Klaus Eck Klaus Eck ist freier Kommunikationsberater und einer der führenden Corporate-Influencer-Experten in Deutschland. Er ist Social-Media-Pionier, Buchautor und Content-Marketing-Profi. Zu seinen Hauptaufgaben gehört die strategische Begleitung von Corporate-Influencer-Programmen. Seit Februar 2020 moderiert er regelmäßig das Corporate Influencer Breakfast und hat mehr als 80 Talks mit Gästen initiiert, in denen diese über ihre Erfahrungen mit Personal Branding, Corporate Influencern und CEO-Kommunikation berichten. Follow on LinkedIn

Wall Street Journal findet zu wenig Aufmerksamkeit bei Bloggern

2 Minuten Lesedauer

Das Wall Street Journal befindet sich in finanzieller Not, weil die Anzeigenerlöse stark zurückgegangen sind. Schuld daran ist die neue Wettbewerbssituation, meint Marc Pitzke auf Spiegel Online. Denn die Kunden schalten ihre Anzeigen inzwischen lieber bei Yahoo, Google oder in lokalen Angeboten. Der Verlag Dow Jones & Co muss damit rechnen, dass die besten Zeiten für die zweitgrößte Zeitung der USA vorbei sind. Hierbei zitiert der Spiegel den Journalismusprofessor Adam Penenberg von der New York University: "Das ‚Journal‘ droht, irrelevant zu werden."

Dabei hat das Wall Street Journal eine sehr gute Online-Präsenz, die allerdings nur für die derzeit 731.000
zahlenden Online-Abonnenten frei zugänglich ist. Mit ihrem Paid-Content-Angebot steht die Online-Zeitung jedoch in direkter Konkurrenz mit vielen frei verfügbaren US-Zeitungen, darunter auch die "New York Times". Paid Content ist eine wichtige Einnahmequelle für den Verlag geworden. Das wirkt sich auf die Wahrnehmung der Marke negativ aus, weil sie faktisch online kaum noch Aufmerksamkeit findet. Bei einer Online-Recherche fehlen Ergebnisse des Wall Street Journals. Kein Wunder, denn der Content wird hinter einer Paid-Content-Barriere verborgen gehalten. Aus diesem Grunde können Blogger auf die meisten WSJ-Artikel  keine direkten Links setzen, was sich in der heutigen Aufmerksamkeitsökonomie sehr negativ auswirkt.

Bloggern kommt im redaktionellen Marketing eine immer bedeutendere Rolle zu, da sie in ihren Weblogs einzelne Artikel kommentieren und empfehlen. Darüber rücken immer mehr einzelne Artikel in den Fokus der Leser. Für den deutschsprachigen Raum gibt es bei Blogstats eine gute Übersicht über die meistverlinkten Nachrichten der letzten 24 Stunden.

Im November 2004 hatte das Wall Street Journal für einige Tage seine digitalen Pforten im Rahmen einer Promotion-Aktion
geöffnet.Dadurch konnten alle Onliner das Content-Angebot der Dow Jones-Finanz-Site gratis testen, ohne dafür in irgendeiner Weise in Vorleistung gehen zu müssen. Ermöglicht wurde der kostenlose Zugang zum Paid Content-Angebot durch Sponsoren.

Die Bedeutung der Blogger hat der Dow Jones & Co somit früh erkannt und schon in einigen Bereich experimentiert. So bietet das Wall Street Journal jeden Tag einen freien Bericht an, den Blogger verlinken dürfen. Die WSJ-Macher haben durchaus erkannt, dass Promi-Blogger den Traffic auf ihrem Web-Angebot steigern und letztlich dafür werben können.

Bisher hielt ich das Wall Street Journal immer für ein gutes Beispiel dafür, dass Paid-Content-Strategien und die Einbindung von Bloggern kein
Widerspruch sein müssen.

"WSJ.com faces particular challenges in attracting
and fully exploiting link-directed readers, as it is largely a
subscription-only site and many bloggers prefer not to link to articles
that aren’t openly accessible. It’s interesting, then, that the
Journal’s has been among the most aggressive sites in recruiting blog
traffic."
(editor & publisher)

Immerhin hat das Wall Street Journal von seinem interaktiven Ansatz und einer gewissen Offenheit gegenüber innovativen Experimenten profitiert.

"So it’s no surprise that many editors of newspaper Web sites are
looking at how to effectively integrate blogs into their content
offerings — and how to capitalize on the readership outside blogs often
send to articles and features posted on newspaper sites." (editor & publisher)

Anscheinend reichte die bisherige Innovationsfreunde jedoch nicht aus, um in der sich rasant entwickelnden Aufmerksamkeitsökonomie mitzuhalten. In einer Zeit, in der die Online-Anzeigenumsätze wieder steigen und das klassische Anzeigengeschäft stagniert, stellt sich mir die Frage, ob ein absolut geschlossenes Online-Angebot im Zeitungsmarkt noch zeitgemäß ist.

>> Spiegel Online: "Wall Street Journal" in Not – Flaggschiff in der Flaute
>> PR Blogger: Verlage profitieren von der Blogger-Promotion – August 2004
>> editor & publisher: Newspaper 2.0: The Blog Revolution  (Paid Content)
>> editor & publisher: Newspaper 2.0: The Blog Revolution -"Part
II: Taking better advantage of blog-directed traffic is all well and
good, but newspapers are looking to jump into the blogging game
themselves, too."  (Paid Content)

Klaus Eck Klaus Eck ist freier Kommunikationsberater und einer der führenden Corporate-Influencer-Experten in Deutschland. Er ist Social-Media-Pionier, Buchautor und Content-Marketing-Profi. Zu seinen Hauptaufgaben gehört die strategische Begleitung von Corporate-Influencer-Programmen. Seit Februar 2020 moderiert er regelmäßig das Corporate Influencer Breakfast und hat mehr als 80 Talks mit Gästen initiiert, in denen diese über ihre Erfahrungen mit Personal Branding, Corporate Influencern und CEO-Kommunikation berichten. Follow on LinkedIn

3 Replies to “Wall Street Journal findet zu wenig Aufmerksamkeit bei Bloggern”

  1. Spannende Diskussion. Denn: Was hilft es dem WSJ, wenn es bei Google vorne auftaucht? Mehr Klicks, dadurch mehr Online-Werbung – sicher. Im Gegenzug aber lässt sich der Abo-Preis nicht mehr halten. Und damit wären wir bei der Diskussion die schon vor fünf Jahren zu keiner Antwort führte: Paid Content oder Werbung?

  2. Das Problem ist wohl eher, dass sich Verlage „Online-Gedanken“ machen müssen. Die „Papier-Gedanken“ reichen bald nicht mehr aus für ein Bestehen. Aber d.h. auch dass sich ein neues Businessmodell entwickeln muss für Nachrichtenlieferanten. Denn was bisher geklappt hat, wird mit der zunehmenden Zahl von Online-Lesern einfach nicht mehr klappen.
    Und wer liest von den Online-Lesern wirklich gerne online? Die meisten scannen doch nur, was zu solchen Magazinen wie beispielsweise dem Focus führen, deren Artikel doch selten über eine Seite rauskommen. Scannen und nicht Lesen. und mit diesen Scannern werden die Verlage ein Modell brauchen, das sich rechnet.

  3. Ich glaube, die Fragestellung „Paid Content oder Werbung“ stammt aus der Zeit vor den großen Experimenten mit Paid Content. Man dachte, die Zugriffszahlen müssten einbrechen, ergo sei die Seite für Werbetreibende dann nicht mehr interessant. Das kann man heute nicht mehr so stehen lassen.
    Wenn ich lese, dass das WSJ über 700.000 zahlende Online-Abonnenten hat, dann erzeugen die auch entsprechend hohe Abrufzahlen, sprich genug AdViews.
    Bedenkt man dann noch, dass Interessen und Verhaltensweisen registrierter Nutzer natürlich viel besser bekannt sind als bei namenlosen IP-Adressen, wird das noch einmal interessanter für Werbetreibende.
    Ich könnte mir vorstellen, dass sich eine Zwei-Klassen-Gesellschaft bildet, bestehend einerseits aus Seiten, die weitgehend alles frei zugänglich lassen, entsprechend stark verlinkt werden und dann über die Masse der Besucher Werbung verkaufen (wie z.B. Spiegel Online, nach eigenen Aussagen schon heute profitabel). Und andererseits aus Seiten, die sich aufgrund exklusiver Inhalte einen treuen und vor allem klar umrissenen Leserstamm erarbeitet haben, der sich gut vermarkten lässt – man denke da zusätzlich an die Potenziale des E-Mailmarketings. Und wie immer werden sich andere dazwischen positionieren.

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