Anscheinend hat das Wort von der Klowand noch nimmer seine medialen Nachwehen. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass der Stern-Kolumnist Hans-Ulrich Jörges bei der der Vorstellung des Buches "Alpha-Journalisten" laut Sprechblasenblog die Blogger und deren “Dreck von unten” niedermacht und auf diese Weise den Qualitätsjournalismus von den Blogprodukten beinahe hysterisch abgrenzen will: "Die guten Redaktionen sollten ihre Siele geschlossen halten, damit der ganze Dreck von unten nicht durch ihre Scheißhäuser nach oben kommt.”
Jörges macht es sich sehr einfach, indem er vom “Loser Generated Content” spricht und damit alle Web 2.0-Nutzer beschimpft. Vielleicht eine geschickte Art der Selbstinszenierung, die für viel Aufmerksamkeit sorgt und trotz Bad Publicity den einen oder anderen Leser zum Buch: "Die Alpha-Journalisten" führen dürfte, zumal viele Blogger diese erneute Bloggerbeschimpfung aufgreifen werden. Stephan Weichert und Christian Zabel stellen darin Deutschlands Wortführer vor, darunter auch Hans-Ulrich-Jörges. So heißt es in der Zusammenfassung zum Buch:
"Die Alpha-Journalisten. Deutschlands Wortführer im Porträt befasst sich erstmals eingehend mit der derzeitigen Funktions- und Leistungselite im Journalismus, also den deutschen Elitepublizisten, die tagtäglich als Leitartikler, Kolumnist, Chefredakteur und Moderator das öffentliche Stimmungsbild in Deutschland maßgeblich beeinflussen."
Warum nur suchen die Star-Journalisten immer wieder diese Art der Auseinandersetzung? Ist es etwa die Angst, dass ihre Rolle in unserer Gesellschaft zunehmend hinterfragt wird und sie ihre Funktion als Gatekeeper längst verloren haben?
Wenn sich die Nicht-Journalisten online organisieren, sollten sich Journalisten nach Ansicht des Kommunikationswissenschaftlers Jan Schmidt tatsächlich vorsehen.
Der Bamberger Kommunikationswissenschaftler meinte Anfang des Jahres: "Die Stellung des
Journalismus als Gatekeeper verschwindet!" Alles wird in Zukunft von
Laien veröffentlicht, was sich online publizieren lässt. Mit Pöbeleien allein wird sich dieses Faktum nicht aus der Welt schaffen lassen.
>> Sprechblasenblog: Alpha-Journalisten unter sich — Ein kleiner Bericht von der Buchvorstellung “Die Alpha-Journalisten”, mit einigen Alpha-Journalisten auf der Bühne und anderen im Publikum – Matthias Kiesselbach
>> Medienrauschen: Vom ‘Loser Generated Content’
>> via Indiskretion Ehrensache: Jetzt auch Du, Jörges
Klaus Eck
„Angst“ ist hier das richtige Stichwort. Die so wettern, sind getrieben von Angst und verzweifelt darüber, dass sie die Aufmerksamkeit, von der sie so abhängig sind, in Zukunft mit vielen anderen teilen.
Qualitätsunterschiede gibt es sowohl in neuen Medien als auch im Printbereich. Wir Blogger können die Entwicklung ganz gelassen sehen. Ich muss kein Hellseher sein, um vorherzusagen, dass da einige verschnarchte Leute rechts überholt werden.
Danke für den Hinweis – in der Tat ist es ermüdend, in den Diskussionen um Journalismus und Web 2.0 immer wieder solche Thesen von „Klowänden“ etc. zu hören, wo doch inzwischen eine Vielzahl von Studien gezeigt haben, dass es eher um Komplementarität als um Konkurrenz der verschiedenen Öffentlichkeiten geht.
Wenn ich mein Zitat „Die Stellung des Journalismus als Gatekeeper verschwindet!“ selbst korrigieren darf – ich würde lieber davon sprechen, dass die „Monopolstellung“ des journalistischen Gatekeepers verschwindet. Journalismus wird es weiterhin geben, nur kommen neue, zusätzliche Mechanismen der Aufmerksamkeitskanalisierung hinzu, die stärker nutzergetrieben sind:
a) Das Aggregieren einer Vielzahl von Nutzermeinungen und -selektionen , z.B. in Form von „most viewed videos“ bei Youtube, von Tag Clouds und von kollaborativen Ranking Mechanismen a la Digg oder Rivva
b) Das Zusammenstellen von persönlichen Informationsrepertoires durch die Nutzer, das vor allem durch RSS möglich wird.
Wenn diese Gedanken interessieren: Für das Journalismus-Journal habe ich letztens einen entsprechenden Essay verfasst, der sich hier findet: http://www.bamberg-gewinnt.de/wordpress/archives/737
„Alpha-Journalisten“, „Funktionselite“, Leistungselite“, „Elitepublizisten“…
… wie tief muss man sinken, um es nötig zu haben sich derart peinlich in Selbstüberschätzung zu suhlen?
Mich erinnert das ganze ein bisschen an 1989, wo Betonköpfe im damals noch anderen Teil Deutschlands noch wild um sich geschlagen haben, während die „User“ auf der Strasse standen und deutlich machten, wer das Volk sei… Ein bisschen mehr Reflexionsvermögen und Demokratieverständis, vor allem aber Respekt vor den eigenen Lesern stünde manchem Journalisten gut zu Gesicht in diesen Tagen.