Videos sind im Social Web nicht wegzudenken. Täglich werden Milliarden allein auf YouTube abgerufen und weiterempfohlen. Kaum ein Medium spricht Menschen so stark auf einer emotionalen Ebene an- ein Grund, warum Viral Kampagnen selten ohne Bewegtbild arbeiten. Was Unternehmen beachten sollten, wenn sie Videos in Social Media integrieren und warum die klassischen Imagefilme vom Aussterben bedroht sind erklärt Achim Beisswenger im folgenden Interview. Der ehemalige Leiter des Marketing und Vertriebs der Bavaria Film Interactive und Autor des Buches "Youtube und seine Kinder" organisierte zuletzt die Audiovisual Media Days, die in dieser Woche in München stattfand.
1. Werden Videos für das Social Web den klassischen Imagefilm ablösen oder ist das nur ein Hype?
Nein, wir stehen hier vor einem grundsätzlichen Wandel. Die Bedeutung des klassischen Imagefilms für Unternehmen wird weiter abnehmen. Social Media erfordert neue Darstellungsformen: hier gewinnen kurze, originelle und authentische Clips. Das Schöne daran: der Erfolg lässt sich schnell in (Abruf-) Zahlen messen.
2. Wie konnte es zu dieser Entwicklung kommen?
Unternehmen müssen dort präsent sein, wo sich ihre Zielgruppe aufhält. Das sind immer öfter die Social Media-Plattformen. Allein auf YouTube werden täglich zwei Milliarden Videos abgerufen, jede Minute werden 24 Stunden hochgeladen. Manager handeln grob fahrlässig, wenn sie diese Entwicklung in ihrer künftigen Kommunikationsstrategie nicht ausreichend berücksichtigen.
3. Was sind Do’s und Dont‘s bei der Produktion von Videos?
Erst einmal: Erfolgreiche Videos im Social Web sind keine Frage des Geldes. Der erfolgreichste Clip mit rund 200 Millionen Abrufen auf YouTube ist ein kleiner wackeliger Film namens „Charlie bit my finger“. Er ist amüsant, authentisch und berührt die Zuschauer. Aus diesem Amateur-Home-Video können Unternehmen aber eine Menge lernen: Macht’s einfach! Und das ist durchaus im doppelten Sinne zu verstehen.
4. Haben Sie Empfehlungen, wie Unternehmen am besten mit Social Videos starten?
Ja, mit einer Idee und ohne allzu vielen Bedenkenträger im Unternehmen. Eine erfahrene Agentur kann hier überdies nicht schaden.
5. Wie können Unternehmen die Reichweite ihrer Videos erhöhen?
Eine crossmediale und auf die Zielgruppe abgestimmte Multi-Plattform-Strategie trägt dazu bei, die Reichweite maßgeblich zu steigern. Dazu gehört u.a. das Seeding, Tagging und Sharing der Inhalte. Die Videos sind bestenfalls interaktiv und regen zur Diskussion an. Gerade in Blogs können sich Videos stark verbreiten und erreichen teilweise eine enorm hohe Reichweite. Exemplarisch ist hier sicher das Kitkat-Video von Greenpeace.
6. Welche Influencer gibt es im Video-Bereich und wie erreiche ich diese am besten?
Zu den Hauptinfluencern zähle ich vor allem Multiplikatoren, Blogger und Journalisten. Außerdem gilt immer: Eine überraschende oder gut aufbereitete Story ist und bleibt der Rohstoff für eine gute Kommunikation.
7. Welche Inhalte kann man auf YouTube zeigen?
YouTube ist so bunt wie das pralle Leben. Türkische Hochzeiten, Coverrock-Bands und kleine häusliche Missgeschicke sind nur einen Klick entfernt. Also: Wer hier auffallen will, muss sich etwas einfallen lassen. Aber das ist im wahren Leben ja auch so. Und auch hier sollte man nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Aber das versteht sich ja von selbst.
8. Mit welchen Inhalten punktet man am meisten beim Publikum / welche Art von Social Media Videos haben den meisten Erfolg und erreicht die größte Zielgruppe?
Gute Vertonung, pfiffige Musik und ein Spritzer Humor in Kombination mit etwas Neuartigem kommt immer gut an – so wie beispielsweise die Roller Babies von Evian.
9. Laut einer aktuellen Erhebung der infotainweb AG binden 2/3 der untersuchten Fachmedien Videos in ihre Webseiten ein. Warum setzen Medien mittlerweile verstärkt auf das Medium Video?
Video wird mehr und mehr zum festen Bestandteil im Kommunikationsmix der Medien. Die User von heute erwarten eine umfassende und zeitgemäße Aufbereitung von Informationen – da gehören Video-Angebote einfach dazu. Durch neue Plattformen wie etwa das iPad wird sich dieser Trend noch verstärken.
10. Wie schafft man es, dass Journalisten Videos in ihre Onlinemedien einbinden?
In dem man ihnen die Vorteile klar macht: Die entscheidende Tor-Szene, die Auto-Testfahrten oder Lena in Oslo. Vieles kommt im Bewegtbild-Format einfach besser rüber.
11. Macht nur die Verbreitung via YouTube Sinn oder gibt es noch andere Video-plattformen, die für Unternehmen relevant sind?
YouTube ist als Videoplattform für Unternehmen aufgrund seiner immensen Verbreitung die klare Nummer 1. Untersucht das Unternehmen aber die Plattform-Nutzungen seiner Zielgruppe, können im Einzelfall natürlich auch Video-Websites wie Sevenload, MyVideo oder Vimeo eine Alternative oder Ergänzung sein. Wie immer gibt die Zielgruppe hier den Ton an.
12. Gibt es in Ihren Augen besonders gelungene Beispiele für den Einsatz von Videos in Unternehmen?
- http://www.newyorkfestivals.
com/ - http://viralvideochart.
unrulymedia.com/ - http://www.worldmediafestival.
org/
13. Gibt es auch Beispiele für Unternehmen, die mit Videos schon einmal eine Bruchlandung hingelegt haben?
Ja, der Viralspot „We are sinking“ von der Berlitz Language School zum Beispiel – eine Bruchlandung, die wirkt!
14. Wie viel kostet die Produktion von Videos für das Social Web. Kann man das mit den eigenen Ressourcen im Unternehmen noch selbst stemmen?
Die technischen Produktionsmittel sind heutzutage zu vernachlässigen – diese sind finanziell auch für kleinere Firmen bezahlbar. Wichtig ist jedoch ein guter Sparringspartner, der Ideen und kreativen Input von außen beisteuert.
15. Wie perfekt muss ein Corporate Video künftig sein? Geht das auch mit einfachen Bordmitteln oder sollte man sehr auf Professionalität achten?
Einfach produzierte Filme können ebenso ihre Wirkung erzielen wie aufwändig produzierte Filme. Wie gesagt: die Idee zählt!
Vielen Dank.
Danke für diesen wirklich wichtigen Beitrag.
Ein ganz wichtiger Hinweis aber fehlt: Nur durch ein witziges Video wird man nicht auf YouTube auffallen.
Unternehmen, egal wie klein, müssen ihr Video unbedingt auf ihren anderen Online-Kanälen bewerben. Einbetten ist das Zauberwort.
Stand-Alone-Lösungen, also nur Video machen, auf YouTube stellen, und schauen was passiert, ist nicht genug.