die Angesprochenen merken, dass sie für einfältig gehalten werden. Massenmailings sind in der Wortwahl erkennbar. Da hilft es auch nicht, den Vornamen zu benutzen und grundsätzlich zu duzen.

  • Formatierung missglückt: Mindestens ebenso irritierend ist, wenn Massenmailings nicht nur an der Wortwahl, sondern auch an der Formatierung erkennbar sind. Den Text doppelt reinkopiert? Peinlich!

  • Name falsch: Irritierend ist, wenn ein falscher Name genutzt oder der Name falsch geschrieben wird. Da war wohl jemand mit den Gedanken woanders. Es ist allerdings verzeihlich, wenn der Rest stimmt.

  • Mangelhafte Recherche: Viel hilft viel? Mitnichten. Eine Auswahl von hundert Influencern nur aufgrund einer Stichwortsuche kann ebenso falsch sein wie eine Auswahl nur aufgrund von Fan- oder Followerzahlen.

  • Fehlender Kontext: Eine unangemessen vertrauliche Anrede und die fröhlich verkündete Erwartung, dass man doch sicher gern sein Netzwerk über diese Kampagne informiert, kann bitter aufstoßen. Niemand ist gern der Büttel eines Unternehmens. Nebenbei ist es immer wieder erstaunlich, wie viele Mitarbeiter von Unternehmen ein Blog „interessant“, „toll“ und „thematisch passend“ finden – ohne offenbar jemals einen Blick hineingeworfen zu haben.

  • Inhalte sind prima, aber schwer teilbar. Das kommt leider gar nicht so selten vor, dass sich Kampagneninhalte nicht ohne weiteres via Social Media oder Link teilen lassen. Informationen zum rechtlich sicheren Einbinden von Videos und Fotos sollten ebenfalls nicht fehlen.

Seeding mit dem grünen Daumen

Ein wichtiger Faktor für ein erfolgreiches Seeding ist zunächst einmal Zeit – und Interesse. Seeding beginnt beim stetigen, klugen und nachhaltigen Aufbau eines Netzwerks. Sie können Influencer in der alltäglichen Kommunikation identifizieren und mit ihnen ins Gespräch kommen, nach Möglichkeit auch persönlich. Die Anzahl von Fans oder Followern ist im übrigen weniger entscheidend. Entscheidend ist, mit wem jemand vernetzt ist und ob jemand eine glaubwürdige Stimme in der Community hat.

Die Zeit, die Sie investieren, um sich mit Influencern zu vernetzen und auszutauschen, ist Gold wert: Sie erhalten Erkenntnisse und Ideen für Angebote, die auch für Influencer nützlich sind, und sie sparen letztlich Geld für eine Ad hoc-Recherche und Kommunikation mit hohem Streuverlust. Eine Datenbank, in der Sie die Kontakte der Influencer nebst einigen Schlagwörter sammeln, ist hilfreich.

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Dünger fürs Seeding: Wertschätzung und Respekt

Machen Sie sich Gedanken darüber, warum es für einen Influencer interessant sein könnte, ihre Inhalte weiterzugeben. Ist der Inhalt besonders exklusiv, so dass die Vorabkenntnis für einen Influencer schmeichelhaft oder ein Wissensvorsprung sein kann? Haben Sie selbst sich für Inhalte des Influencers stark gemacht und sich dadurch einen gewissen Bonus erarbeitet? Wie gut passt Ihre Kampagne zu den Inhalten des Influencers? Was hat ein Influencer davon, sein sorgfältig aufgebautes Netzwerk für Sie einzusetzen?

Unternehmen übersehen häufig, wie viel Arbeit, Zeit und Mühe dahinter steckt, sich ein gut funktionierendes Netzwerk aufzubauen und für Themen zum Influencer zu werden – und zu bleiben. Letztlich geht es wie überall in der Kommunikation auch beim Seeding um Glaubwürdigkeit, Wertschätzung und Respekt. Daher sollten weder Bitte noch Danke fehlen, wenn Sie Influencer um einen Gefallen bitten. Die Anfrage, mit der ich diesen Artikel begann, habe ich übrigens abgelehnt, weil es sich offensichtlich um ein Massenmailing handelte. Außerdem war mein Name falsch geschrieben und mir fehlte der Kontext. Dieser ließ sich zwar im Nachhinein herstellen, aber Begeisterung wollte nicht aufkommen.

So schmeckt Seeding

Kurz zuvor erreichten mich formlos via Nachrichten bei Facebook Einladungen zu zwei anderen Kampagnen. Hier stimmten Ansprache, Kontext und das Verhältnis von Geben und Nehmen. Ich habe mich gefreut, mein Netzwerk auf die Leselawine für das Literaturfest München aufmerksam zu machen und selbst munter mitzumachen (vor allem bei Instagram). Heute habe ich meinen Beitrag für die Aktion #groovywords von the grooves eingereicht und ich habe die Informationen dazu gern in meinem Netzwerk geteilt.

Man erntet, was man sät. Das Saatgut ist dabei ebenso wichtig wie der Boden, den man dafür bereitet. 

Wibke Ladwig Als Gastautorin im PR-Blogger tätig.

19 Replies to “Seeding im Content Marketing”

  1. Whow – ein toller Artikel über ein sehr bedenkenswertes Thema. Ich mag die „Bilder“ die dabei im Kopf entstehen, zumal auch bei mir das Bild des Respekts mit dem Mutterboden gleichgesetzt ist, auf dem die4 Saat überhaupt erst aufgehen kann. Wertschätzung und Anerkennung sind wie Dünger und Wasser – individuell dosiert und liebevoll verabreicht. Passt für mich also perfekt. Danke für diesen Text!

  2. Ein umfassender Artikel, den man gerade kleinen Unternehmen mit Lesebefehl zustellen sollte. Wer keine Beratung in Anspruch genommen hat, kommt vielleicht bis zu der Richtlinie „Content is king“, weiß aber nicht, wie er ihn auf den Thron hebt.

    1. Danke, gerade die kleineren und mittelständischen Unternehmen und Unternehmer hatte ich dabei im Blick. Große Unternehmen werden möglicherweise ohnehin andere Methoden wählen und vielleicht gleich eine Seeding-Agentur beauftragen. Alles eine Frage der Budgets.

  3. Sehr schöner Artikel. Verstehen Sie in diesem Fall unter Content Marketing lediglich Inhalte diverser Unternehmen oder würden Sie auch empfehlen, die eigenen Blog-Beiträge zu seeden? Ich hatte darüber nachgedacht für mich relevante Blogger direkt persönlich über neue Inhalte zu informieren, letztendlich ist das dann aber nicht viel mehr als die Verteilung des Contents via Social Media. Daher frage ich mich gerade, ob es noch weitere Mehrwerte für andere relevante Blogger gibt, evtl. das eigene Blog-Thema aufzugreifen und zu verlinken.

    Besten Dank! 🙂

    1. Meiner Ansicht nach ist das Ermessenssache. Die Frage ist weniger, wer für Sie relevant ist, sondern ob Ihre Beiträge relevant für diese Blogger sind oder was sie relevant machen könnte. Ich wäre sehr vorsichtig und würde die Möglichkeit, jemanden auf Beiträge aufmerksam zu machen, nur behutsam anwenden. Sonst landet man rasch in der Spammer-Ecke.

      Von Vorteil ist, wenn man ohnehin miteinander im Gespräch ist – und zwar nicht allein getrieben von dem Gedanken, jemandem Content unterzujubeln. Also alles wie im Leben jenseits des Bildschirms :).

  4. Je mehr ich mich mit den Themenkomplexen Content Marketing und Social Media beschäftige, desto häufiger beschleicht mich der Verdacht, daß klassische Prinzipien der Unternehmens- und Marketingkommunikation künstlich in eine neue Form gepresst werden sollen. „Seeding“ entspricht in wesentlichen Zügen dem Kerngeschäft der klassischen PR. Geändert hat sich lediglich der mediale Rahmen, in dem Meinungen gebildet werden. Das hat auch per se wenig mit Content Marketing zu tun. Nützliche Inhalte haben immer schon eine große Rolle beim „Geben und Nehmen“ im PR-Geschäft gespielt, ebenso wie der respektvolle Umgang mit Multiplikatoren.

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