Klaus Eck Klaus Eck ist freier Kommunikationsberater und einer der führenden Corporate-Influencer-Experten in Deutschland. Er ist Social-Media-Pionier, Buchautor und Content-Marketing-Profi. Zu seinen Hauptaufgaben gehört die strategische Begleitung von Corporate-Influencer-Programmen. Seit Februar 2020 moderiert er regelmäßig das Corporate Influencer Breakfast und hat mehr als 80 Talks mit Gästen initiiert, in denen diese über ihre Erfahrungen mit Personal Branding, Corporate Influencern und CEO-Kommunikation berichten. Follow on LinkedIn

Das menschliche Marketing-Tool

2 Minuten Lesedauer

In der aktuellen Neon regt sich ein Autor sehr über die Mitarbeitervermarktung in den Unternehmen auf und stellt die Fragen: Sind Sie ein Chef-Liker oder ein „Glücksbärchen (Testimonial) im Firmenvideo“? Hoffentlich nicht!

Eine gute Unternehmenspräsenz im Social Web lebt von engagierten Mitarbeitern, die sich mit ihrem Online-Profil zeigen. Wer sich hingegen im Web hinter einer abstrakten Adresse versteckt und lieber keine echten Menschen zeigt, verliert schnell an Glaubwürdigkeit und Reputation. Es gibt zahlreiche Facebook-Auftritte, Twitter-Accounts und Corporate Blogs, in den sich die Repräsentanten des Unternehmens zeigen.

Zum Teil erhalten Sie sogar als Social Media Verantwortliche den Auftrag, als Markenbotschafter zu agieren. Das heißt, sie nehmen öffentlich für ihr Unternehmen Stellung und funktionieren quasi als Social Media Sprecher. Diesen Auftrag haben beispielsweise ein Stefan Keuchel, Google, Uwe Knaus, Daimler, Jan-Paul Schmidt, Scout24, und Malina Wiegand, Tchibo, erhalten. Wer diese Markenbotschafter googelt kann sich darüber ein klares Bild von ihren jeweiligen Aufgaben machen und wird kaum noch Privatperson von der Unternehmenfunktion unterscheiden können. Auf Google gibt es keine Unterschiede zwischen privatem und beruflichen Auftritt. Alles zahlt letztlich in das jeweilige Personal Branding ein.

Unbezahlte PR-Arbeiter im Social Web

Diese (Selbst-)Vermarktung der Mitarbeiter stößt mitunter auf Kritik: So heißt es in der aktuellen Neon Nr.11/2011: „Der normale Angestellte wird zum unbezahlten PR-Arbeiter … Sie nutzen uns auch als dauerglückliche Glaubwürdigkeitslieferanten in ihren Werbespots und PR-Kampagnen.“

Sehr schön bringt es der Journalist Lars Gaede darin auf den Punkt: „Unsere Verwandlung vom Arbeitnehmer zum menschlichen Marketingtool verlief schleichend. Es begann mit einem Foto für die Firmenwebsite. Neben der Arbeits-Telefonnummer und der Arbeits-E-Mail-Adresse stand da plötzlich auch unser Arbeitsgesicht.“ Ganz besonders kritisiert Gaede den Einsatz der Mitarbeiter in Werbespots und die Zwangsteilname am öffentlichen Firmenlauf.

Mich interessiert hierbei vor allem der Aspekt des Einsatzes von Mitarbeitern in der Unternehmenskommunikation 2.0, in der eben nicht nur PR-Professionals, sondern auch Marketiers, HR-Verantwortliche und der Kundenservice vertreten sein können. Unternehmen verlangen in der Tat immer häufiger von ihren Angestellten, dass sie ihren Arbeitsauftrag auf die Online-Sphäre ausweiten, indem sie dort auf Facebook, Twitter, Blog und co. ihre Aktivitäten ausweiten. Allerdings dürften nur wenige von ihnen dazu angehalten werden, ihre Chefs zu liken und zu twittern. Das Chef-Liken auf Facebook wirkt äußerst bedenklich und unglaubwürdig, wäre daher eher in der Außenwirkung kontraproduktiv.

Menschliche Kommunikation online erwünscht

Aber warum sollten Mitarbeiter ihre Loyalität nicht auf die Online-Sphäre ausweiten? Im normalen (Offline-)Gespräch erzähle ich ja auch, wo ich in welcher Position arbeite. Vieles, was vormals als privat galt, wird längst auf Facebook und in Blogs veröffentlicht. Wie weit ich in meiner persönlichen Online-Positionierung gehe und mich von meiner Privatsphäre trenne, dass kann ich letztlich immer noch mit entscheiden.

Doch es gibt einige Positionen in den Firmen, die ohne Öffentlichkeit gar nicht denkbar wären. Als Chef muss ich mich der öffentlichen Meinung stellen, in der PR rede ich mit Influencern und im Marketing und Vertrieb pflege ich den Kundenkontakt. Das geschieht immer häufig im Netz und bedarf echter Menschen, die dort entsprechend mit ihren Stakeholdern kommunizieren. Je aufgesetzter das wirkt, desto schlechter funktioniert es. Gegen eine menschliche Kommunikation im Web ist meines Erachtens nichts auszusetzen.

Feedback

In dieser neuen Öffentlichkeit erhalte ich sichtbares Feedback. Manchmal ist es unangenehm, so öffentlich zu sein, aber das ist in manchen Berufsfeldern einfach eine Voraussetzung für den beruflichen Erfolg.

Wer nicht E-Mails (= Social Media) schreiben (machen) will, sollte für sich überlegen, ob die PR, Marketing, Journalismus etc. noch der geeignete Ort für ihn ist, in dem er sich beruflich aufhält. Das klingt hart, ist es auch. Aber ich beobachte die Entwicklung in die Öffentlichkeit schon länger und stelle fest, dass es einen deutlichen Druck auf Mitarbeiter gibt, sich auf die digitale Sphäre einzulassen. Wer das nicht will, kann heute zwar Nein sagen, verringert  damit jedoch gleichzeitig seine beruflichen Chancen.

Eine gute Online-Reputation spielt inzwischen eine wichtige Rolle bei der Wahl des Arbeitnehmers – und sogar des Arbeitsgebers.

Bildquelle: Shutterstock

Klaus Eck Klaus Eck ist freier Kommunikationsberater und einer der führenden Corporate-Influencer-Experten in Deutschland. Er ist Social-Media-Pionier, Buchautor und Content-Marketing-Profi. Zu seinen Hauptaufgaben gehört die strategische Begleitung von Corporate-Influencer-Programmen. Seit Februar 2020 moderiert er regelmäßig das Corporate Influencer Breakfast und hat mehr als 80 Talks mit Gästen initiiert, in denen diese über ihre Erfahrungen mit Personal Branding, Corporate Influencern und CEO-Kommunikation berichten. Follow on LinkedIn

8 Replies to “Das menschliche Marketing-Tool”

  1. Hallo Klaus, gerade eben führten wir im depak-Workshop „Agenda Setting“ eine angeregte Diskussion zu genau diesem Thema. Insofern kommt Dein Beitrag genau zur richtigen Zeit. Werde ich gleich weiterempfehlen – Danke!

  2. Sicherlich ist es richtig, dass einige Mitarbeiter sich mit der Online-Welt auseinandersetzen müssen (oder sollten). Ich finde es allerdings auch problematisch, wenn Mitarbeiter als Trägermedien für Ideen und Produkte instrumentalisiert werden, wie zB BMW es tut. Neben einer Anzeige, die in den USA läuft, gibt es auch ein YouTube Video und eine FB-Seite mit ‚Mirco Schwarze aus Leipzig‘, der das Nullemissionsauto vorstellt. Und es stellen sich mir Fragen wie: Wie ‚freiwillig‘ ist eine solche Darstellung, wenn ein Vorgesetzter fragt ‚Möchten Sie nicht bei einem Werbespot mitwirken‘? Michael Schumacher bekommt eine horrende Gage für so etwas, hat Mirco Schwarze das auch? (Denn irgendeinen vielbeschworenen ‚Mehrwert‘ hat es ja, wenn der Mensch neben der Maschine steht…). Wenn Mirco Schwarze Streit mit seinem Vorgesetzten bekommt, das Unternehmen verlässt und fortan für VW arbeitet – was passiert dann? Werden alle Online-Spuren von ihm im Netz getilgt? Oder hält man es wie manchmal bei Xing, wo Leute mit Jobs und Positionen aufgeführt sind, die schon längst nicht mehr gelten?
    http://www.bmwlove.com/what%C2%B4s-next-null-emissionen-mirco-schwarze-produktion-bmw-activee/

  3. Hallo Herr Eck,

    meiner Meinung nach kann man hier nicht mehr von Missbrauch reden. Im Sinne der Unternehmensziele kommunizieren zu können, nach innen wie nach außen, halte ich für eine zentrale Kompetenz hoch qualifizierter Mitarbeiter, etwa im Management, in der Entwicklung oder im Vertrieb. Von ihnen dürfen Unternehmen sehr wohl erwarten, dass sie sich nicht nur aus finanziellen Gründen für eben dieses Unternehmen entschieden haben. So dürfte das öffentliche Bekenntnis doch eigentlich kein Problem sein.Natürlich hat diese Anforderung auch eine Kehrseite: Neben der nötigen Schulung der Mitarbeiter in Sachen Kommunikation dürfen diese von ihre Unternehmensleitung auch mehr Kommunikation auf Augenhöhe erwarten. Wenn Mitarbeiter aus echter Überzeugung sprechen sollen, darf man sie nicht wie ferngesteuerte Drohnen oder Sprechpuppen behandeln. Eine eigene Meinung ist ein Widerspruch zu einer zentral gesteuerten One-Voice-Policy. Unternehmen müssen also wissen, was sie wollen.

  4. „Ich möcht so gern ein Glücksbärchen sein“ 🙂

    Es gibt sicherlich viele (evtl. negative) Faktoren, die bei der Nutzung von Mitarbeitern für PR- und Werbezwecke beachtet werden müssen. 
    Für viele Mitarbeiter ist es aber auch einfach eine Ehre und tolle Sache als Testimonial herzuhalten und ein Produkt, an dem man u. U. lange mitgewirkt hat, im Rahmen einer Werbekampagne persönlich zu präsentieren. Und das zeugt umgekehrt auch von einer Form der Wertschätzung des Unternehmens gegenüber dem Mitarbeiter, die auch positive Folgen auf die Bindung von Unternehmen und gesamter Belegschaft haben kann.

    Wenn man mal davon ausgeht, dass nicht jedes Unternehmen die Größe von BMW hat und nicht jeder Mitarbeiter zwingend zum direkten Konkurrenten wechselt, sind die Spätfolgen für einen Mittelständler und den langjährigen Mitarbeiter, der auch die nächsten 20 Jahre plant zufrieden dort tätig zu sein, sicherlich überschaubar. 

    Generell denke ich, dass sich vor einer solchen Übereinkunft beide Seiten Gedanken darüber machen sollten und dann gemeinsam sicherlich immer eine zufriedenstellende Lösung für beide Seiten zu finden ist.

  5. Mitarbeiter sind per se Markenbotschafter ihrer Unternehmen. Die Frage ist: wie bewusst ist ihnen und der Unternehmensführung das? Und welche Übereinkunft zu diesem Umstand gibt es zwischen ihnen? Aufgezwungenes wird scheitern, gemeinsam Erarbeitetes hat zumindest eine gute Chance. #Markenbotschafter-Programme für Mitarbeiter

  6. Ziel sollte sein, dass ich zu dem stehe(n kann), was ich mache. Dann läuft das von selbst.
    Dabei muss ich nicht allen Freunden ständig meinen Arbeitgeber anpreisen, das glaubt eh keiner. Sachlich sagen: das ist gut, weil …

    Wenn ein Unternehmen seine Leute dafür einsetzen will, sollte dieses Unternehmen auch darauf achten, dass diese Menschen gerne dazu stehen („commitment“). Wer sich ausgenützt fühlt, kündigt erst innerlich und setzt das bei erstbester Gelegenheit in die Tat um.

  7. Es gibt Mitarbeiter, die brauchen den Job und das Geld. Ein Mitarbeiter kann nicht nein sagen, ohne seinen Job zu riskieren. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter mehrfach ausbeuten, handeln ethisch bedenklich. Wie soll ein Verkäufer mit so einer Online-Vita seinen neuen Kunden dies erklären?

  8. Ich stelle oft fest, dass ich Firmen mit Mitarbeiter-Fotos nicht nur sympathischer finde, sondern beinahe seriöser. Es sei denn, es handelt sich nur um Schlips-Fotos. Ich selber streube mich seit Jahren, mein Foto online zu stellen, und zwar auf dem Bauch heraus. Was die Behauptung angeht, ich solle mir überlegen, ob die PR-Branche, in der ich seit vielen Jahren arbeite, noch das Richtige für mich sei, bleibe ich ganz cool. Erstens habe ich selbst per reinem Email-Kontakt genug Kunden, zweitens spricht meine Qualität – hoffentlich – für mich – und drittens werde ich so richtig lustig, wenn mir andere Leute erzählen, was ich zu machen habe. Man sollte sich als Mensch gelegentlich fragen: Was habe ich nötig, und was nicht?

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