Karnevalszeiten stellen nicht nur für die Rheinländer eine besondere Herausforderung dar. Schließlich werden die Regeln von Narren komplett auf den Kopf gestellt, sodass auch das eine oder andere weniger vorteilhafte Bild in den Fotoportalen auftauchen könnte. Im Gegensatz zu früheren Zeiten ist man nach einer feucht fröhlichen Begegnung auf einer Faschingsparty nicht davor gefeit, direkt via Xing, Facebook oder StudiVZ etc. angeschrieben zu werden. Mitunter entstehen daraus Begnungen der dritten digitalen Art, die eher verwirrend sind.
Wolfram A. Zabel analysiert das Social Networking der Jecken im Media-Treff und gibt fünf (humorvolle) Tipps für die Wahrung des eigenen digitalen Ruf, die ich im folgenden leicht variere und noch ein wenig ausbaue:
- Stellen Sie keine Kostümfotos in Ihr Profil oder wählen Sie ein repräsentatives Outfit (Präsident Sarkozy, CEO xy etc.).
- Verstecken Sie sich hinter einer Maske, lassen Sie Ihre Visitenkarten daheim und wahren Sie somit Ihre Anonymität.
- Falls Sie fest gebunden sind, sollten Sie Ihre Karnevalsbekanntschaft nicht als Kontakt bei Xing bestätigen. Denken Sie dabei auch an den neuen Xing-Newsfeed, der anderen vieles über Ihre Kontaktfreude verrät.
- Falls Sie aus einer faschingsfeindlichen Region Deutschlands in den Feiertagstrouble reisen wollen, sollten Sie lieber Urlaub nehmen und aufs Krankfeiern verzichten. Digitalfotos sind erbarmungslos. Sie zeigen oftmals deutlich, wo Sie wann waren. Der radikalen Transparenz sollen sie sich durch eine gute Planung stellen.
- Halten Sie sich nächste Woche in Köln, Mainz und Düsseldorf bedeckt: Vermeiden Sie gegenüber Karnevalsbekanntschaften Detailinfos über Privates und Berufliches! Oder legen Sie sich doch einen Pseudonym für das wirkliche Leben zu.
- Denken Sie auch nach dem Karneval ans Ego-Googeln. Manchmal entdecken Sie doch Neues über sich. Vor allem dann, wenn Sie sich nach einem Blackout nicht mehr an den Rosenmontag oder Faschingsdienstag erinnern können.
- Denken Sie auch an die Videoüberwachung in den Fußgängerzonen. Alles kommt irgendwann raus.
- Noch ist die Videokamera-Dichte hierzulande nicht bedenklich, weil Sie zwar auf den zahlreichen Karnevalsvideos zu entdecken, aber nicht zu identifizieren sind. Doch was machen Sie, wenn die Gesichtserkennung auch bei einer Google-Recherche bei Videos und Bildern möglich ist. Meiner Ansicht nach ist das nur noch eine Frage der Zeit.
- Vergessen Sie das Wort Privatsphäre im öffentlichen Raum. Es gibt sie immer weniger.
- Verlassen Sie einfach alle Gebiete, in denen der Karneval oder Fasching traditionell eine bedeutende Rolle einnimmt. Am sichersten ist Ihre Reputation, wenn Sie ins Karnevals-Exil gehen. Derweil plane ich meine Maßnahmen für den Faschingsdienstag in München.
> Media Treff: Digitale Reputation: Karneval im Zeitalter von Xing und StudiVZ heil überstehen
>> Joachim Rumohr: Hinweis auf Artikel zur digitalen Reputation
>>
Klaus Eck
Mal als Gegenthese:
Mir sind Leute suspekt, deren Namen ich online nur in Pressemitteilungen von Firmen finde und die parallel z.B. ein Internet-Startup haben.
Allerdings war in der traditionellen ‚Fasnet‘ das ‚Maschkere‘, d.h. die anonyme Vollmaskierung unter gleichzeitigem 1:1-Kritisieren von Bekannten durchaus üblich. Hat mir aber zuletzt meine Oma erzählt. Merke: auf dem Dorfgabs auch keine Anonymität. Und das globale Dorf ist GENAU das: Keien Individuen mehr sondern nur noch ‚Personen‘ (persona: „die Maske“).
These:
Wenn Firmen irgendwann nur noch paranoid-perfekte Selbstschützer oder 200%-Langweiler einstellen, dann müssen die interessanten Leute halt als Freelancer arbeiten 😉
Der Begriff der Privatsphäre insgesamt befindet sich im Wandel. Aalglatte Selbstdarstellungen dürften in der Tat auch nicht immer erfolgreich sein, zumal sie wenig zur Glaubwürdigkeit beitragen. Nobody is perfect. Dennoch können Klatsch und Tratsch sich auf jede Karriere vernichtend auswirken, insofern sollte man zumindst überprüfen, ob die eigene Maske angemessen sitzt oder sich bereits auflöst… und dementsprechend zivilisiert verhalten…
Auch Selbstständige benötigen Aufträge und sind dementsprechend auf die Wahrnehmung auf Kundenseite angewiesen…
Dritte These ;-). Die digitale Reputation wird sich (schnell) abnützen und nichts zur Glaubwürdigkeit beitragen. Sie wird aber ein Hygienefaktor werden: Ist sie gut, dann ist es egal. Ist sie nicht vorhanden, dann ist das komisch. Ist sie schlecht, dann ist das schlecht.