Die Zeiten sind vorbei, in denen Bewerbungen im stillen Kämmerlein erstellt und dann per Briefpost verschickt worden sind. Stattdessen muss jeder Jobaspirant inzwischen damit rechnen, dass er von Arbeitgebern ergoogelt wird. Vorbei ist jegliche Anonymität. Alle online verfügbaren Online-Profile, Fotos, Filme und Texte sind in der Regel öffentliches Gut. Jeder kann sie einsehen, somit auch potentielle Arbeitgeber, Headhunter oder Kollegen. Oftmals erhalten Personalverantwortliche durch eine gute Online-Recherche viel bessere persönliche Informationen über einen Bewerber als durch eine fachliche Bewerbung oder sogar durch ein Vorstellungsgespräch. Schließlich fällt es jedem Onliner schwer, sich jahrelang im Netz zu verstellen. Sie geben auf Twitter, Facebook, Xing oder in Blogs jeden Tag einen Stück Ihres persönlichen Lebens ab, manchmal ist es privat, manchmal unterstreicht es Ihre Kompetenzen – doch in allen Fällen offenbaren Sie einen großen Teil Ihrer Individualität. Wer sich öffentlich macht, sollte dieses lieber bewusst tun. Denn es fällt leicht, allein am Rechner einen Twitterbeitrag von 140 Zeichen zu veröffentlichen, aber nicht jedem ist dabei immer klar, wer das alles lesen kann.
Die aktuelle Studie des Dimap-Instituts im Auftrag des Bundesverbraucherministeriums lenkt die Aufmerksamkeit der Medien auf das Thema Online Reputation Management, wenn auch die mediale Interpretation oftmals fragwürdig ist. Auf dem ersten Blick scheinen die Warnrufe aus der Bundesregierung richtig zu sein: So werden die Online-Nutzer davor gewarnt, leichtfertig ihre Privatsphäre zu opfern. Die Schlagzeilen zeigen die Gewichtung der Umfrage: So titelt beispielsweise die Berliner Zeitung: Firmen spähen Bewerber online aus.
Die Marktforscher kamen zu dem Ergebnis, dass ein Viertel der Arbeitgeber die Bewerber online überprüfen und hierbei auch deren Online-Aktivitäten in Social Networks überprüfen, um deren ganze Persönlichkeit wahrzunehmen. Deshalb kann die Online-Recherche durchaus dazu führen, dass das eine oder andere Bewerbungsgespräch gar nicht erst zustande kommt. Laut Dimap gab ein Viertel der Unternehmen an, dass ein Bewerber aufgrund seiner digitalen Reputation nicht mehr eingeladen worden sei. Die Personaler achten hierbei vor allem auf Social Networks wie Facebook, Xing und StudiVZ. Schlimmer als die falschen Fotos, die einen Bewerber auf einer privaten Party zeigen, sind jedoch negative Aussagen über das bisherige Beschäftigungsverhältnis 76 Prozent der Unternehmen hält das für unangemessen.
Trotzdem halte ich die Aussage der Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU), die datenschutzrechtliche Vorbehalte hat, für etwas einfach: Sie meint gegenüber der Berliner Zeitung: „Die unbekümmerte Preisgabe persönlicher Daten im Netz kann zum Stolperstein für die berufliche Karriere werden.“ Das ist richtig. Natürlich sollte jeder Konsument sorgfältig mit seinen Daten umgehen, doch das sollte er nicht missverstehen und sich aus dem Netz mit seiner Persönlichkeit zurückziehen, aus der Angst heraus, etwas falsch zu machen. Letztlich entscheidet jeder ein Stück weit selbst darüber, ob er in die Karrierefalle Internet tappt oder nicht. Der bewusste Umgang mit den eigenen Daten ist hierbei oftmals entscheidend. Allzu sorglos sollte niemand im Web unterwegs sein.
Ganz richtig merkt Peter Schaar, der Bundesbeauftragte für Datenschutz, gegenüber n- tv an: „Wer Daten ins Internet stellt über sich, der muss damit rechnen, dass andere diese Informationen auch abrufen.“
In seinem Sinne plädiere ich für die informationelle Selbstbestimmung der Bürger. Angstmache gilt nicht. Es geht eher darum, dem Einzelnen zu verdeutlichen, wie er sich am besten in der digitalen Öffentlichkeit präsentiert. Nur wer das ominöse Netz wirklich ernst nimmt, profitiert auch davon bei der Entwicklung seines digitalen Rufs. Je geschickter Sie sich selbst online darstellen, je besser Ihre Online-Profile aufgebaut sind, desto stärkere Rückwirkungen hat das auf Ihre persönliche Online-Reputation. Verhindern können Sie negative Blog- oder Twitter-Beiträge durch eine digitale Abstinenz nicht, aber Sie können selbst aktiv auf Ihre Online-Wahrnehmung Einfluß nehmen, wenn Sie schreiben oder Bilder online stellen.
Das zeigen auch die Ergebnisse der Dimap-Umfrage: 56 Prozent der Unternehmen reagieren positiv auf Angaben zu Hobbys und sozialem Engagement. Ist nichts im Netz zu finden, wird das noch von drei Viertel aller Firmen neutral gewertet.
Nutzen Sie deshalb lieber die Chance, etwas im Netz für Ihr Personal Branding zu tun und präsentieren Sie sich auf Ihre persönliche Art und Weise, ohne dabei zu vergessen, dass nicht nur Ihre Freunde in Social Networks unterwegs sind, sondern auch Vermieter, Arbeitgeber, Kollegen und Geschäftspartner.
>> Karrierebibel: Karrierekiller Internet – Bewerber werden online ausgespäht
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Klaus Eck
Ich schließe mich diesem Beitrag vollinhaltlich an. Wer im Netz unterwegs ist, hat die Chance, seine Persönlichkeit zu zeigen, mit allen Ecken und kannten, die er/sie vielleicht hat, kann sein Profil schärfen, Meinungen abgeben, werten usw. So weiß evtl. ein neuer Arbeitgeber von vornherein, ob der- oder diejenige zum Unternehmen passt. Falls auf den ersten Blick klar ist, dass es NICHT passt, spart das dem Unternehmer und dem Bewerber am Ende vielleicht sogar Zeit.
Das Web ist außerdem ein Medium, bei dem man beeinflussen kann, was über einen veröffentlicht wird. Bei Zeitung, Radio und Fernsehen kann ich mir nicht wünschen, was geschrieben/gesendet wird (wenn man denn überhaupt erwähnt wird). Im Web kann ich meine Reputation aufbauen, so wie ich es für richtig halte.
Wäre ich Personaler, wäre es für mich vielleicht sogar ein Kriterium, ob der Bewerber mit dem Internet richtig umgehen kann, das Medium versteht usw. Wer mit seinen Daten verantwortungsvoll umgeht, geht auch mit den Daten des Arbeitgebers verantwortungsvoll um. Ein „Partyhengst“, der auch zeigt, dass er ein solcher ist (um das immer wieder angeführte Beispiel der „Partyfotos“ zu bemühen), hat in Sachen Diskretion/Verantwortung für Firmendaten vielleicht andere Ansichten.
Entschuldigung, war etwas abwesend, Ecken und Kanten muss es heißen 😉
Eine weitere Schlagzeile müsste lauten: „Bewerber spähen Firmen aus!“
Denn jeder Bewerber analysiert doch im Gegenzug seinen potentiellen Arbeitgeber aus. Gnadenlos muss dann das Unternehmen oftmals ungewollt und unbewusst „die Hosen herunterlassen“. Jeder auch vermeintliche Fehltritt des Unternehmens tritt dann zu Tage.
So müssen sich beide, Bewerber und Unternehmen, einem Auswahlverfahren stellen, an dessen Ende feststeht, ob sie zueinander passen oder nicht. Letztendlich nicht nur vor einem möglichen Vertrag, sondern auch mitten im Arbeitsverhältnis.
Und das ist gut so: Denn bei einem Unternehmen, das mich nicht haben will, weil ihm z. B. Bilder von mir auf einer Barcamp-Party am Abend nicht gefallen, bei dem will auch ich nicht arbeiten. Dann stimmt voraussichtlich „die Chemie“ nicht.
Andreas: Volle Übereinstimmung! Während ich mich an der iPhone-„Tastatur“ abquälte hast Du eine gute Replik geliefert 🙂
Je nach Social Media Nähe seiner Profession kommt der Bewerber um aktives Management seiner Online Reputation gar nicht mehr herum. Sitze ich im Backoffice eines Mittelständlers, ohne Kundenkontakt, kann ich mir vielleicht noch die Strategie der kompletten Online-Vermeidung leisten. Das heißt, ich versuche, gar nicht präsent zu sein. Alle anderen müssen versuchen, ihr digitales Profil dort zu beeinflussen, wo sie es können. Ziel sollte sein, dass beim Ego-Googlen die erste Trefferseite ausschließlich aus kontrollierbaren Quellen (Xing, Friendfeed, Blog, Twitter, etc) stammt. Sozusagen der kontrollierte Eigenanbau der digitalen Identität.
Hier eine etwas abweichende Umfrage – auch mal interessant:
„Internet Fachkraefte verzichten auf Xing, Facebook & Co“
http://www.computerbild.de/artikel/cb-News-Internet-Fachkraefte-verzichten-auf-Xing-Facebook-Co.-4637009.html
Laut der Umfrage „verzichten 21,9 Prozent der Teilnehmer aus Karrieregründen komplett auf eine Mitgliedschaft in sozialen Netzwerken“ – und die restlichen 78,1 %? Tun diese demnach nicht… Weicht also eigentlich nicht ab, die Umfrage.
Ich kann nur sagen das alles so stimmt wie es hier in diesem Blog Beitrag steht. Das Problem ist nur wie schafft man es einen begangenen Fehler in der Internetwelt wieder rechtzeitig rückgängig zumachen? Wie kann man erreichen das wenn erst einmal der ganze Lebenslauf im Internet gelangt ist er auch wieder verschwindet?
Durch das Internet erschließt sich den Unternehmen die wunderbare Möglichkeit, Jobanwärter schon genau unter die Lupe zu nehmen, bevor sie diese überhaupt je getroffen haben. Wäre ich ein Personaler, würde ich auch jeden Bewerber googlen, bei Xing, Facebook oder vergleichbaren Diensten suchen. Schon allein deshalb, um eventuell die Angaben aus der Bewerbung überprüfen zu können. Hat derjenige wirklich die Berufserfahrung, die er vorgibt zu haben? Ist er oder sie tatsächlich in diesem oder jenem Verein? Wie auch schon im Artikel erwähnt, sieht man im Netz meist das wahre Gesicht der Menschen – und kann sich so schon im Vorfeld überlegen, ob derjenige ins Unternehmen passen könnte oder nicht. Bewerber, die Fotos von sich in verfänglichen Situationen oder Negativkommentare über Ex-Arbeitgeber ins Netz stellen sind in meinen Augen selbst schuld, wenn sie deshalb nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Man muss damit rechnen, dass jeder, der will, alle Informationen abrufen kann, die man über sich selbst ins Netz gestellt hat. Diese Netzwerke sind toll, um mit Freunden oder geschäftlichen Kontaktpersonen in Verbindung zu bleiben und wenn man klug ist, rückt man sich auf seinem Profil auch noch für mögliche Bewerber-Google-Aktionen ins rechte Licht. Nach all diesen Artikeln und Sendungen über die Gefahren des Internets werden sich hoffentlich einige User an die Arbeit machen und ihr Profil in den Netzwerken zu ihren Gunsten umgestalten, denn wegen eines unpassenden Partyfotos oder eines leichtfertig veröffentlichen Kommentars will doch niemand den Traumjob verpassen, oder?