Alexander Stocker Als Gastautor im PR-Blogger tätig.

Formt Social Media den Arbeitsplatz der Zukunft?

3 Minuten Lesedauer

Wie sieht der „Arbeitsplatz der Zukunft“ aus, wie wird mit Wissen umgegangen und welche Rolle spielt dabei Social Media? Zwei Studien versuchen, darauf Antworten zu geben.

Mit dem Übergang von der Industrie- zur Wissensgesellschaft haben sich unsere Arbeitsplätze und Arbeitsformen verändert. Auch Informations- und Kommunikationstechnologien haben wesentlichen Anteil an diesem Wandel.

Eine der wesentlichen Fragen lautet: Wie kann in diesen veränderten Bedingungen die „Wissensarbeit“, die Kommunikation und die Zusammenarbeit über die Wertschöpfungskette gelingen? Es scheint, als gebe es dafür noch keinen optimalen Weg. Könnte Social Media die Lösung sein?

Was ist mit „Wissensarbeit“ gemeint? Das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) bezeichnet sie als „häufig komplex, wenig determiniert und folglich schwer in vorgegebenen Abläufen standardisierbar. […] Wissensarbeit schafft ständig neues Wissen und baut auf den Erfahrungen anderer auf. […]

Darüber hinaus stellt Wissensarbeit neue Anforderungen an die Arbeitsprozessorganisation, betriebliche Steuerungssysteme [… und] die Gestaltung der Arbeitsplätze“.

Unterstützung durch Technik

In der lesenswerten Fraunhofer-Studie „Information Work 2009“  wurden die Potenziale von Informations- und Kommunikationstechnologien für die Wissens- und Büroarbeit untersucht. Dass darin niemand explizit von „Social Media“ spricht, hängt vermutlich mit dem Erhebungszeitraum der Daten zusammen.

Dennoch wurden bereits zahlreiche Werkzeuge zur Unterstützung der Zusammenarbeit wie Groupware, Document Sharing und Instant Messaging in der Studie berücksichtigt. Und genau das sind Funktionen, die heute von Web 2.0 und Social Media übernommen werden.

Wissensarbeit wird darin anhand folgender Grunddimensionen beschrieben:

  • Komplexität (das heißt vielfältige schwierige Aufgaben, hohes Ausmaß an Koordination, hohe Anforderung an Kommunikation und Kooperation),
  • Autonomie (örtliche und räumliche Mobilität, Flexibilität der Arbeitszeiten, selbständige Arbeitsgestaltung)
  • Neuartigkeit (sich verändernde Aufgabenstellungen, eigenes Wissen muss ständig erweitert werden, häufige Veränderungen im Arbeitsumfeld)

All diese Aspekte werden heute ebenfalls in Zusammenhang mit dem Einsatz von Social Media im Unternehmen angeführt, denn die Nutzung von Social Media fungiert aus Sicht der Praktiker als Katalysator für Kollaboration, Produktivität und Innovation. Ist Social Media also die Lösung?

Auf praxisnahen Veranstaltungen, etwa der Enterprise 2.0 Summit, wird diskutiert, wie Social Media die Wissensarbeit in den Unternehmen unterstützen könnte.

Social Media im Intranet?

Doch der arme Social-Media-Berater seufzt laut auf, denn nicht bei allen Entscheidern stoßen er, Social-Media-Evangelisten und Early Adopter auf offene Ohren – und noch weniger auf umfangreiche Budgets.

Denn leider verbinden die Manager „Social Media im Intranet“ auch an die Datenschutz-Probleme bei Facebook, sie denken an private Facebook-Phänomene und verlieren rasch die Begeisterung – beziehungsweise gewinnen sie erst gar nicht.

Oft sind Gespräche mit Entscheidern schnell beendet, wenn der falsche Begriff gewählt wird. So kommt es gar nicht so weit, über das Potenzial von Social Media für die interne Kommunikation, Zusammenarbeit und Wissensarbeit zu sprechen.

Im Gegensatz dazu haben zahlreiche Gespräche gezeigt, dass Entscheider der Frage nach dem „Arbeitsplatz der Zukunft“ in seiner Gesamtheit wesentlich mehr Bedeutung geben, als den für sie schwer greifbaren Konzepten Web 2.0, Enterprise 2.0 und Social Media.

Weil sich der Einfluss der Entwicklungen  „2.0“ und „social*“ in allen Unternehmensbereichen zeigt, setzen Berater gerne auf Begriffe wie Social Collaboration, Social Intranet, Social Business und Social Workplace. Damit versuchen sie, dem Dilemma der Losgelöstheit von Social Media zu entgehen. Doch der allumfassendere und womöglich unkritischere Begriff in der Praxis ist vermutlich „Arbeitsplatz der Zukunft.“

Der Arbeitsplatz der Zukunft

Vor diesem Hintergrund haben Joanneum-Research – Digital und das Kompetenzentrum – Das Virtuelle Fahrzeug eine umfangreiche Studie durchgeführt, die kürzlich als Buch und Ebook veröffentlicht wurde.

In „Future Workplace – Eine Untersuchung sozio-technischer Einflüsse auf den Arbeitsplatz der Zukunft“ wurden unter anderem 16 Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft zu Trends, Treibern und Technologien am Arbeitsplatz der Zukunft befragt. Im Folgenden werden einige Ergebnisse aus der Studie vorgestellt.

Die Studie zeigt beispielsweise, dass die meisten befragten Experten der Ansicht sind, dass der physische Arbeitsort auch in Zukunft nicht gänzlich verschwinden wird. Mitarbeiter brauchen immer einen Platz, um ihre sozialen Kontakte mit Kollegen zu pflegen.

Dennoch werden soziale Medien den Arbeitsplatz der Zukunft  wesentlich mitprägen.

Die Arbeit der Zukunft …

  • erfordert eine neue Gestaltung des Arbeitsplatzes, damit Mitarbeiter und damit ihre Unternehmen mehr Kreativität und Innovation hervorbringen können.
  • wird mehr Varianten zulassen müssen, angefangen vom verwendeten Mobiliar, über die Technik bis hin zu organisationalen Rahmenbedingungen.

Noch ein weiter Weg

Es ist noch ein weiter Weg von der festen Arbeit und von starren Arbeitsanforderungen und hin zu flexibleren Organisationsformen. Heute treffen die wesentlichen Enabler für den Arbeitsplatz der Zukunft aufeinander: steigende Verbreitung mobiler Endgeräte, steigender Bekanntheitsgrad sozialer Medien und ihrer Nützlichkeit aus dem privaten Umfeld, Mentalitätswandel der Menschen zum mobilen Arbeiten und die zunehmende Verfügbarkeit von Cloud-Services im privaten Bereich.

Am Arbeitsplatz der Zukunft wird der Zugriff auf Information und Wissen sehr viel offener sein als heute. Es wird aber auch ein viel größeres Informationsangebot geben, welches es zu beherrschen gilt.

Mitarbeiter bewegen sich in Informationsströmen (social activity streams) und generieren ihr persönliches Informationsangebot selbstorganisiert und selbstverantwortlich. Sie bauen sich auch ihre Systemumgebung aus einer Vielzahl an Werkzeugen und Informationsquellen selbst zusammen.

Da der Arbeitsplatz der Zukunft durch unterschiedliche Kommunikationsverhalten geprägt sein wird, muss über alles Kommunizierte eine soziale Transparenz geschaffen werden. Es entsteht ein umfassendes digitales und digitalisiertes Informationsangebot, das über mächtige unternehmensinterne Suchmaschinen erschlossen wird.

In den Unternehmen wird die Transparenz über Wissen und vielmehr über Wissensträger zunehmen. Denn für Unternehmen wird es über soziale Mechanismen künftig wichtiger, die richtigen Wissensträger zu identifizieren, als das explizierte Wissen selbst – ein Aspekt, der sich im Wissensmanagement lange gehalten hat.

Heute steht fest: Auf dem Weg zum Arbeitsplatz der Zukunft geben Technologieunternehmen und Digital Natives das Tempo vor. Digital Natives gestalten Informationstechnologien durch ihre Nutzung.

Deshalb sollten junge Mitarbeiter in den Unternehmen stärker als Impulsgeber für den Einsatz neuer Technologien akzeptiert und eingesetzt werden. Denn sie tragen modernes und netzwerkbasiertes Denken in die Arbeit hinein und forcieren den notwendigen Kulturwandel.

Bild: © Robert Kneschke – Fotolia.com

Alexander Stocker Als Gastautor im PR-Blogger tätig.

12 Replies to “Formt Social Media den Arbeitsplatz der Zukunft?”

  1. Toller Artikel, Danke! Es gibt viele Möglichkeiten zu entdecken. Die größte Herausforderung von Social Media wird aus meiner Sicht sein: Die Daten-Autobahn läuft jetzt nicht nur in einer Richtung, sondern in beide. Es ist keine Einbahnstraße mehr, der Kunde spielt mit. Das muss sich erstmal in die Routinen (Denken & Handeln) einschleifen…  und auch wenn die Technologie das Tempo vorgibt leben darin immer noch Menschen. Solange gilt: Wenn die Entscheidungen schneller getroffen werden als sie umgesetzt werden können, bricht das System zusammen.

    1.  Ich stimme Ihnen da vollkommen zu. Das Prinzip der Zwei-Wege-Kommunikation muss erstmal in den Köpfen der Unternehmen sacken. Die Entwicklung ist ganz sicher eine unumkehrbare, die zunehmende Anpassung erfordert – besser früher als später. Social Media ist kein Trend, den man als Unternehmen aussitzen kann.

  2. Die Studie ist unbedingt lesenswert, Gratulation! Wie geht es dann aber weiter? Zwei beunruhigende Beobachtungen:

    (1) Wir können schon davon ausgehen, dass soziale Medien den Arbeitsplatz der Zukunft prägen werden. Aber in vielen Unternehmen und Organisationen, die bereits soziale Medien intern nutzen, reibt man sich die Augen wie dort dann gearbeitet wird. Die Arbeitsaufgaben wurden nahezu 1:1, nun eben mit sozialen Medien, umgesetzt. Und wenn es zeitlich eng wird, dann greifen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die „bewährten“ Arbeitsmuster zurück. Eigentlich ist klar, wir sollten mit sozialen Medien radikal anders arbeiten (können) – sowohl effektiver als auch kreativer. Aber den Nutzen einer Neugestaltung der Arbeit sieht man häufig erst dann, wenn diese persönlich erlebbar geworden ist und auch konsequent eingefordert wird.

    (2) Richtig ist sicher auch, dass junge Mitarbeiter in den Unternehmen stärker als
    Impulsgeber für den Einsatz neuer Technologien akzeptiert und eingesetzt
    werden müssen. Aber ihnen auch noch die Aufgabe zu übertragen, netzwerkbasiertes Denken und Arbeiten im Unternehmen zu etablieren? Kann das gehen? Eine (nicht empirisch abgesicherte) Beobachtung aus meinem Netzwerk: viele junge Social Media-Enthusiasten reiben sich an dieser Aufgabe auf und wechseln in relativ kurzen Abständen die Unternehmen. Eine „Kanalumkehr“ (von Top-Down zu Bottom-Up) scheitert weniger an den bestehenden „Machtverhältnissen“, sondern am Gestaltungswissen.

    Ich hoffe, dass ich jetzt nicht im Verdacht stehe, die Seite gewechselt zu haben 🙂 Aber für den Arbeitsplatz der Zukunft wird es noch viel Know-How zu seiner Gestaltung, einen konsequenteren Kompetenzaufbau bei allen Beteiligten sowie einen gemeinsamen Willen zur Realisierung erfordern.

  3. Hallo Herr Niemeier!

    Über Ihr Lob zur Studie freue ich mich natürlich ganz besonders!

    Ich gebe Ihnen völlig Recht: Dass Tools eher zur Unterstützung der Arbeit verwendet werden, ohne die Arbeit selbst zu reformieren, kenne ich schon aus dem Wissensmanagement.
     Das Spannungsfeld zwischen Alt und Jung (va. hinsichtlich der Nutzung Neuer Medien) haben wir in der Studie auch speziell betrachtet. Dazu gab es wertvollen Input von BMW.

    Viele Grüße,
    Alexander Stocker

  4. Schönes Summary zum Thema, und ja: Es geht weniger um technische als um kulturelle Fragen – eine Ebene, auf der sich Management und 2.0-Praktiker auch viel einfacher verständigen können.

  5. Gehts auch konkrekt? Am Beispiel? Das ist ein Artikel aus nebulösen Begriffswolken ( vulgo Schwall im All) aus zwei noch unschärferen Studien  und wenn ich schon „Technologien“ höre… Typisch für eien Beraterbranche, die versagt wenns im Unternhemen kriselt.

  6. Wie immer hervorragender Beitrag Herr Stocker. Ich kann mich dem Lob von Herrn Niemeier nur anschließen.
    Ich finde es spannend, dass Sie den Definitionkonflikt aufgegriffen haben. Aber ich befürchte auch, dass trotz der genaueren Beschreibungen wie Social Workplace oder Social Business viele Unternehmen auch von diesen Begriffen relativ schnell die Nase voll haben werden. Hier muss eine klare Begriffspool entstehen. Leider wird dies vielfach durch Metadiskussionen und Berater USP verfehlt.

    1. Hallo Herr Thielke.

      Danke für Ihr Lob, den Retweet und den Kommentar.
       
      as Nase voll haben:
      Das ist leider auch ein Problem in der Praxis. Ich kenne viele Unternehmen, wo auch traditionellere Begriffe wie etwa „Innovation“ nicht mehr gehört werden können.

  7. Ich denke schon, das Social Media viele Arbeitsplätze der  Zukunft schmieden und bilden wird. Schon jetzt führen die meisten Menschen ein Digitales „Doppelleben“- deshalb sollte man sich dringend Social-Media-Wissen/Wissen um Blogs etc. aneigenen & mit der Welt Schritt geheh zu können. LG aus Bochum

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