Wer das Microbloggingtool Twitter kennen- und lieben gelernt hat, sollte dennoch eine gewisse (professionelle) Distanz wahren und sich nicht vom Spass am Twittern zu unbedachten Äußerungen hinreißen lassen. Denn allzu schnell vergisst man im persönlichen Twitter-Dialog mit seinen Kontakten, dass man mit diesen digitalen Freunden nicht alleine ist im Twitterversum. Jeder kann den Twitterern, die ihre Tweets nicht auf privat gestellt haben, zuhören beim vermeintlich privaten Gezwitscher und sich eine eigene Meinung bilden.
Während ein persönliches Gespräch eher flüchtig ist und schnell wieder vergessen werden kann, bleibt ein Tweet wie eine Tätowierung an der Person haften. Die Online-Identität des Einzelnen gewinnt twitternd an Kontur und wird von Dritten (Arbeitgebern, Kunden und Journalisten) durchaus wahrgenommen. Ein Twitter-Monitoring ist längst keine hohe Kunst mehr: Es genügt schon, sich die Wortwahl eines Twitterers anzusehen, um eine Person zu erkunden.
Beim Schreiben und Lesen von Twitter-Artikeln erhält man jedoch einen anderen Eindruck, weil Twitter ein sehr schnelles Medium in der Echtzeitkommunikation ist. Twitter wird als Kommunikationstool in einem virtuellen neuen gesellschaftlichen Raum erlebt. Dabei wird oftmals übersehen, dass es auch ein Social Media Publishing Tool ist, mit dem ich Botschaften in die kleine oder große Welt sende.
Dummerweise ist Twitter in Kombination mit Google absolut nachtragend. Das Gezwitscher ist längst eine nachhaltige Kommunikationsform geworden, die sich direkt in den Suchtreffern auf Google niederschlägt und manchmal zu einzelnen Keywords vordere Plätze einnimmt. Deshalb sollte jeder, der seinen Humand Brand – seine Personenmarke – pflegen möchte, sehr vorsichtig mit Twitter-Äußerungen sein. Emotionale Tweets verteilen sich schnell per Syndizierung oder Retweet in der Twittersphere.
Aus dem Zusammenhang gerissen entsteht mitunter ein seltsamer Tweet, der die eigene Person nicht unbedingt ins beste Licht rückt und sogar die Online-Reputation schädigt. Seien wir ehrlich: Viele Twitterbeiträge werden nur zusammenhangslos gelesen, selten können Konversationen von Dritten wirklich nachvollzogen werden. Manchmal wissen selbst wir als Urheber eines Tweets nicht mehr, dass sich jemand auf unseren dritten Tweet des heutigen Tages bezieht. Schließlich sind wir längst beim 13 Tweet angekommen und haben vielleicht sogar schon wieder vergessen, wann wir das getwittert haben.
Der Kontext wandert immer weiter. Und das Digitale bleibt nicht im Gedächtnis haften, aber an unserem Humand Brand kleben. Mit welchen sprachlichen Kapriolen, welchen Slang-Ausdrücken und welchen Verrücktheiten wollen Sie online gefunden werden? Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
Klaus Eck
Hallo Klaus Eck,
dass Sie diesen Artikel schreiben, wusste ich. Der Beweis dafür: http://buchtest.com/rezension/twitter.html (Ende des 5. Absatzes, vom 28. Januar 2009)
Twitter schreit förmlich danach, zur Karrierefalle zu werden, so wie Sie es in Ihrem Buch für andere Beiträge im Web 2.0 definieren.
In dem Zusammenhang mag ich gerne auf folgenden Blogbeitrag aus Kanada verweisen:
http://www.mediastyle.ca/2009/02/national-post-reporter-has-total-twitter-melt-down/
(Gefunden: http://twitter.com/Nixeka/status/1202817989)
einfach zwei accounts nutzen.
Einen für Dada und einen für… sagen wir mal
opportunistische Zwecke.
Die Doppelaccount-Strategie ist nicht schlecht. Der Effekt verwässert jedoch mit der Zeit, da mehr und mehr Querverweise auftauchen. Man muss sich einfach darüber im Klaren sein, dass Twitter Öffentlichkeit bedeutet und eben nicht „eine Plauderei unter Freunden“. Und in dieser Öffentlichkeit kann man zudem nach längst vergangenem suchen. Das bedeutet fiesen kalten Kaffee, wenn man Pech hat.
Lieber Klaus,
teile Deine kritischen Gedanken zu 100%.
Analysiert man die (eigenen) Textfetzen nach einer gewissen Weile, merkt man wie wichtig der Kontext ist bzw. wie sinnlos manche Tweets ohne diesen erscheinen.
Kryptische Pinwand-Einträge in sozialen Netzwerken können neugierige Fragen bei anderen Lesern erzeugen, der Empfänger des Eintrags kommt dann plötzlich und ungewollt in Erklärungszwang.
Für den Unternehmenseinsatz arbeiten wir an einem „Code of Conduct“ – Verhaltensregeln, welche die Mitarbeiter im Einsatz der Instrumente unterstützen sollten. Gar nicht einfach, Tipps immer willkommen.
140 Zeichen lassen wenig Rückschlüsse auf Personen, oder auf einen Gesprächsverlauf zu. Das sollte auch derjenige wissen, der via Google auf einen Tweet stößt und daraus Rückschlüsse auf die Person zieht.
I.d.R. twittern die meisten Personen ja nicht unter ihrem vollen Namen, sondern unter einem Kürzel. Was auch gut ist. Google muss ja nicht alles wissen.
Damit wird verhindert, dass genau diese kurzen Redefetzen mit der Person in direkten Zusammenhang gebracht werden. Über einen Umweg und kann man jedoch trotzdem Rückschlüsse ziehen, da sich der Twitterati meist verlinkt (Blog, Xing o.ä.)
Aber selbst bei absolut seriösen, bedachten und kontrollierten Tweets kann ein einzelner davon -losgelöst aus dem Gesprächsverlauf- immer auch falsch verstanden werden.
Aber das Schöne an Twitter ist ja, dass ich hier auch die spontane und lockere Seite von anderen kenenlernen kann.
Bin da auch gespalten, weil ich bei mir selbst feststelle, dass ich auf Twitter deutlich lockerer -auch flapsiger- formuliere, als beispielweise hier im Kommentar.
Aber via Twitter erfahre ich eben einen Tick mehr über andere. Genau das macht den Reiz aus!
Ich halte es bei Twitter genauso wie sonst im Internet. Erst überlegen und dann posten. Ein bisserl Persönliches, vielleicht mal ein Tippfehler, darf sein, aber letztlich muss auch dort ein Bild entstehen, dass mir entspricht. Ich halte nichts von zurechtgerückten Persönlichkeiten, da ich mit Menschen arbeite und da sowieso schnell offentlich würde, was nicht stimmt. Die selektive Autentizität, wie sie Ruth Cohn im Rahmen der TZI vorschlägt, gilt aber unbedingt auch beim Twittern, ich muss nicht jede schlechte Laune und jede Kleinigkeit der ganzen Welt mitteilen.
Gut, wenn das Bewußtsein für das Thema gefördert wird. Wir haben gestern den Bereich Twitter (und persönliche Angaben darin) aus der Perspektive der Personaler etwas näher beleuchtet.
http://www.personalberater-blog.de/personalsuche-mit-twitter/
Alexander
Vielleicht brauchen wir neben Bad-Banks auch Bad-Companies, die Twitter- und social media-Geschädigte und -Verfolgte bevorzugt aufnehmen und sich einen Dreck um die Statements kümmern. Dieses kleinkarierte Vorsicht-Vorsicht-Denken wird sicherlich auch irgendwann einmal langweilig. Vor 50 Jahren war es ganz schlimm, wenn eine Frau mal vorehelichen GV hatte oder wenn jemand schwul war und das bekannt wurde. Heute kommt nicht mal ein müdes Lächeln über unsere Lippen … Denkt lieber darüber nach, wie man die Menschen zu ein wenig mehr Toleranz hinsichtlich dieses Themas verhelfen kann. Vielleicht hilft ja auch mal ein millionenfach angelegtes Twitter-Outing, wo sich alle Twitterer mal in ein ganz schlimmes negatives Licht stellen. Ach hab vergessen: Twittern macht den Menschen an und für sich ja schon suspekt und zum Außenseiter, können wir uns also sogar sparen *gg*
Neben der „Karrierefalle“ gibt es aber auch die Karrierechance, denn man kann ebenso einen positiven Eindruck durch seine Tweets erzeugen.
Das meiste Persönliche ist für Außenstehende ohnehin völlig belanglos. Wichtig ist jedoch, dass man sich immer der Öffentlichkeit bewusst ist, die mithören könnte.
Als Faustregel mache ich es so, dass ich auf Twitter nur Dinge schreibe, die ich auch in der Öffentlichkeit und gut hörbarer Lautstärke aussprechen würde. Die Geschichte, die André verlinkt hat (und die momentan quer durch sämtliche Blogs ausgeweidet wird) kann sicher als warnendes Beispiel gelten, wie man es nicht machen sollte.
Karrierefalle Twitter
Dieser Auszug aus dem Artikel beschreibt für mich den Kern des Problems und stützt meine immer noch vorhaltende Zurückhaltung bei Twitter. Mir ist immer wieder aufgefallen, dass viele Twitter Nutzer nahezu ihren ganzen Tagesablauf veröffentlichen….
Da mag was dran sein… Aber ich glaube, in der grünen Papiertonne draußen vor dem Haus findet der, der will sicher gravierendere Fakten über einen Menschen.
Ich hatte den gleichen Gedanken, als ich neulich bei jemandem las:
Twitter: Kundin schickt mir CD mit Fotos für die Website und dann sind das Corel-Draw-Dateien. WTF. Was mach ich denn nun damit?
Die Kundin twittert nicht, korrekt? Noch nicht!
Wenn man eben nur das sagt, was man auch in der Öffentlichkeit, also im Reallife, sagen würde, dann kann doch nichts passieren oder?
Human Brand? Ach herrjeh, schon wieder so eine Wortkreation aus der Web2.0-Welt. Und, um ehrlich zu sein: Die ganze Hysterie um Datenschutz, Meinungsäußerungen und Co. im Internet erschließt sich mir nicht wirklich. Was habe ich für Nachteile davon, mich und meine Arbeit im Netz zu präsentieren? Bisher habe ich darüber immer nur Jobs bekommen und noch nie Spam in echt. Komisch. Man kann nämlich auch mit dem, was man online schreibt, einen positiven Eindruck hinterlassen.
Also: Falls irgendwann doch mal echter Spam kommt, dann leite (FWD: Supermarkt-Werbung) ich ihn direkt in den realen Papierkorb weiter und ich glaube eher nicht, dass der Verteiler meine Adresse bei Xing und Co. ausgelesen hat 😉 und falls mal ein Arbeitgeber mich nicht haben will, wegen dem, was ich irgendwann, irgendwo im Netz geschrieben hat, dann gehe ich froh nach Hause, denn bei einer solchen Firma hätte ich sowieso nicht arbeiten wollen.
Tweets lassen sich immer löschen, genauso wie Twitteraccounts. Gefahrenpotenzial? 0.
Wenn man nicht möchte, dass etwas öffentlich wird, sollte man es auch nicht veröffentlichen.
… und gerade melden die Medien über Facebook was nettes. Da werden eben einfach die Nutzungsbedingen geändert, nachträglich und schon können auch die Fotos für Dritte genutzt werden. Und auch dann noch, wenn der Account gelöscht ist 🙁
gruss wolfgang
Exzellenter Beitrag (so wie auch Ihr ganzes Buch „Karrierefalle Internet“ einfach nur empfehlenswert ist).
Ich empfehle meinen Kunden ebenfalls bei Twitter etwas vorsichtiger zu sein. Es ist ja zum regelrechten Hype geworden, gerade auch unter Kontakten, die ohnehin bereits vernetzt sind und deshalb häufig nicht darüber nachdenken, dass sie sich nicht in geschütztem Raum bewegen.
Die Qualität der Informationen nimmt ebenfalls ab, eben weil die wenigsten User darüber nachdenken, dass die als kurzlebig und aktuell gedachten Statements auch später noch zu lesen sind.
Die Idee ist ja Offenheit/Ehrlichkeit und Austausch. Gepaart mit Respekt sollte man ohnehin nicht in solche Fallen tappen. Schwierig, aber in Zeiten von Web 2.0 wohl auch eine gute Investition in die persönliche Entwicklung.
Twitter & Co. können so auch karriereförderdernd sein. Positionierung in den Medien (besonders als PR-Mensch, Ideenlieferant), interne Wahrnehmung und Wissensteilung. Hier ist besser Yammer geeignet, weil geschlossene Gruppen möglich sind http://about.namics.com/2009/01/ist_yammer_was.html
gerade Kindern und jungen Erwachsenen kann man das nicht oftgenug sagen.
Schrecklich, wie sich manche mit “ Filmen “ in youtube ihr Leben beruflicher Natur „versauen“
vielleicht machen gerade diese ungeschliffenen Züge manchen interessant?
Ich habe 1 Youtube Video, das durch die Musikwahl garantiert einige abschreckt, aber das ist 3,5 jahre alt und ehrlich gesagt, wer oder was wäre es wert es dafür zu löschen?
Einige Leute die nur zu gern privat Stasi 2.0 spielen und mir in negativen Absichten hinterherspionieren? Ganz sicher nicht, das wäre eine derartige Zeitverschwendung und nur mit Gesprächstherapien für diejenigen wieder zu vergessen 😀
Sollen hier nur noch geradlinige intruvertierte Menschen rumlaufen, bzw anonymisierte und damit grenzenlose Agitatoren?
Internet bedeutet Öffentlichkeit, get used to it oder schaltet es ab.
Bei jungen Leuten, die in Ihrer Pubertät mal mit der Polizei in Kontakt kommen ist es doch genauso, sind diese wirklich gebrandmarkt oder sind viele hier einfach so oberflächlich das es zum Himmel stinkt?
Bin über diese „weisse-Weste-um-jeden-Preis-Mentalität“ schön langsam trotzdem entsetzt. Wer sich so einfach eine Meinung macht, hat so wenig „soft skills“ das es schon weh tut…
Schönen Tag noch!
@LHW_Boomel Keine Sorge, jeder darf nach wie vor schreiben was und wie er will, sollte aber dann auch die Konsequenzen sehen und bewusst damit umgehen. Wer anonym schreibt (twittert, kommentiert), behält seine Weiße Weste, aber gewinnt nicht unbedingt an Glaubwürdigkeit.
@Tobias Singer Letztlich eröffnen sich über Blogs und Twitter natürlich sehr viele positive Karrierechancen, die mit dem Personal Branding zusammenhängen. Das ist noch erfolgreicher, wenn man sich überlegt, wie ein Tweet auf Dritte wirken könnte.
Löschen lassen sich Tweets nur, wenn niemand sie in seinen RSS-Feed hat oder nicht an anderer Stelle eingestellt hat. Sobald jemand einen Tweet retweetet, ist es damit vorbei.
Twitter-Tools 7: Effizienter followen mit Twimailer
Bei der Wahl der Freunde sind wir in der Regel sehr wählerisch. Das mag in Social Networks ein wenig anders sein, so ging der Spiegel in dieser Woche in seinem Titel sogar auf den zweifelhaften Wert digitaler Beziehungen ein und…
Für mich selbst ist Twitter noch nicht ganz so interessant. Ich hab mir das mal angeschaut und kann einige gute Ansätze im Bereich der Marketingstrategien nachvollziehen. Gerade im Internet ist doch an fast jeder Ecke eine Karrierefall, die größte wahrscheinlich Google. Ich hab letztens in einem Artikel gelesen, dass 46& der Personaler nach Bewerbern googlen. Sollte dies als Bewerber an einem vorbeigegangen sein, ist man doch selber schuld. Ich benutze seit längerem Google-Alerts um ständig auf dem laufenden zu bleiben wie sich Informationen zu meiner Person verteilen. Ich werde in nächster Zeit einen Ratgeber dazu schreiben wie man die Suche von Personalern für sich nutzen und die Suchmaschinenergebnisse frisieren kann. Einige Blogs haben durch Twitter einen enormen Besucherzuwachs erfahren, was die ganze Sache wohl auch für mich interessant macht. Leider habe ich derzeit nicht genug Zeit mich näher mit Twitter zu beschäftigen.