Im zweiten Teil der Interview-Reihe zum Thema "Transparenz" beantwortet der Serial-Entrenpeneur Ibrahim Evsan unsere Fragen. Der Gründer von sevenload arbeitet gemeinsam mit seinen Kollegen von United Prototyp derzeit an einem neuen Projekt: Social Games. Während des Re-Launchs von sevenload in 2008 berichtete der gelernte Werbekaufmann sehr aktiv über den Prozess, die auftretenden Verzögerungen und Probleme und bewies schon damals, dass Transparenz sich auszahlt.
1. Was verbindest Du mit dem Wort Unternehmenstransparenz?
Mitarbeiter müssen die Unternehmenstransparenz leben. Dabei braucht jedes gut vernetzte Unternehmen Gesichter, die es nach außen vertreten.
Diese Personen stehen als Onliner in Kontakt mit allen wichtigen sozialen Netzen und berichten, was im Unternehmen passiert.
Alle Mitarbeiter sollten sich an einergemeinsamen Social Media Guideline orientieren, die den Rahmen der Kommunikation vorgibt.
Die Unternehmenstransparenz umfasst auch die Produktentwicklung und zeigt, wie weit die Entwicklung ist und welche Neuerungen kommen werden. Dabei muss das Unternehmen sich darüber bewusst sein, dass Versprechungen, die in der Entwicklungsphase gemacht werden, nicht immer gehalten werden können. In einem solchen Fall ist eine schnelle und ehrliche Kommunikation der richtige Weg, denn nur Transparenz – auch bei Irrtümern – schafft eine Unternehmens- und Mitarbeiter-Authentizität, die von der Öffentlichkeit honoriert wird. Gleichzeitig ist es wichtig, dass man viel Wissen preisgibt, damit das Know-how der an den Projekten Interessierten zum eigenen hinzukommen kann. Ein Geben und Nehmen in einem transparenten Umfeld, das zu viel Anerkennung und vielleicht sogar Ehre führen kann.
2. Welche Erfahrungen hast Du damit gemacht? (Stichwort: Sevenload, Unitedprototype)
Unternehmenstransparenz wird in ganz unterschiedlichen Dimensionen verstanden und umgesetzt. Die Transparenz wird oft nur nach innen – auf die Mitarbeiter – bezogen, aber die Transparenz nach extern ist für mich der eigentlich entscheidende Punkt. Bei United Prototype gehen wir ganz neue, sehr offene Wege, haben eine ganz eigene Unternehmens-Philosophie, die durch und durch von Transparenz geprägt ist. In unserem Blog berichten wir über alle neuen Entwicklungen und rufen ganz offensiv zur Beteiligung an unseren Projekten auf. Die überwältigende Resonanz scheint uns Recht zu geben und macht uns stolz.
3. Jeff Jarvis und so mancher andere fordert sogar, dass Unternehmen sich auf die totale Transparenz einlassen sollten. Davor haben viele Unternehmen und Deutsche Angst. Wie transparent sollten Geschäftsprozesse tatsächlich sein?
Viele deutsche Unternehmen haben vor einer totalen Transparenz Angst, aber diese stammt aus einer Zeit, als Deutschland noch Weltmarktführer in sehr vielen Bereichen war. Diese Zeit ist vorbei, heute sind wir – im Internet zumindest – eine fast bedeutungslose Nation in Sachen Weiterentwicklung des Internets. Es ist vollkommen klar, dass man bei einer Produktentwicklung nicht alle Details in der Öffentlichkeit breittritt, aber Einzelprobleme lassen sich sehr gut in einer neuen Form von "Open Source" lösen. Meiner Meinung nach sollten Unternehmen aber auf alle Fälle eine hohe Transparenz in den Bereichen Human Relations, Strategien, soziales Engagement und allgemeine Verhaltensregeln in Unternehmen haben.
4. Inwiefern profitieren Unternehmen von der neuen Transparenz im Internet?
Von der neuen Transparenz kann man als Unternehmen im Internet sehr gut profitieren. Man wird erkannt und natürlich kritisiert, aber auch verbessert. Die Offenheit ist zuerst ungewohnt, man rückt als Unternehmer mit seinen Mitarbeitern und den Produkten aus der vermeintlichen Sicherheit seiner eigenen vier Wände heraus in die Öffentlichkeit des Internets und muss sich den Fragen, Ideen und Kritiken der User offensiv stellen. Das ist eine Bereicherung, die ich jedem Unternehmen wünsche, denn man glaubt es zuerst nicht, aber es ist wirklich so: Viele User denken richtig gut mit.
5. Was tust Du für Deine Online-Reputation?
Ich betreibe ein Blog, das sich mit dem Wandel der visuellen Medienlandschaft befasst, pflege meinen Twitter– und Facebook-Stream, habe einen eigenen Posterous Channel, erstelle Video-Clips, Podcasts und bin gern ein Pionier, der neue Services ausprobiert, um neue Nutzen, Chancen und Risiken zu identifizieren. Zudem verstehe ich mich auch als Ideengeber, der die Social Networks dazu nutzt, seine Ideen mit anderen zu diskutieren und weiter zu entwickeln; was natürlich auch andersherum Spaß macht.
6. Welche Bedeutung hat die Persönlichkeit eines Mitarbeiters oder Chefs für die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens?
Die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens hängt direkt von den Mitarbeitern und dem Chef ab. Nur wenn alle Mitarbeiter, inklusive der Chefs, sich darüber bewusst sind, dass – auch ihre private Kommunikation via Facebook etc. – in der Öffentlichkeit auf das Unternehmen bezogen werden, erst dann ist der Grundstein für die Glaubwürdigkeit des ganzen Unternehmens gelegt. Nur ein sympathisches und authentisches Auftreten ist der Garant für die Glaubwürdigkeit des ganzen Unternehmens. Danach muss sich auch die Personalauswahl richten.
7. Wie baut Dein Unternehmen Vertrauen im Umgang mit den Influencern auf? Wie nutzt Ihr dazu Social Media?
In Bezug auf alle Zielgruppen des Unternehmens trifft das gleiche zu: Man muss als Unternehmer die Menschen begeistern, für seine Ideen gewinnen, dazu sind all die oben genannten Punkte sehr wichtig. Dazu reicht das Bloggen und Twittern aber allein nicht aus, denn man muss darüber hinaus einfach erkennen, dass auch eine Online-Freundschaft ein freundschaftliches Fundament braucht. Dieses Fundament besteht zu einem Großteil einfach aus "Zeit", Zeit, die ich mit denen verbringe, die mir wichtig sind, um ihnen freundschaftlich verbunden zu bleiben. Ich gehe auf Messen, Bloggertreffen, Konferenzen, Tagungen, Barcamps und halte selbst als Redner viele Vorträge, um mit den Menschen in Kontakt zu bleiben.
Vielen Dank
>> Transparenz-Interview 2: Stefan Keuchel
>> Im Transparenz-Interview 1: Patrick Brauckmann über Web-Monitoring
Falls Sie ebenfalls Interesse an einem Interview zum Thema Glaubwürdigkeit und Unternehmenstransparenz oder Ihrer Social Media Strategie haben, würde ich mich über Ihre Rückmeldung freuen.
Klaus Eck
Geschäftsführer von sevenload ist ibo jedoch nicht mehr 😉 Gesellschafter, ja!