In letzter Zeit häuften sich die Fälle, in denen vertrauliche E-Mails von Journalisten als Quelle genutzt worden sind. Auch Blogger geben gerne die Inhalte von E-Mails direkt wieder. Dabei dürfen als vertraulich gekennzeichnete E-Mails nicht ohne weiteres im Internet veröffentlicht werden. Zu dem Urteil kam das Landgericht Köln am 6. September 2006. Es hat den Betreiber einer Informationsplattform nicht nur zur umgehenden Löschung, sondern für seine Indiskretion auch zum Schadensersatz verurteilt. Der Angeklagte berichtete über die Praktiken einer Aktiengesellschaft und stellte in diesem Zusammenhang zwei firmeninterne E-Mails im Wortlaut online, die jedoch nicht an ihn persönlich adressiert waren. Die eine E-Mail war in der Betreffzeile mit "vertraulich" gekennzeichnet, während die andere Mail erkennbar vertraulichen Inhalt hatte.
Im Urteil des Landesgerichts hieß es, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht nur für private sondern auch für vertrauliche geschäftliche Korrespondenzen beansprucht werden kann. Zwar ist es grundsätzlich legitim, die Öffentlichkeit über fremde Geschäftspraktiken wahrheitsgemäß zu informieren, jedoch ist der Vertraulichkeitsvermerk in E-Mails dazu gedacht eine Geheimsphäre abzustecken, die dementsprechend geachtet werden muss. Entscheidend bei dem Urteil war auch, dass der Mann sich die E-Mails nach Angaben des Gerichts auf "unlautere Weise" beschafft hatte. Die Höhe der Schadensersatzsumme richtet sich nach den Zugriffszahlen, die der Beklagte jetzt offen legen muss. Der Fall zeigt klar, dass es in Zukunft teuer werden kann im Internet fremde E-Mails zu veröffentlichen.
Dazu passt der Fall des Microsofts Deutschlandchef Jürgen Gallmann, der die Gründe seines Rücktritts in einer internen E-Mail an die Microsoft-Mitarbeiter darlegte. Der Inhalt der Mail landete nicht wenig später in der Redaktion der FTD, die Auszüge in ihre Berichterstattung einfließen ließ. Bei den Gründen handelt es sich eindeutig um private Angelegenheiten von Herrn Gallmann, weshalb hier eigentlich auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht und der Schutz der Privatsphäre gelten müsste.
Gespannt bin ich darauf, wann die ersten Blogger, die vertrauliche E-Mails publizieren, unter Anklage gestellt werden. Oder kennt jemand schon derartige Fälle?
Verena Schmunk
Quelle: Financial Times Deutschland, Ausgabe vom Dienstag, den 26. September 2006
Da würde es helfen, wenn die Leute, die EMails veröffentlichen wollen, ihr journalistisches Handwerkszeug beherrschen. Der Inhalt einer E-Mail darf nämlich sehr wohl widergegeben werden: „in einer E-Mail, die der Redaktion vorliegt, äußert Herr Müller gegenüber seinem Vorgesetzten die Befürchtung, die Insolvenz sei nicht mehr aufzuhalten“
Bei dem Vorfall handelt es sich um eine E-Mail, die als „vertraulich“ gekennzeichnet wurde. Da diese Art von E-Mailkorrespondez wiederum in die Kategorie „Privatspähre“ fällt, dürfen Inhalte aus dieser elektronischen Post nicht einfach so veröffentlicht werden. Bei E-Mails ohne ausdrückliche Notiz einer vertraulichen Meldung ist eine Veröffentlichung selbstverständlich rechtens. Hier entscheidet im Zweifel der Richter, ob es sich bei dem Inhalt um eine klar erkenntliche private Botschaft handelt, die wiederum vor einer öffentlichen Publikation zu schützen gilt.(Siehe Gesetzesurteil im oben beschriebenen Fall.)
Verena Schmunk
Wenn Herr Gallmann zurücktritt, ist das keinesfalls seine Privatangelegenheit. Und die Gründe, die er nannte, waren auch keineswegs privater Natur und ich nehme doch stark an, dass ein Unternehmen wie Microsoft darauf eingestellt ist, dass ein Brief wie dieser öffentlich wird.