Wie viele „Freunde“ haben Sie auf Facebook oder Xing? Sie haben vielleicht einige Hundert „Kontakte“, mit denen Sie sich regelmäßig online austauschen. Dennoch ist das längst nichts Privates mehr, wenn Sie dort Ihre persönliche Meinung in einem Forum veröffentlichen. Das mussten jetzt einige Mitarbeiter der Fluggesellschaft Virgin Atlantic auf äußerst unangenehme Weise lernen. Die Airline präsentiert sich professionell auf Facebook und konnte damit immerhin 7.000 Fans erreichen, die sich mit der Marke Virgin Atlantic identifizieren und über neues Entwicklungen im Unternehmen informiert werden wollen. Doch die Luftlinie reagierte unverhältnismäßig auf die Social-Network-Diskussion ihrer Flugbegleiter.
Nachdem die Angestellten von Virgin Atlantic im Facebook-Forum die Sicherheitsstandards kritisiert und die eigenen Fluggäste als „Prols“ beschimpft hatten, zog das Unternehmen die Reißleine und entließ 13 Flugbegleiter. In einigen Blogs und Medien wird das Social-Media-Engagement des Flugunternehmens als PR-GAU angesehen. Ganz so drastisch sehe ich das nicht.Virgin Airlines hat anscheinend seine Mitarbeiter nicht genügend auf das Web 2.0 vorbereitet und muss jetzt mit den medialen Folgen leben.
Wer ein internationales öffentliches Forum oder Corporate Blog einrichtet, muss einfach damit rechnen, dass es auch einmal harte Kritik von außen oder innen gibt. Negative Reaktionen auf eine Marke gibt es ohnehin immer nur einen Klick weit entfernt im Netz. Doch noch mehr muss man sich vor den in Social Media nicht geschulten eigenen Mitarbeitern fürchten, denen nicht immer klar ist, dass ihre Reaktionen jedermann zugänglich sind und sich entsprechend auch auf die Marke eines Unternehmens auswirken. Ähnliches hat schon bei Jamba vor einigen Jahren eine PR-Krise ausgelöst. Bei Virgin Airlines führte es zum direkten Jobverlust. Wer nicht in die Karrierefalle Internet laufen will, sollte sich als Mitarbeiter durchaus Gedanken machen, was er veröffentlicht. Denn privat ist keine digitale Äußerung mehr. Dazu schafft das Web längst eine viel zu große Transparenz.
Im Winter 2004 kam bereits Delta Airlines durch die Entlassung einer
bloggenden Stewardess in die negativen Schlagzeilen. Ellen Simonetti
hatte Anfang 2004 ein privates Blog eröffnet, in dem die Stewardess
sich selbst als „Königin der Lüfte“ inszenierte. Die Delta-Airlines-Flugbegleiterin berichtete anonym aus ihrem Leben und schmückte ihre Beiträge gerne mit Fotos von ihrem Arbeitsplatz. Einmal ließ sie sich in ihrer Stewardessen-Uniform etwas
freizügiger auf einer Sitzreihe thronend ablichten, was jedoch ihrem Arbeitgeber gar nicht gefiel. Denn anhand ihrer Uniform war eindeutig zu erkennen, für wen sie in Wirklichkeit arbeitete. Und so erhielt
Simonetti kurz nach der Blog-Veröffentlichung der Fotos die fristlose Kündigung von Delta Airlines. Somit scheint die schnelle Entlassung aufgrund von Online-Aktivitäten zumindest unter Flugbegleitern nicht ganz unüblich zu sein …
>> ZDNet.de IT-Business-Blog » Blog Archiv » Virgin Atlantic: Social Network als PR-Katastrophe
>> The Hobson and Holtz Report – Podcast #394: November 3, 2008
>> TheAge: Virgin Atlantic sacks staff over Facebook comments
>> BBC news: Crew sacked over Facebook posts
>> FreshNetworks Blog: Why you should be careful what you say on Facebook
Klaus Eck
Hm –
im aktuellen Fall würde ich mit den VA-Mitarbeitern etwas härter ins Gericht gehen als Sie – ich sehe hier einfach die komplette Eigenverantwortung bei den Mitarbeitern, die durchaus sehen konnten und wissen mussten, dass sie sich auf einer öffentlichen Plattform befinden. Und ähnlich wie eine Elke Heidenreich sich nicht ungestraft in den Medien über ihren (ehemaligen) Arbeitgeber ZDF echauffieren kann und die Sachbearbeiterin einer Versicherung aufpassen muss, wer an der Theke neben ihr sitzt, während sie Interna ausplaudert und deftig über ihren Chef herzieht, muss Kundenbeleidigung in einem dermaßen diesntleistungsorientierten Unternehmen ernsthafte Konsequenzen haben.
Ganz anders ordne ich die Reaktion von Delta Airlines ein – ich frage mich, was genau man der betroffenen Stewardess eigentlich vorwirft; aus den wenigen Einträgen, die ich finden konnte, ist zumindest kein Schaden für ihren Arbeitgeber für mich ersichtlich. Hier scheint einfach die Angst vor Kontrollverlust Raum gegriffen zu haben.
Klar ist aber auch, dass sich Virgin Atlantic, um wieder zum aktuellen fall zurückzukommen, sich selbst einen großen Gefallen tut/täte/getan hätte (wer weiß, was tatsächlich gelaufen ist), wenn eine Öffnung in Social Media sorgfältig intern vorbereitet worden wäre. Das würde Schadensbegranzung auf beiden Seiten betreiben – der kleinste gemeinsame Nenner wäre immerhin, dass die „Denkverweigerer“ nicht behaupten könnten, sie hätten nichts gewusst.
Das ist ein schöner Fall um sich zu vergegenwärtigen, dass längst nicht jedes Unternehmen im Netz tun sollte, was möglich ist, sondern die richtigen Maßnahmen und auch den passenden Zeitpunkt erwischen muss. Die Virgin-Gruppe setzt allerdings so massiv auf ihr Image als „anderser“, hipper, schneller und näher am Kunden, dass facebook, Twitter und Co. vollkommen konsequent erscheinen (persönliche Einschätzung des aktuellen Debakels, gerade auch mit Blick auf die gut laufenden anderen Threads etwa zur Upper Class Suite: „versendet sich“). „Practice what you preach“ wird hier so richtig auf Herz und Nieren geprüft, und leider muss die Kommunikation an solch empfindlichen Schnittstellen wie HR auch Fäden in der Hand halten, die sie nicht selbst spinnt. Das bleibt spannend.
Hallo @klauseck!
Es sind wie fast immer Kommunikationsschwierigkeiten die zu solchen Problemen führen.
Wenn Mitarbeiter nicht vorher gesagt bekommen wie sie sich in Blogs und Netzwerken zu verhalten haben kann es ihnen auch nicht zum Vorwurf gemacht werden (wenn es sich nicht gerade um Vorsätzliche Geschäftsschädigung handelt).
Es müssen schon vom 1. Arbeitstag an klare Regeln festgelegt werden. Am besten direkt nach der Sicherheitsbelehrung, über das Verhalten in Notfällen und wo die Verbandkästen hängen.
Wobei das Unternehmen haften müsste wenn es diese Dinge nicht ausreichend vermittelt hat.
Ich sehr in diesem Bereich viele Arbeitsplätze und Berufszweige entstehen eine Art Medienbeauftragter wird immer wichtiger im Unternehmen.
Gruß Markus Jakobs
Sorry, das sehe ich ähnlich wie Frau Waldhoff. Wer den Unterschied zwischen Intra- und Internet nicht verstanden hat und zugleich nicht selber sehen kann, dass es sich um eine öffentliche Webpräsenz handelt, ist selber schuld. Muss man unbedingt öffentlich gegen die eigene Firma stänkern, sollte man zusehen, dies anonym zu tun, oder man kann sich später nicht beklagen.
Davon abgesehen gehören Sicherheitsmängel sicher nicht in einem Forum angesprochen, sondern intern – wenn man denn tatsächlich Sorge um die „prolligen“ Passagiere trägt und sich nicht nur wichtig machen will.
Ansonsten sehe ich da eine Nische für Weiterbildungsangebote… etwa „Air Your Laundry without Getting Canned“ oder „How to Use the Internet Productively.“ 😉