Nach einer längeren Pause nutze ich die aktuelle Web 2.0-Diskussion, um die Rubrik "Nachgebloggt" im PR Blogger wieder zu reanimieren. Die Deutsche Telekom hat
in Ihrer Pressekonferenz am 01. März 2007 das Thema Web 2.0 als strategische
Stoßrichtung identifiziert. Schon Ende 2006 erschien bei der Arthur D.
Little GmbH – Strategieberatung eine Studie zum Thema Web 2.0 mit einem
Schwerpunkt auf Telekommunikation. Dies habe ich jetzt zum Anlass genonmen, an den Autor der Studie, Jürgen Morath, einige Fragen zu richten. Er ist
langjähriger Experte im Bereich Web und Telekommunikation und Partner der TIME
Practice bei Arthur D. Little.
>> Jeden Tag
liest man zurzeit in den Medien etwas über das Web 2.0. In den vergangenen Monaten konnte man Akquisitionen
insbesondere im Social Community Bereich beobachten und es scheint, als wäre
ein neuer Hype im Internet ausgebrochen. Ist dem wirklich so? Warum ist das Thema für
Telekommunikationsunternehmen so wichtig?
Web 2.0 ist
inzwischen selber zum Commodity-Thema in der Web- und Medienwelt avanciert. Nicht
überall wo das Label "2.0" draufgepackt wird, ist auch 2.0 drin. Unsere
Studie "Web reloaded? Driving convergence in the real world" beschäftigt
sich neben der Begriffsfindung viel mehr mit den Auswirkungen die das soziale
Web auf bestehende Geschäftsmodelle der Telekommunikations- und Medienindustrie
hat. Durch disruptive Technologien und neue Anwendungsmöglichkeiten werden bestehende
Wertschöpfungsstufen in diesen traditionellen Industrien bedroht, bieten aber
auch gleichsam neue Chancen.Nehmen Sie das Thema VoIP – täglich steigt die
Zahl derer, die VoIP zumindest ergänzend nutzen und damit den klassischen
Telekommunikationsanbietern Geschäft wegnehmen. Mehr und mehr Voice Dienste werden über
Datendienste und damit über das IP-Protokoll abgewickelt. Möglich wurde diese
Revolution erst durch das Vorpreschen von Diensten wie Skype, JaJah oder google
talk. Die klassischen Netzanbieter müssen darauf achten, dass Sie nicht zur
reinen "Bit Pipe" verkommen, während die kritische Frage für VoIP
Anbieter ist, ob es ihnen gelingt, ihre Geschäftsmodelle rein über Werbung zu finanzieren.
Klar ist, dass der Wertschöpfungsverlust
in Form von entgangenen Tarifen auf der Seite der Netzanbieter nicht voll durch
Werbung kompensiert werden kann. Mittelfristig müssen sich Web Player und
Netzanbieter in irgendeiner Form arrangieren, wenn beide bestehen wollen.
>> Was ist
dann für Sie Web 2.0?
Wir
differenzieren in sechs verschiedene Web 2.0 Business Cluster, in die wir den
Web 2.0 Markt und seine Anwendungen aufteilen. Basierend auf dieser Einteilung
sehen wir unterschiedlich Entwicklungen für einzelne Marktsegmente und
entsprechende Geschäftsmodelle. Unter dem Themenschwerpunkt Service Konvergenz
haben wir uns angeschaut, wie sich der Markt der Telekommunikations- und
Medienunternehmen verändert und welchen Einfluss Web 2.0 auf deren Geschäft hat.
Ich sehe hier als einen wichtigen Punkt das Thema Partnering an – also wie
können einzelne Web 2.0 Unternehmen mit traditionellen Unternehmen aus dem
Telekommunikations und Medienbereich zusammenarbeiten.Interessanter Weise
sieht man ja kaum eigene Web 2.0 Entwicklungen durch die traditionellen
Industrien. Im Regelfall werden erfolgreiche Web 2.0 Services akquiriert bzw.
über entsprechende Partneringmodelle eingebunden (siehe T-Online/Cyworld, Holtzbrinck/StudiVz
etc.)Schließlich das Thema Geschäftsmodelle. Grundsätzlich lassen sich zwei
Geschäftsmodelle feststellen, werbefinanzierte Modelle wie dies Google bzw.
YouTube verfolgen oder transaktionsabhängige Modelle wie bspw. bei Xing.
Welches Modell bzw. Mischmodell in welcher Spielart richtig ist, ist abhängig
vom Web 2.0 Cluster, dem Marktumfeld, der Zahlungsbereitschaft der Nutzer und
einer Reihe weiterer Faktoren. Dementsprechend entwickeln sich auch die
einzelnen Geschäftsmodelle.
>> Und wohin
geht Ihrer Meinung der Markt im Bereich Telekommunikation bezogen auf das Thema
Web 2.0?
Das Thema
Web 2.0 ist in der Breite noch gar nicht da. Viele der Anwendungen die unter
Web 2.0 firmieren, sind noch nicht das, was O´Reilly vielleicht mit dem Begriff
ursprünglich gemeint hat. Wir sehen derzeit eine Menge Versuche, Web 2.0
Services aufzubauen – alleine das Beta-Label auf der Startpage reicht jedoch
nicht aus, um einen echten Web 2.0 Service aufzubauen.Grundsätzlich
sehe ich aber einen entscheidenden Einfluss von Web 2.0 bei dem, was wir
"Hybrid Interaction Services" nennen, ohne hier eigentlich gleich
noch ein neues Schlagwort einführen zu wollen. Hybrid Interaction Services
verbinden mobile mit stationärer Kommunikation und nutzen die Logik der Web 2.0
Dienste bei der Weiterentwicklung bestehender Kommunikationsservices.Es gilt
also die Web-Welt mit der klassischen Kommunikationswelt zu verzahnen. Web 2.0
konsequent zu Ende gedacht heißt, dass sich User jederzeit (stationär, mobil) und
überall eines Sets von Interaktionsservices (Sprache, Text, Bild, Video) bedienen
können, deren Ausprägung sie selber definieren.Ich spreche hier von Services,
die es dem User ermöglichen zu wählen, ob er per Instant Messenger oder Voice kommunizieren
will, ob er eine Voice Message in Text umwandeln will, ob er mobil oder
stationär erreichbar ist, ob er seine Lokation preisgeben will, wie er mit
definierten "Buddy-Groups" kommunizieren will etc. Persönliche und
soziale Vernetzung verschmolzen und definiert durch den User wird das Thema der
nächsten Zeit sein.Die meisten
Services hierzu sind bereits vorhanden – allerdings sind diese derzeit überwiegend
nur in der Web-Welt zu finden. Die Herausforderung ist es, diese in unsere
"normale" Kommunikationswelt zu überführen. Interessante erste
Versuche gibt es hier bereits: Nimbuzz oder auch X-Services von 3. Darüber
hinaus werden werbefinanzierte Geschäftsmodelle stärkere Bedeutung erlangen.
Hier wird es interessant sein zu sehen, wie klassische Kommunikationsanbieter
damit umgehen. Blyk, ein MVNO, der im Sommer in UK startet, ist hier ein erster
Vorreiter, der wohl Voiceservices durch Werbung finanzieren wird.
>> Gibt es schon eine Telekommunikation 2.0? Was bringt die Zukunft?
Ich denke,
dass hier in den nächsten Monaten noch viel passieren wird. Gerade erst hat
Second Life neben der Instant Messaging Kommunikation nun auch Voice
Kommunikation angeboten. User können nun direkt miteinander sprechen bzw.
telefonieren. Wenn immer mehr Menschen in Virtuellen Welten wie Second Life
miteinander kommunizieren, hat dies auch Auswirkungen auf das traditionelle
Voice Geschäft der Telekommunikationsanbieter, die sich auf diese neuen Welten
und Nutzungsverhalten der User einstellen müssen.
>> PR Blogger: 19. Nachgebloggt: Sten Franke zu Blog-Monitoring
>> PR Blogger: 18. Nachgebloggt: Christian Ulrich zu Fischers fixingBlog
>> PR Blogger: 17. Nachgebloggt: Kai Tietjen zu Mister Wong
Klaus Eck
Top-Beitrag. Mehr davon. Danke!