Wer kann sich den Luxus der Reputation in der Krise leisten? Warum Luxus, wird so mancher fragen, der sich in der Wirtschaft umschaut. Unternehmen wie etwa Apple, die ihre Reputation aus hervorragenden Produkten und Innovationen ziehen, profitieren von der nachhaltigen, konsequenten Pflege von Produkten, was letztendlich nicht nur eine Image-, sondern auch eine Kundenpflege darstellt. Wenn dann noch eine klare und saubere Kommunikation nach innen und außen hinzukommt, wertet dies das Image zusätzlich auf.
Selbst in der Krise finden dann Kommunikation, Produkt und Qualität nachhaltig zu einer Einheit. Denn gerade in schwierigen Zeiten von Krisen und Mangel wird unser Gespür für Nutzen und Nachhaltigkeit geschärft – und für das soziale Verhalten von Unternehmen.
Allerdings scheinen in guten Zeiten viele Unternehmen diese Tugenden nicht entsprechend mit den Zielen ihres Handelns verbunden zu haben. Nachhaltige Unternehmenswerte wurden somit oft nicht ausgebaut oder gestützt, sondern in etlichen Fällen auch zerstört.
Warum sich in guten Zeiten kritischen Kommunikations-Checks von gutmeinenden Beratern unterwerfen, die angesichts starker Umsätze und fetter Gewinne so moralinsaure Fragen wagten: Was leisten wir mehr, besser als die Wettbewerber – und steckt in unseren Leistungen gesellschaftlich sinnvolles und nützliches? Statt dessen galt oft nur das Höher, Schneller, Weiter. Quartalsergebnisse, die oft nur durch geschicktes Bilanz-Doping erreicht wurden. Die Abfindungskultur tat und tut ihr Übrigens dazu. Selbst schuld, wer sich durch die Pflege klassischer Werte vom Drehen großer Räder abhalten lässt.
Außerdem muss ja auch die Frage berechtigt sein, ob in Zeiten des Umbruchs, in Zeiten des Internet, in einer völlig veränderten Kommunikationkultur, in der Nachrichten und Informationen allein schon durch ihre massenhafte Verfügbarkeit ihre Werte verlieren, die klassischen Werte noch bestehen?
Die Antwort gibt die aktuelle Realität. Tatsächlich scheinen die Menschen gerade jetzt nach anderen Werten, mehr Nachhaltigkeit zu suchen. Eine Chance für alle Unternehmen, die das erkannt haben.
Deshalb macht es gerade jetzt für Unternehmen und Persönlichkeiten jetzt Sinn, sich auf Image und Reputation zu besinnen.
Aber, so die Frage, kann man in der Krise tatsächlich Reputation aufbauen? Glauben Mitarbeiter, Kunden und die Öffentlichkeit den Anstrengungen?
Ja, wenn sie sich nicht auf kurzfristige PR- und Werbetünche reduzieren, die rasch verblasst. Das Geld dafür sollte man sparen.
Hingegen ist jetzt gefragt die Ziele zu überprüfen, langfristige Strategien darzustellen – und zwar mit der Kommunikationsrichtung, welchen Nutzen für Kunden und Gesellschaft Unternehmen wirklich bieten. Interessant in dem Zusammenhang, welche Aufladung die malträtierte Marke Opel gewann, als sich Solidarität aus der Schicht der Mitarbeiter und der Händler bildete. Da glauben wohl etliche Menschen mehr an die Marke als die GM-Vorstände, die über Jahre die Marke zerstört haben.
Marken, das wird hier deutlich, leben vom Vertrauen, vom Glauben, von den Emotionen, die Menschen für sie spüren.
In der Krise genügt es aber nicht, die Kommunikation zu ändern, sondern aus einer veränderten Strategie und einem aktiven Handeln heraus, neue, anerkannte Werte zu schaffen – und diese natürlich transparent, lebbar dazustellen.
Wie man es nicht macht, konnte man zuletzt bei der Deutschen Bahn erleben. In den Nachrufen war zwar überall zu lesen, was Hartmut Mehdorn bei der Bahn alles verändert und geschaffen hat, Vertrauen hat er – auch ohne die Schnüffel-Affäre – weder bei Kunden noch Mitarbeitern geweckt. Er hat es bei seinen Durchpeitschungsstrategien nicht geschafft die Menschen mitzunehmen, sie zum Teil des Veränderungsprozesses zu machen.
Rezepte, um Reputation und Kommunikation nachhaltig zu gestalten, gibt es genug, auch wie man die neuen Möglichkeiten des Social Web nutzt, etwa um mehr Transparenz zu erreichen, die Kommunikation zu verbessern. Allerdings sollte man dies in den entsprechenden Dosen tun, weniger ist angesichts des Information Overflow oft mehr. Qualität statt Quantität.
Gerade fiel mit beim Durchforsten meines Rechners ein Themenabriss aus dem Jahr 2004 in die Hand, aus der Zeit als man sich gerade von der geplatzten Blase des Neuen Marktes erholte. Damals war in einem Special des Marketing-Magazins werben & verkaufen das Thema Nachhaltigkeit in Werbung und Kommunikation geplant. Meine Logline zu dem Themenabriss im März 2004 hieß damals:
„Der Trend der Zeit fordert mehr Nachhaltigkeit in der Kommunikation – doch ohne Produktwerte, die Akzeptanz und Vertrauen schaffen, geht es nicht. Die Basis für eine Kommunikation mit Nachhaltigkeit muss das Produkt und die Firmenkultur liefern.“
Nur wer künftig Teil seiner Community ist, mit ihr eng in seinem Handeln und Tun verbunden ist, wird als Unternehmen bestehen. Die Medienbranche, voran die Zeitungen, aber auch das Fernsehen bekommen dies schon heute zu spüren.
Roland Keller
Vor allem die Musikbranche zeigt derzeit, was man alles falsch machen kann. Die Urheberrechts-Debatte nimmt ja langsam groteske Formen an…