Max Mundhenke Max Mundhenke bloggt seit 2013 über alles, was im weitesten Sinne mit Arbeit, Bildung und Politik zu tun hat. Der selbsterklärte Klischee-Millennial studierte in Bielefeld Soziologie und Medienwissenschaften, ehe er sich nach einer kurzen Stippvisite in einer Werbeagentur nach Berlin aufmachte. Nachdem er eine "Anleitung zum Nicht-Studieren“ schrieb, verantwortet der als „Tom Kraftwerk“ bekannte Twitterer und Buchautor nun die Content-Strategie im Recruiting-Start-Up Truffls.

So sexy kann Recruiting sein

2 Minuten Lesedauer

Im Rahmen meines ersten Praktikums in der Schule war es normal, die Social Media Kanäle meines Arbeitgebers mitzugestalten. Ich arbeitete zwar in einem kleinen Handwerksbetrieb, aber um die Kommunikation der mittelständischen Firma nach außen hin zu verwalten, war ich offenbar qualifiziert genug. Als ein im Jahr 1992 geborener Digital Native, der mit einem 56k Modem und Windows 95 sozialisiert wurde, hörte ich in dieser Zeit sehr häufig so etwas in die Richtung wie „Du bist jung, mach mal dieses Social Media“.

Heute sitze ich mit fünf hoch spezialisierten Kolleginnen und Kollegen in einer eigenen Online-Marketing-Abteilung. Und auch wenn wir alle unter 30 sind, würde uns niemand mehr allein wegen unseres Alters und der damit einhergegangenen digitalen Sozialisation einstellen. Im Gegenteil, wir wurden gezielt von unserem Chef angesprochen und in das Unternehmen geholt.

 

 

Modernes Recruiting: Direktheit, Knappheit und Attraktivität

So wie sich Arbeit in den letzten Jahrzehnten verändert hat, hat sich eben auch das Recruiting gewandelt.

Klar kann man gewisse Hard-Facts erkennen, die meinem Chef die Suche nach uns erleichtert haben dürften: Berlin ist als Standort attraktiv, das Team ist mit einem Durchschnittsalter von 29 Jahren sehr jung und das Arbeiten in einem Start-up ist ohnehin eine Erfahrung, die viele Menschen unserer Generation machen wollen.

Dennoch gibt es einige Dinge, die sich ganz deutlich von den Bewerbungsprozessen anderer Unternehmen unterschieden haben, die wir vorher allesamt kannten. Die Unterschiede lassen sich in drei Punkten zusammenfassen:

 

1. Direktheit

Active Sourcing ist zwar aufwendig, aber dennoch hinterlässt es beim Bewerber ein gutes Gefühl, wenn sich der potenzielle neue Arbeitgeber wirklich für einen interessiert. Um das zu verdeutlichen, kannst du das ganze ja umdrehen: Wann hat sich aus deiner Perspektive eine Bewerberin oder ein Bewerber ausreichend über dein Unternehmen informiert? Welche Fragen sollen er oder sie im Bewerbungsgespräch stellen, um genügend Interesse bekundet zu haben?

Das ist ohnehin eine gute Übung, denn der Trend vom Arbeits- zum reinen Bewerbermarkt wird immer deutlicher: Unternehmen bewerben sich zunehmend bei potenziellen Angestellten, nicht mehr umgekehrt. Der demografische Wandel und die zunehmende Ausdifferenzierung digital-affiner Jobs machen es möglich. Das führt uns auch direkt zu Punkt 2.

 

2. Knappheit

Was interessiert mich, wenn ich mich auf eine Stelle bewerbe? Ich will im Grunde erstmal nur wissen: Wo und was? Die Zeiten, in denen man auf Riesenkonzerne oder Jobtitel als Statussymbole gesetzt hat, sind vorbei (vertraue dabei ruhig dem „Unicorn Content Ninja Rockstar“).

Jobtitel geben ohnehin schon lange nicht mehr das genaue Aufgabenfeld eines Berufs wieder. Suche mal zum Spaß bei Indeed nach „Digitalisierung“ und lese ein paar Jobbeschreibungen. Faustregel: Je mehr wichtig klingende Buzzwords eine Stellenausschreibung hat, desto ahnungsloser ist deren Verfasser.

Die große Bitte: Mehr Inhalt wagen! Was soll eine Bewerberin oder ein Bewerber in deinem Unternehmen tun? Wer hierauf mit „Die Digitalisierung vorantreiben“ antwortet, kann auch FDP-Wahlplakate texten. Man darf heute durchaus konkret werden: Content-Strategie entwickeln, Performance-Marketing optimieren, Corporate Influencer schulen…

Wenn du jemanden willst, der die Digitalisierung lebt, gehe als Beispiel voran. Dazu ein Hinweis: „Sicherer Umgang mit MS-Office“ ist nicht Digitalisierung.

 

3. Attraktivität

Was für Young Professionals im Alter von 20 bis 29 attraktiv ist, kann man zwar nicht für alle pauschal sagen. Aber es gibt einige Benefits, mit denen man jeden noch so freiheitsliebenden Mittzwanziger aus dem Freelancer-Lifestyle in die Festanstellung locken kann. Work-Life-Balance spielt für viele eine große Rolle. Auch berufliche Weiterentwicklung und regelmäßige Feedbackgespräche gehören sicher zu einem attraktiven Arbeitgeber.

Was aber oft fehlt, wenn man sich Stellenausschreibungen und Firmenkulturen hierzulande ansieht, ist die Kommunikation auf Augenhöhe. Niemand will von oben herab behandelt werden, auch wenn die Firmenpolitik es vielleicht vorsieht. Aber wenn unsere Generation auf starre Hierarchien und fehlendes Mitspracherecht stehen würde, müsste die Bundeswehr sich nicht auf der Gamescom herumtreiben.

 

Gute Chancen für deutsche Familienunternehmen

Fassen wir also zusammen: Direktheit, Knappheit und Attraktivität sind die drei Punkte, mit denen jedes noch so spießige deutsche Familienunternehmen auf kurz oder lang sein Recruiting sexy machen kann.

Und ich möchte prophezeien: Wenn die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt so weiter geht wie bisher, haben wir gute Chancen, unsere Krawatten bald wieder anderweitig zu nutzen.

 

Bildquelle:

Alex Holyoake on Unsplash

Max Mundhenke Max Mundhenke bloggt seit 2013 über alles, was im weitesten Sinne mit Arbeit, Bildung und Politik zu tun hat. Der selbsterklärte Klischee-Millennial studierte in Bielefeld Soziologie und Medienwissenschaften, ehe er sich nach einer kurzen Stippvisite in einer Werbeagentur nach Berlin aufmachte. Nachdem er eine "Anleitung zum Nicht-Studieren“ schrieb, verantwortet der als „Tom Kraftwerk“ bekannte Twitterer und Buchautor nun die Content-Strategie im Recruiting-Start-Up Truffls.

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