Während es in anderen Ländern, allen voran in den USA, bereits üblich ist, dass Marken und Unternehmen Social-Media-Instrumente nutzen, um ihre Reputation zu verbessern, sieht es in Deutschland in dieser Hinsicht eher düster aus. Stattdessen gehen einige deutsche Unternehmen lieber mit rechtlichen Maßnahmen gegen Blogger vor und schädigen dadurch ihr Ansehen. Außerdem gehe ich der Frage nach, warum Jugendliche und Twitter (scheinbar) nicht zusammenpassen und präsentiere in diesem Zusammenhang ein paar neue Analysen. Dies und einige weitere lesenswerte Infos finden Sie heute wie gewohnt in der Morgenwelt.
Krisen-PR: Wie schwer es ist als Goliath richtig mit David umzugehen, zeigt sich wieder einmal am Fall des Sportkleidungsherstellers JAKO, der gegen einen unbekannten Blogger mir juristischen Maßnahmen vorgeht und dabei jede Kommunikationsstrategie außer Acht zu lassen scheint
JAKO hatte einen relativ unbekannten Sportblogger namens Trainer Baade mehrfach abgemahnt, weil dieser in seinem Blog das Markenlogo von JAKO kritisiert hatte, und vom ihm verlangt, dass er den angeblich dem Image des Unternehmens abträglichen Beitrag aus dem Netz nehmen sollte. Aufgrund der Abmahnung nahm Frank Baade den kritischen Beitrag aus dem Netz. Dennoch entwickelte sich der Fall zu einem negativen Beispiel für die Krisen-PR. In dem Blog AllesaussSport berichtet Kai Pahl ausführlich darüber, wie die Online-Relations eskalierten und für viel Diskussionsstoff in der Online-Welt sorgt. Obwohl der Blogger Baade sich sehr schnell auf einige der rechtlichen Auflagen einließ, gingen die JAKO-Rechtsanwälte weiter gegen ihn vor, weil der umstrittene Beitrag in Newsaggregatoren erneut auftauchte. Außerdem fand das Ganze inzwischen aufgrund des Streisand-Effekts sehr viel öffentliche Aufmerksamkeit auf Blogs und auf Twitter und nichtzuletzt in der Wikipedia. Der umstrittene Blogartikel hatte bis zur Eskalation nur wenige Leser, doch dank des Einsatzes rechtlicher Mittel finden Sie nun die ganze Auseinandersetzung bereits unter den ersten Suchmaschinentreffern. Ein gutes Online Reputation Management sieht anders aus.
Social Media Entwicklungsland: Eine Studie der Cologne Business School unter Leitung von Prof. Dr. Klemens Skibicki zeigt: Deutsche Führungskräfte wissen wenig über Social Media und noch weniger damit anzufangen. Auch Personal Branding und die eigene Online-Reputation ist für viele noch kein Thema: 40 Prozent der Befragten besitzen nicht einmal ein einziges Onlinecommunity-Profil. Einen Kurzüberblick der weiteren Ergebnisse gibt es hier und ausführliche Resultate als PDF zum Download.
Noch mehr Wüste: Dass es auch anders geht zeigt Katja Ridderbusch in diesem Welt Online-Artikel, in dem sie amerikanische Erfolgsmodelle vorstellt und den Nachholbedarf deutscher Unternehmen in Sachen Social Media aufzeigt.
Teens auf Twitter I: Seit einiger Zeit liest man immer wieder davon, dass Jugendliche nicht twittern würden. Davon bin ich an für sich aufgrund meiner Twitter-Erfahrung ebenfalls ausgegangen. Nun wurden auf Techcrunch die Ergebnisse einer Studie zu diesem Thema vorgestellt, warum dem so ist. Es scheint, als hätten die Jugendlichen für sich interessantere Alternativen und fänden es einfach nicht spannend genug, was Twitter an Möglichkeiten bietet. Stattdessen nutzen sie lieber die Statusupdates auf Plattformen wie Facebook und MySpace.
Teens auf Twitter II: Auch Barry Hurd von 123 Social Media hat sich mit dem angeblichen Mangel von jugendlichen Twitterati befasst und dazu Googles Statistik-Daten ausgewertet, mit der Konkurrenz verglichen (s. Grafik) und sich noch ein paar Gedanken über Messverfahren im Netz gemacht.
Twitter III: Als passender Kontrast dazu dient die Zahl einer anderen Umfrage, laut der 80 Prozent der Befragten Twitter aus geschäftlichen Gründen nutzen. Vielleicht geht es den Jugendlichen auf Twitter einfach viel zu ernst zu. Auf der anderen Seite bedeutet dies natürlich, dass Sie den Zwitscherdienst ideal zum 140 Zeichen Branding einsetzen können.
Steinmeier abgeschlagen: Auf Politik und Kommunikation kann man mit Hilfe des sogenannten "Kandidatenchecks" die Webpräsenz der Direktkandidaten der Bundestagswahl sehr leicht untersuchen. Dazu ermittelt das Tool die individuellen Trefferzahlen auf unterschiedlichen Diensten und gewichtet diese nach Aktualität. Wie der Screenshot zeigt ist ausgerechnet bei Google SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier nicht unter den Top 3. Ein schlechtes Omen? Vielleicht. Doch zumindest an seiner Online-Reputation kann der Politiker noch einiges tun.
Social Media Wahlkampf: Einen guten Überblick über die Social Media Aktivitäten der Parteien und einzelner Kandidaten kann man sich mit Hilfe von Wahl.de verschaffen. Egal ob eine Sammlung von Tweets aller Kandidaten mit Twitteraccount oder diverse Statistiken – von wichtigen Themen bis zu den Einflussreichsten Personen – hier wird der Wahlkampf im Social Web sehr schön abgebildet. Sie dürfen übrigens gerne vor ihrem ersten Besuch raten, welche Partei hier die Nase vorn hat.
Wikipedia führt Reputationspunkte ein: Um Probleme mit Zuverlässigkeit & Korrektheit der Wikipedia-Artikel verstärkt anzugehen, führt das Onlinelexikon ein System ein, dass automatisch die Vertrauenswürdigkeit der Autoren überprüft und mit einem simplen Farbensystem in den Einträgen kenntlich macht. Auf diese Weise erfährt man auf einem Blick, wer für welchen Teil eines Wikipedia-Artikels verantwortlich ist. Das kann der Reputation des Einzeln manchmal sehr förderlich sein, wenn jemand unter Klarnamen aktiv auf dem Online-Lexikon ist.
Datenschutz: Facebook will die Privatsphäre seiner Nutzer besser schützen, indem es die Applikationen künftig beim Zugriff auf die Nutzerdaten einschränkt. Damit reagiert das Unternehmen auf Beschwerden von Datenschützern und Usern.
Akte Social Media: Jochen Mai stellt auf seiner Karrierebibel einen umfangreichen Report zum Thema Job-Profiling vor. Dabei geht er sowohl auf die Schattenseiten der neuen Transparenz im Netz ein und erklärt Gefahren, die sich dadurch auftun, stellt auf der anderen Seite jedoch ebenfalls Chancen vor, wie Bewerber sich mit Hilfe von gekonnt genutzten Profilen einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten können.
>> Bildnachweis: Foto "the man and the desert" von Bukutgirl
>> Bildnachweis Grafik "Twitter, Facebook, MySpace User nach Alter" von Barry Hurd
>> PR Blogger Morgenwelt 48: Neue Gefahren und Chancen durch anonymes Twittern
>> PR Blogger: Morgenwelt 47: Associated Press betrachtet Links und Zitate kritisch
>> PR Blogger: Morgenwelt 46: Word-of-Mouth-Marketing boomt
>> PR Blogger: Morgenwelt 45: Social Media statt Messenbesuch?
>> PR Blogger: Morgenwelt 44: Verbeamtete Twitterer
>> PR Blogger: Morgenwelt 43: Warten Sie nicht auf die Digital Natives!
Klaus Eck
Hi Klaus,
über den Fall „Blogger Baader und JAKO“ kann ich nur den Kopf schütteln. Dazu eine kleine Umfrage:
Wie gefällt Dir das Logo von JAKO? http://ow.ly/nHm4
😉
LG von Kira
Nur kleine Randbemerkung zum Fall JAKO/Baade… „relativ unbekannten Sportblogger“ stimmt nur bedingt. In der Blogosphäre ist Trainer Baade sicherlich nicht überaus bekannt, unter den Sportbloggern genießt Frank einen glänzenden Ruf und wird vom Großteil der Fußballblogger mit gelesen und kommentiert. In der „Fußball-Nische“ besitzt er schon einen gewissen Kultstatus. Das hat man bei JAKO anscheinend auch nicht gewusst, sonst wäre die Sache wohl anders abgelaufen. Aber abwarten, was daraus noch wird.
hm, auch schlechte werbung ist werbung. ich persönlich hatte den firmennamen JAKO vorher noch nie irgendwo gelesen, oder gehört – jetzt kenne ich ihn.
blogger-abmahnungen als werbe-instrument hat also noch ein großes potential…
An excellent example of the risks surrounding social media, as well as possible ways to turn them into opportunities.
As you have shown here, the transparency that social media has brought to the table can be positive or negative, depending on how a company decided to partake in it. In JAKO’s case, their reputation was damaged because they did not realize the force that social media has become on the web. Social media has turned the “snowball effect” into the “avalanche effect”.
One way that we are trying to help German companies engage in social media is by monitoring what people are saying about them online in German and by providing real-time dashboards in German. This allows managers to see pertinent data about their consumers and what is important to them, in their own language. As any marketer knows, you have to know what the problem is before you start to formulate a response.
Thank you for this post, Klaus. Although some companies may be struggling to figure out how to integrate social media into their communication strategies, bloggers like you are helping them find the way.
Best,
Michelle
@Synthesio
Zum Thema Abmahnung kann ich auch nur das wiederholen, was Andre schon gesagt hat. Es ist beileibe kein unbekannter Blogger.
Oder zugespitzt: Unterschätzt die PR – wie auch hier – nicht immer noch die Kraft der Nische?