Wie wirken sich Social Media Aktivitäten der Mitarbeiter auf die Unternehmenskommunikation aus? Macht sich die Presse- oder Marketing-Abteilung selbst überflüssig, wenn die Mitarbeiter im Social Web als Kommunikatoren aktiv werden? Im Gegenteil. Die Kommunikation über ein Team eigenverantwortlicher Markenbotschafter ist anspruchsvoller, strategischer und nachhaltiger als die meisten klassischen Einweg-Marketing-Kanäle. Eine Marketing-Abteilung, die einem Unternehmen Perspektiven und Zugänge im Social Web eröffnet, steigert demnach sogar ihre eigene Wertigkeit für das Unternehmen. Doch diese Perspektive 2.0 lässt sich nicht einfach zusätzlich zu Bestehendem einführen, sondern verändert das Unternehmen Schritt für Schritt auch kulturell. Gefordert ist eine Umstellung von Medien auf Menschen, von Marketing auf Dialog und von Pressearbeit auf Coaching. Für die Markenverantwortlichen bedeutet das einen Wandel in dreifacher Hinsicht:
Sie müssen erstens selbst über die Dialogfähigkeiten verfügen, die Social Media und personalisierte Kommunikation verlangen. Nur so können sie Mitarbeiter glaubhaft intern beraten und kulturelle Irritationen mit neuen Medien, wie z.B. den Umgang mit Kritik oder die Einbindung von Feedback, vermeiden. Eigene Social Media Kompetenz ist allerdings der leichteste, selbstverständliche Schritt in diesem Wandelungsprozess.
Zweitens müssen Kommunikationsabteilungen die eigenen Mitarbeiter für die neuen Formen der Kommunikation mobilisieren und vor allem – motivieren. Dafür muss mitunter das bestehende Arsenal an internen Kommunikationsmaßnahmen angepasst, oder um Social Web-Formate ergänzt werden.
Drittens müssen die Kommunikationsabteilungen2.0 über die Kommunikationsmittel der Markensteuerung2.0 verfügen: Coaching, Training, beratende Begleitung für die Markenbotschafter und ein hohes Verständnis für die unübersichtliche, manchmal zufallsgetriebene Meinungsbildung im Social Web.
Motivate – or die! Die Kommunikationsabteilung als Motivator
Fehlendes Engagement der Mitarbeiter ist eine der häufigsten Ursachen für das Scheitern von Social Media im Unternehmen – und trotzdem kann man mangelndes Engagement nicht einfach den Mitarbeitern anlasten. Social Media sind zusätzlicher Aufwand – oder die beste Form, eigene berufliche Ziele umzusetzen. Die Motivationsfähigkeit der Kommunikationsabteilung entscheidet darüber, welche dieser beiden Varianten bei den Mitarbeitern ankommt. Das „Incentive-Programm“ für die angehenden Markenbotschafter muss dabei kontinuierliche motivationale Reize bieten. Heißt: Die Mitarbeiter / Markenbotschafter müssen für Blogs, Twitter, Aktivitäten in Netzwerken oder auch innovative Formen des Kundendialogs einen konkreten persönlichen Mehrwert bekommen. Dieser motivationale Mehrwert muss Teil eines Social Media Konzepts sein. Die Implementierung von Social Media und die Motivation der Mitarbeiter sind parallele Prozesse, die nur miteinander erfolgreich sein werden.
Ausbildung zum Markenbotschafter h.c. – Die Kommunikationsabteilung als Coaching-Zone
Social Media Kompetenz kann man nicht wirklich durch klassische Schulungsformate vermitteln. Eine neue Kultur des Umgangs und der Kommunikation wird nur durch Erleben gelernt, nicht durch Powerpoint-Präsentationen. Dieses Erleben muss für die Mitarbeiter in den richtigen Dosen aufbereitet und möglichst risikolos präsentiert werden. Simulationen und Social Game-Ansätze haben sich hier als gute „Einstiegshilfen“ erwiesen. Mitarbeiter erleben hier unmittelbares Feedback und lernen an der Situation und im Team ihre kommunikativen Stärken und Schwächen kennen, die direkt verarbeitet werden können. Die Kommunikationsabteilung übernimmt hier die Funktion des Ermöglichers, Begleiters und Unterstützers für die kommenden Markenbotschafter. Diese Unterstützungsleistungen sind auch die eigentlichen Steuerungstools der Kommunikationsabteilung2.0. Das richtige Erleben in Simulationen und Coachings veranlasst Mitarbeiter selbst dazu, verantwortungsvoll und im Sinne der Unternehmensziele zu handeln.
Scouting für die Marke: Die Kommunikationsabteilung als Navigator
Social Media sind so was wie die dritte Dimension der Unternehmenskommunikation. Mit ihnen können kleine Dinge groß, interne Informationen extern und langwierige Prozesse ausgesprochen schnell werden. Gefilmte Scherze zweier Pizzabäcker werden zur existenziellen Unternehmenskrise, einzelne Sätze einer Doktorarbeit werden zum Gegenstand der öffentlichen Diskurses und irgendwo ist immer eine versteckte Kamera, die die neue Transparenz dahin bringt, wo es nicht erwartet wurde. Öffentlichkeitsarbeit wird damit viel komplexer und dynamischer im positiven wie im kritischen Sinne. Das Management dieser Komplexität kann schon aus zeitlichen Gründen nicht den Mitarbeitern überlassen werden. Die Kommunikationsabteilung muss die Meinungslage im Netz kennen, bevor kommuniziert wird, als Ansprechpartner und Coach bei akuten Herausforderungen bereit stehen und trotz des heterogenen Unternehmensumfeldes und der verschiedenen Kommunikationskulturen die langfristigen strategischen Ziele weiter verfolgen. Hierin liegt die neue strategische Steuerungsfunktion der Pressestelle2.0: Als Navigator für die Mitarbeiter / Markenbotschafter, der mit Monitoring-Tools Hintergründe ausleuchtet und viele verschiedene Kommunikatoren und Kanäle zu einer stimmigen Wahrnehmung zusammen führt.
Für die Kommunikation mit Mitarbeitern als Markenbotschafter muss sich die Kommunikationsabteilung ein Stück weit selbst neu erfinden. Klingt dramatisch, ist eigentlich selbstverständlich. Öffentlichkeit und Kommunikationskultur waren und sind ständigen Veränderungen unterworfen und Kommunikationsabteilungen mussten darauf reagieren. Je früher diese Selbstveränderung einsetzt, desto größer sind die Chancen, sich mit neuen Akzenten in der Kommunikation hervor zu tun!
Wie wahr! Danke.
Motivation allein reicht nicht!
Ich finde den Artikel gut und richtungsweisend. In der Konsequenz fehlt jedoch meiner Meinung nach Folgendes in der Betrachtung:
1. Wer schult & coacht die Kommunikationsabteilung, die bisher großteils auch nicht dialogorientiert kommuniziert hat, sondern Information lediglich in Kanäle gepusht hat.
2. Mitarbeiter zum mitmachen zu motivieren ist richtig & wichtig. Doch ein ‚motivationaler Mehrwert‘ allein reicht auf Dauer nicht in der Realität eines Unternehmens. Wenn ein Mitarbeiter zu seiner eigentlichen Aufgabe zusätzlich als Markenbotschafter des Unternehmens auftreten soll, muss sich dies in seinem Stellenprofil wiederfinden und es muss auch eine entsprechende Stundenzahl dafür frei gemacht werden. Niemand kann von einem Markenbotschafter erwarten, dass dies in der Freizeit gemacht wird, ebenso muss sein Vorgesetzter und sein Team mit eingebunden werden, damit die Zeit zur Verfügung gestellt werden kann und neben Motivation auch eine Wertschätzung seiner Arbeit innerhalb der Abteilung zum Ausdruck kommt. Ansonsten wird sich der Mitarbeiter von seiner Botschafterrolle bald wieder verabschieden.
Keine Frage: HR und die Integration von kommunikativen Aufgaben und Skills in Jobprofile spielen eine große Rolle. Das Thema „Mitarbeiter als Markenbotschafter“ kann man in jede Richtung weiter denken und wird immer wieder neue Aspekte finden, z.B. Mitarbeiter als Community, oder Peer Coaching Modelle, Open Innovation, etc. Allerdings passen all diese Aspekte nicht in einen einzigen Blogpost und sollen ein andermal beschrieben werden 😉
das ist richtig…nur bevor man Mitarbeiter motiviert, sollte man zuerst die Rahmenbedingungen schaffen. Viele Unternehmen vernachlässigen dies und ihre Berater ebenfalls.
Das mag von einem HR-Standpunkt aus so stimmen – in der Social Media Praxis glaube ich nicht an Top-Down-Ansätze, die erst vorschreiben und dann mitmachen lassen. Wenn man Social Media Aktivitäten vorschreibt, läuft man Gefahr Content als Pflichterfüllung und Engagement als Last zu erzeugen, nicht wie oben geschildert als persönlichen Zugewinn.
Was ich allerdings sehr begrüßen würde, wäre eine enge Kooperation mit HR bei der Planung und Implementierung, weil deren Kompetenz hier sicher sehr hilfreich wäre. Dann könnte man Kommunikation, Coachings und HR parallel entwickeln und die Frage der „Reihenfolge“ stellt sich gar nicht so scharf. @ Nina Kalmeyer : Ein Brückenschlag?
es geht nicht um Vorschriften, sondern um Rahmenbedingungen. Als ich vor Jahren das Thema Knowledge Management in einem Konzern eingeführt habe, haben wir genau diese Rahmenbedingungen vernachlässigt – daran wäre das Projekt fast gescheitert. Ich rede hier nicht von einem HR Standpunkt aus sondern von einem Projektmanagement/ Implementierungs Standpunkt. Jeder der kann und Lust hat soll mitmachen können, aber nicht auf Kosten seiner Freizeit, seines Standings im Team und vor dem Vorgesetzten. Das ist meine Erfahrung aus der Praxis. – Parallel entwickeln finde ich gut, wenn das Management mitmacht. Die sind nämlich meist nicht begeistert, wenn sie gute Leute auf einmal für andere Aktivitäten außerhalb ihres Profitcenters (auch nur stundenweise) abgeben sollen. Auch gelebte Erfahrung 😉
Hallo zusammen,
wie wichtig es ist, Social-Media-Guidelines für Mitarbeiter zu entwickeln, zeigen die zahlreichen Beispiele, negativer Auswüchse, Beispiele, bei denen die Tonalität nicht stimmt. Eines habe ich hier entdeckt: http://www.kununu.com/de/he/griesheim/bc/friedwald. Für mich ist das ein echter Online-Reputations-Gau. Natürlich gehört zur Kommunikation durch Mitarbeiter im Web 2.0 auch Vertrauen – aber ohne Rahmenbedingungen geht gar nichts …
Hallo Tachajoj, niemand bestreitet, dass Guidelines und Tonalität wichtig sind. Die Frage ist, welches Verfahren angewendet wird, um einerseits Social Media zum Laufen zu bringen, andererseits den Mitarbeitern Unterstützung und Orientierung zu bieten. Hierzu gibt es sehr verkürzt zwei Modelle: Top Down mit Guidelines von Oben, oder Bottom-up, wo derartige Prinzipien in Trainings, Workshops, Simulationen etc. mit den Mitarbeitern entwickelt werden (die 2.0-Variante). Ich halte die letztere für viel geeigneter, weil passend für Social Media, allerdings auch anspruchsvoller. That’s it.
Die Einfachheit der Möglichkeiten Unternehmen positiv wie negativ zu bewerten, wird sicherlich auch dazu führen, dass die Chefs ihre Mitarbeiter entsprechend besser behandeln.