Anika Geisel Anika Geisel arbeitet im Policy Team von Facebook in Berlin. Zuvor war sie als Senior Consultant bei der Eck Consulting Group für die Konzeption und Betreuung integrierter Onlinemaßnahmen zuständig. Anika Geisel besitzt einen Master in „Medien und Kommunikation“ und schreibt im PR-Blogger über Themen wie Online-Kommunikation, Organisation, Krisenkommunikation sowie Blogger Relations. Privat bloggt sie über die Formel 1 aus Frauensicht.

Langeweile im Social Web oder raus aus der Komfortzone

2 Minuten Lesedauer

Im Jahr 2013 ist es nichts Ungewöhnliches, Unternehmen auf Facebook, Twitter & Co. zu finden. Sie sind dabei, weil sie dort ihre Stakeholder erreichen können.  Die Marketing-, Kommunikations-, Personal- oder gar Service-Abteilungen kommunizieren immer selbstverständlicher im Social Web.

Doch mit der Dynamik, die das Internet tatsächlich bietet, können nur wenige Unternehmen mitgehen. Langwierige Prozesse, zu wenig Ressourcen, keine Content Strategie und fehlendes Know-how blockieren eine gute Online-Kommunikation. Wozu das führt? Zu Content-Einheitsbrei, fehlende Spontanität und Langeweile im Social Web. Unternehmen sollten ihre Komfortzone verlassen – und Neues wagen.

In meinem Newsfeed auf Facebook landen nur wenige Unternehmens-Posts. Der EdgeRank filtert einen Großteil der Postings heraus. Denn nur wirklich Interessantes soll auch bei den Nutzern ankommen.

Mit den vielen Anpassungen, die Facebook regelmäßig an seinem Algorithmus vornimmt, ist die Reichweite der einzelnen Postings bei vielen Unternehmen im Laufe der vergangenen Wochen und Monate gesunken. Fans bekommen in der Regel nur noch jeden zehnten Beitrag zu sehen, nicht viel also. Und: Je mehr Fans eine Seite hat, desto geringer ist die Reichweite. Das zumindest ist das Ergebnis eines Vergleichs von agora pulse.

Doch jede Medaille hat zwei Seiten. Facebook zwingt damit Unternehmen, mit Qualität zu punkten.  Doch was als qualitativ hochwertig gilt, bestimmt das US-Unternehmen. Gleichzeitig müssen sich Community Manager ständig mit den aktuellen Neuerungen bei Facebook auseinandersetzen.

Facebook drückt aufs Tempo

Allein diese Woche wurden zahlreiche Updates veröffentlicht: #Hashtags, veränderte Sortiermöglichkeiten für Kommentare und ein neues Design bei den Facebook Insights.

Bislang haben aber nur wenige Unternehmen tatsächlich auf die Veränderungen reagiert, zum Beispiel die Hashtags. Zur Verteidigung kann man sicherlich anbringen, dass die Hashtags noch nicht bei allen Nutzern aktiviert wurden.

Hashtag-Kampagne von Stiegl auf FacebookPositiv aufgefallen ist mir die Brauerei Stiegl aus Österreich. Dort wurde direkt die Kampagne #StieglSommer gestartet, Nutzer wurden aufgefordert, ihre Bilder entsprechend zu verschlagworten und hochzuladen. Und auch eine Erläuterung zu den neuen Hashtags wurde direkt in der „Stiegl Dorf Post,  der Community, geliefert. Jochen Hencke, Social Media Manager bei  Stiegl, äußert sich wie folgt dazu: „Wir bei Stiegl versuchen es jetzt mal mit den hashtags bei facebook. mal sehen, ob und wie es funktioniert.

Für seine Spontanität ist auch die Autovermietung SIXT mit seinen Plakaten bekannt. Kaum durchwandert ein Thema durch die virtuellen Pinnwände, schon reagiert man mit dem passenden Motiv. Aktuell punktet man mit folgendem Slogan „Für alle, die #Neuland entdecken wollen“ und zeigt die Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einem Subaru Forester.

Für alle, die #Neuland entdecken wollen - SIXT Kampagne

Und genau diese Experimentierfreude fehlt bei einem Großteil der Unternehmen auf Facebook. Die Komfortzone verlassen und einfach mal ausprobieren, so sollte die Devise lauten. Doch interne Strukturen blockieren Spontanität und Ideenreichtum, weswegen wir uns täglich mit dem Einheitsbrei im Social Web herumschlagen müssen.

Viele Faktoren sind entscheidend für den Erfolg, ich möchte heute aber einmal drei Aspekte rausgreifen, die mir besonders wichtig erscheinen.

Ideen brauchen Zeit

Um spannende, interessante, humorvolle und einzigartige Inhalte für die Online-Kommunikation zu erstellen, braucht es vor allem eines: Zeit. Es braucht Zeit, um sich mit den Charakteristika der verschiedenen Onlinekanäle vertraut zu machen. Dazu kommt: Kreativität entsteht selten auf Knopfdruck. Leider ist die Online-Kommunikation immer noch viel zu oft eine Aufgabe, die on-top zu den bisherigen Tätigkeiten erledigt werden soll. Das mag zwar funktionieren, aber eine wirklich innovative und individuelle Kommunikation ist dann oft Fehlanzeige.

Spontanität braucht Freiräume

Eigentlich ist dieser Punkt selbsterklärend. Wer spontan sein will, braucht Freiräume. Langwierige Abstimmungs- und Freigabeprozesse sind kontraproduktiv und verhindern jede Form von Echtzeitkommunikation. Online-Kommunikatoren brauchen die Prokura, sich innerhalb eines festgelegten Rahmens frei zu bewegen. Ein gutes Beispiel ist dafür der Twitterkanal des ZDF. Hier merkt man direkt, dass die Verantwortlichen einen großen Spielraum haben, was die eigenen Tweets betrifft. Aber gerade deshalb ist es so amüsant mit zu verfolgen, weil dieser Humor aus der Situation heraus entsteht.

OnlinekommunikationOnline-Kommunikation erfordert Kompetenzaufbau

Wer souverän in der Onlinewelt kommunizieren möchte, braucht Kompetenzen. Denn nein, es geht nicht darum, Altbewährtes auf die neuen Medien zu übertragen. Es geht nicht darum, Pressemitteilungen nun nicht mehr per E-Mail, sondern auf Facebook zu verschicken. Unternehmen sind mehr denn je gefordert, ihre Inhalte ansprechend und spannend aufzubereiten. Sie schlüpfen somit in die Rolle der Medienvertreter und müssen ihr journalistisches Talent tagtäglich unter Beweis stellen. Mitarbeiter müssen befähigt werden, indem sie die benötigte Aus- und Weiterbildung bekommen. Social Media lebt von Persönlichkeit – und Markenbotschaftern, die mit Herzblut für ihr Unternehmen kommunizieren.

Fazit

Die Digital Economy zwingt Unternehmen dazu, Prozesse zu verschlanken sowie Aufgaben und Kompetenzen neu zu definieren. Das alles ist ein langer Weg, der Zeit beansprucht. Fest steht: Unternehmen müssen sich auf die Transformation zum Digital Business einlassen. Sie müssen Ressourcen freimachen – und gleichzeitig mehr Freiräume zulassen. Die Grundlage dafür sind kompetente Mitarbeiter, die sich souverän und gekonnt in der Onlinewelt bewegen. Mitten drin statt nur dabei!

Anika Geisel Anika Geisel arbeitet im Policy Team von Facebook in Berlin. Zuvor war sie als Senior Consultant bei der Eck Consulting Group für die Konzeption und Betreuung integrierter Onlinemaßnahmen zuständig. Anika Geisel besitzt einen Master in „Medien und Kommunikation“ und schreibt im PR-Blogger über Themen wie Online-Kommunikation, Organisation, Krisenkommunikation sowie Blogger Relations. Privat bloggt sie über die Formel 1 aus Frauensicht.

13 Replies to “Langeweile im Social Web oder raus aus der Komfortzone”

    1. Liebe Doris, das Beispiel mag ich auch gerne. Ich wollte auch nicht sagen, dass es keine Beispiele für gute Kommunikation gibt. Leider blockieren interne Strukturen diese aber viel zu oft, was ich sehr schade finde.

      1. Das liegt dann aber auch meistens daran, dass die Unternehmen entweder nicht die Kompetenz besitzen, sich davor scheuen zu Kommunizieren, da kein ROI sichtbar ist oder weil schlichtweg einfach die Kenntnisse über die Methoden und Funktionsweisen von Social Media Plattformen nicht da sind.

        Laut einer Studie des ECOPSI sind fehlende Kommunikationskentnisse der häuftigste Grund für schlechte oder mangelnde Kommunikation:
        http://www.pressesprecher.com/ressorts/agenda/bildungsluecken-im-kommunikationsmanagement, Studie zum Nachlesen: http://ecopsi.org.uk/ecopsi/files/Ecopsi_CMC_Booklet.pdf. Besonders schlimm sind Unternehmen, deren interne Strukturen an eine klassische Behörde erinnern. Jegliche Kommunikation bedarf mehrfacher Zustimmung verschiedenster Instanzen. Besonders heikel wird die Sache, wenn ein Shitstorm im Anmarsch ist.

  1. Gegenfrage: Warum müssen Unternehmen diesem Hype Internet wie sabbernde Hunde hinterher rennen? Weil Ihnen die Agenturen das so erzählen, um ihrerseits aufgeblasene Offerten zu schalten? Wieso nicht lieber einen Gang zurück? Den User auf sich zukommen lassen. Eine gute Corporate-Website, ein Corporate-Blog, etwas Facebook (reicht als Monolog) und Twitter als Hub für externe Informationen. Mehr braucht es im Kern nicht. Dieser doktorierte Wettlauf, wer als nächstes den schönsten Facebookauftritt hat, nervt…manchmal ist auch im Netz etwas weniger mehr…

    1. Ich bin da absolut bei Ihnen, Herr Salzborn. Viel heißt ja nicht unbedingt gut. Ich bin großer Fan davon, sich auf das wirklich Wesentliche zu konzentrieren – und das richtig gut zu machen. Das ist sicherlich ein Grund, warum Onlinekommunikation nicht spannender ist. Zu viele Kanäle, zu wenig Zeit. Das erleben wir in unserem Beratungsalltag leider sehr häufig.

      1. Bitte meine Worte nicht zu hart aufnehmen. Natürlich bin auch ich daran interessiert, das Optimum aus den Social Media für das Unternehmen heraus zu holen, sonst wäre ich in meinem Beruf falsch. Doch sehe ich eher Gefahren in dem Versuch, immer Neues zu erproben. Studien belegen ja, dass die User ein überhöhtes Engagement abstrafen. Schuster bleibt bei Deinen Leisten – ich bin überzeugt, dass auch die Stakeholder dankbar sind, wenn Sie wissen, wo und wie Sie an das Unternehmen herantreten können, ohne zwischen zehn Plattformen wählen zu müssen und sich erst durch drei Gewinnspiele zu klicken.

      2. Ich erinnere mich dunkel an einen Megahype namens ‚Second life‘. Und wo ist das jetzt? 😉 Social media – ja, unbedingt; aber doch bitte mit Kopf, Herz und Sinn und nicht wie so oft holterdipolter.

      3. Dialog wird völlig überschätzt und ist im klassischen kommunikationswissenschaftlichen Sinne nur begrenzt im Netz durchführbar. Wie soll man denn mit tausenden bis Millionen Fans Dialog führen? Hier werden erneut Luftschlösser gebaut, die dem Kunden vorspielen, das Unternehmen wäre jederzeit auf Facebook für ihn da. Das glaubt der Kunde und probiert es auch; das Unternehmen reagiert aber nicht prompt und in seinem Sinne und schon ist das Geschrei groß. Die Unternehmen sollten nicht immer Sachen versprechen, die sie eh nicht halten können.

      4. Unternehmen sollten so komische „Sachen“ wie Kommunikation mit dem Kunden gar nicht machen – was weiss der denn schon… #neuland

    2. Facebook als Monolog-Kanal? Dann sollte man als Firma gleich Abstand von Facebook nehmen. Es ist ein perfekter Kanal, um endlich den Dialog mit den Kunden zu starten.

  2. Was bei der Rügenwalder-Seite gleich angenehm auffällt: Sie ist nicht aufdringlich, jung und doch für jung und alt aufgemacht – und authentisch! Man denkt hier nicht gleich an abgepackte Wurst, sondern an das ganze schöne Drumherum – aber mit dem ganz klaren „erdigen“ Bezug zur Metzger-„Kunst“. Schönes Beispiel für Content-Marketing und einen Social Media Auftritt. Ich denke, man kann das auch alle Corporate Aktivitäten im Social Web anwenden: Erfolgreich ist, wer authentisch ist. Leichter gesagt als getan, aber man erreicht schon viel, wenn man dem Ganzen etwas den Druck rausnimmt, immer spannender, schöner und schneller als die anderen zu kommunizieren.

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