Seit heute hat sich unser Ex-Außenminister Joschka Fischer unter die Online-Publizisten gemischt. Auf ZEIT online erscheint jeden Montagmorgen um 9:00 Uhr seine exklusive Kolumne. In seinem ersten Artikel beschäftigt sich der renommierte grüne Politiker mit dem Thema Pakistan und bezieht inhaltlich deutlich Stellung: "Gegen die Wand".
Angesichts zahlreicher Kommentare schon bei der Ankündigung seiner politischen Kolumne verwischen sich die Formate. Joschka Fischer wird außerdem auf ZEIT online Essays veröffentlichen und von Gero von Randow in Videogesprächen interviewt.
Im Prinzip könnte es sich bei der ZEIT-Kolumne auch um ein Joschka Fischer-Blog handeln. Schließlich drückt er in seinem ersten (Blog)-Artikel seine klare Meinung aus und erhält zudem online zahlreiche Leserkommentare, auf die er aber vermutlich nicht selbst reagieren wird.
Aber Journalisten mögen selten wirklich Blogs, es sei denn, sie bloggen bereits selbst. Angesichts so seltsamer Aussagen, wie die von Michael Konken, Chef des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), ist die vorsichtige Bezeichnung "Kolumne" bei der geschätzten ZEIT nicht weiter verwunderlich:
"Blogs sind meines Erachtens nur in ganz wenigen Ausnahmefällen
journalistische Erzeugnisse. Sie sind eher der Tummelplatz für
Menschen, die zu feige sind, ihre Meinung frei und unter ihrem Namen zu
veröffentlichen." (M. Konken)
Jedenfalls macht Joschka Fischers Beispiel deutlich, wie stark sich das Web 2.0 trotz derartiger Ausfälle schon jetzt auf den heutigen Journalismus ausgewirkt hat.
>> siehe auch: Indiskretion Ehrensache: Offene E-Mail an Michael Konken, Chef des Deutschen Journalisten-Verbandes
Klaus Eck
Schön wäre es noch, wenn man dort (bei Fischer) kommentieren könnte, ohne dass eine Anmeldung nötig ist.
Tja, das ist bei vielen Blogs auch nicht anders. Aber immerhin geht das Kommentieren überhaupt. In manchen Top 100 Blogs der Blogcharts ist selbst das nicht möglich.
Joschka Fischer „bloggt“ im Prinzip schon länger. Auch wenn es sich beim Project Syndicate nur bedingt um ein Blog handelt, schreibt er hier doch wenigstens unregelmäßig über das Weltgeschehen:
http://www.project-syndicate.org/contributor/886
Kai kam mir zuvor.
Die berechtigte Kritik an Konkens Rede scheint beim Deutschen Journalisten Verband angekommen zu sein. Der DJV veranstaletet jetzt eine Diskussion mit Bloggern auf dem Podium:
„Der Deutsche Journalisten-Verband lädt interessierte Journalistinnen und Journalisten sowie Blogger zu einer Podiumsdiskussion am Donnerstag, den 10. Januar 2008 um 19.00 Uhr in Berlin-Mitte ein. Thema der Diskussionsrunde: „Regeln oder Anarchie? – Journalismus im www“.
Brauchen Online-Medien klar umrissene journalistische Grundregeln, vergleichbar dem Pressekodex für Zeitungen und Zeitschriften? Welche Rolle spielt Qualitätsjournalismus im Internet? Welche Bedeutung kommt im journalistischen Alltag den Blogs zu? Diese Fragen werden vor allem in Internetblogs immer wieder sehr strittig diskutiert. Der DJV will die Diskussion öffentlich mit Medienexperten und Praktikern führen. Über den Journalismus im world wide web diskutieren am 10. Januar unter anderem DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken, Hans-Ulrich Jörges vom Stern, Prof. Dr. Wolfgang Donsbach von der Universität Dresden, Thomas Knüwer vom Handelsblatt-Blog und der Blogger Don Alphonso.“
http://www.djv.de/SingleNews.20.0.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=1163&tx_ttnews%5BbackPid%5D=18&cHash=653429e08d