Wie wichtig Networking und Personal Branding sind, davon versteht Chérine De Bruijn sehr viel. Darüber habe ich mit ihr für dieses Interview gesprochen. Vor einem Jahr hat sie sich selbstständig gemacht und ist unter dem Label CORPORATE KITCHEN® gestartet. Die Kölner Networkerin zeichnet sich durch ihren unermüdlichen Entdeckergeist für innovative Themen aus. Sie hat die Leidenschaft und das Talent für gelungene menschliche Begegnungen und bringt Menschen zielführend zusammen. In vorherigen beruflichen Stationen war Chérine Pressesprecherin für eine der größten inhabergeführten Digitalagenturen Deutschlands, eines Startups und Inkubators sowie zuletzt Geschäftsführerin von Web de Cologne e.V., dem größten regionalen Branchennetzwerk für die Internetwirtschaft.
Wenn ich den Namen CORPORATE KITCHEN höre, werde ich neugierig. Wofür steht Dein Unternehmensname eigentlich? Vor einem Jahr hast Du es gegründet. Mit Foodblogs hat es vermutlich wenig zu tun, oder?
Ich bin auf den Namen meiner Agentur gekommen, weil ich versucht habe, meine persönliche Leidenschaft mit dem Themenfeld zu kombinieren, in dem ich mich bewege. CORPORATE steht für die vielfältigen unternehmerischen Fragestellungen, die ich mit meinem Unternehmen beantworten möchte und KITCHEN stellt dabei der Raum dar, in dem ich diese Inspiration vergebe, neue Ideen und Lösungen mit meinen Kunden gemeinsam entwickle.
Du bist schon länger in der Kommunikationsbranche aktiv und warst auch schon selbst Pressesprecherin. Was hältst du davon, dass man heutzutage immer noch von Pressesprechern spricht. Ist der Begriff noch zeitgemäß ist, weil sich ja die Rolle des Pressesprechers ziemlich verändert hat oder?
Der Pressesprecher hat nach wie vor eine Existenzberechtigung, nur der Begriff dahinter oder die Definition müsste angesichts der heutigen Entwicklungen neu gedacht werden. Die PR-Verantwortlichen müssen ihre Inhalte nicht mehr allein als Gatekeeper für das Unternehmen nach außen lancieren, sondern können selbst für ein Agenda Setting sorgen, indem sie mit gemeinsam mit weiteren zentralen Multiplikatoren innerhalb des Unternehmens publizieren und den Content insgesamt steuern.
Braucht man in diesem Kontext dann überhaupt Pressemitteilungen?
Die Informationsquellen auf der Journalistenseite haben sich stark gewandelt durch Social Media. Es sind nun viel mehr Kanäle relevant wie Social Networks oder auch Messenger. Es kommt darauf an, mit welchem Journalisten man sprechen will. Nicht jeder ist in Social Media so aktiv wie wir Digitalen. Ganz verzichten können wir darauf daher nicht.
Welchen Tipp gibst du den KMU-s zum Start, sollen sie eher auf Klassische PR setzten oder sollen sie mehr veröffentlichen?
Wir haben eine absolute Angebotsüberflutung durch Neugründungen, Start-Ups und viele neue Produkte, die auf den Markt kommen. Deshalb müssen Unternehmen einen klaren informationsorientierten Mehrwert bieten, der neugierig macht. Content Marketing ist in der Kommunikation ein wichtiges Instrument, um Storytelling rund um seine Marke zu gestalten. Es lohnt sich, selbst viel mehr zu publizieren – sofern es einen Mehrwert für den Leser bietet und auch für die Positionierung des Unternehmens bzw. der Person Sinn ergibt. Zumal man auf diesem Wege auch Journalisten erreichen kann, die selbst immer häufiger zur Marke werden und auf Twitter und Co. aktiv sind. Auf den Social-Media-Kanälen sind sie für die PR gut erreichbar. Das sollten Unternehmen stärker und gezielt nutzen.
Wenn Journalisten Marken sind, müssen die Unternehmer natürlich auch zu Marken werden. Wenn jemand das noch gar nicht ist, was empfiehlst du demjenigen, um das Personal Branding zu schärfen? Wo soll man anfangen?
Personal Branding ist aus meiner Sicht ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil, von denen – vor allem auch junge – Unternehmen profitieren können: Wer seine Stärken genau kennt und andere auf gekonnte Art mitreißen kann, gewinnt kann. Das setzt natürlich voraus, dass gewisses Expertenwissen vorhanden ist. Einzelne Mitarbeiter in einem Unternehmen sollten genau überlegen, welche Themen sie mögen und in der Öffentlichkeit besetzen möchten. Dabei muss jeder sich selbst kritisch hinterfragen, ob er wirklich gut darin ist und ob es authentisch ist – dies ist eine wichtige Voraussetzung. Denn: Luftnummern fallen im Social Media Bereich sehr schnell auf. Ich glaube auch, dass der Personal Branding Faktor im Personalbereich zukunftsrelevant sein wird, weil sich die „High Potentials“ daran orientieren, ob sie in dem Unternehmen auch Visionäre finden, denen sie folgen können.
Wann hört es auf, wann zeigst du einen Teil von deiner Persönlichkeit nicht mehr beim Personal Branding?
Ich finde es ist immer schwierig, rein auf der Business-Ebene auf Personal Branding zu setzen. Es sind sicherlich Grenzen, die es bei privaten Themen geben muss. Hier muss jeder für sich die richtige Mischung finden – und letztlich geht es immer um einen „gesunden Menschenverstand“ ;-). Doch neben dem persönlichen Wissen geht es bei einem Personal Brand immer auch um dessen Persönlichkeit. Eine klare Haltung zu Themen ist hilfreich: Wer Persönlichkeit zeigt, wird erkennbar, authentisch und relevant.
Macht Dein Unternehmen bereits Content Marketing? Inwiefern?
Content Marketing ist für Unternehmen jeder Größenordnung eine ausgezeichnete Methode, die Themen- und Markenwelt sichtbar und erlebbar zu machen. Aber es geht um viel mehr: Zielgruppen können mit auf die Entdeckungsreise genommen, inspiriert, für sich gewonnen und nachhaltiges Vertrauen aufgebaut werden. Zeitgleich erweitert es auch den „Horizont“ der Unternehmen, die im Dialog und mit Blick auf die (neuen) Bedürfnisse ihrer Kunden dazu lernen und schlussendlich auch ihr Geschäftsmodell erweitern können.
Vor allem für Startups und junge Unternehmen bietet Content Marketing vor, während und nach der Gründungs-, oder Launch-Phase effektive sowie kostengünstige Möglichkeiten, um Erfahrungen, Feedback, Interaktion und Wachstum auf verschiedenen Ebenen zu generieren. Und diese Faktoren sind gerade am Anfang erfolgsentscheidend. Sowohl für meine Kunden, als auch für mich persönlich – als Gründerin von CORPORATE KITCHEN® ist Content Marketing eine starke Methode, die Positionierung am Markt zu schärfen. In meinem Fall gehören dazu die Platzierung von eigenen Ideen und Inspirationen zu Themen wie #Communications #PersonalBranding und #CorporateEvents in branchenrelevanten und persönlichen Netzwerken sowie passende Beiträge in Social Media (u.a. Facebook, Instagram, Twitter, Blogs). Nicht zu unterschätzen ist aber auch der „persönliche Handschlag“ mit meinem Netzwerk, der in meinem „speziellen Fall“ eine essentielle Basis für den nachhaltigen Erfolg der Maßnahmen ausmacht.
Was ist für Dich gutes Content Marketing, worauf sollte man dabei achten?
Gutes Content Marketing trifft den „Nerv“ und profitiert auch von der Interaktion mit der Zielgruppe. Dies setzt jedoch voraus, dass die Inhalte überzeugend sind. Weckt das Thema nachhaltiges Interesse? Ist es ein Thema, das gerne geteilt wird? Passen die Inhalte zum Absender, oder wirkt es eher „künstlich“? Kurz gesagt: Gutes Content Marketing ist authentisch (weil „typgerecht“), dialogorientiert (weil „interagierend“), inspirierend (weil „originell“), mitreißend (weil „impulsgebend“) und relevant (für Absender wie Empfänger).
Welche Content-Marketing-Beispiele gefallen Dir besonders? Warum?
Ein bekannter „Content-King“ ist das schwedische Möbelhaus IKEA. Verschiedenste auch (multi-)mediale Inhalte transportieren authentisch das Lebensgefühl der Marke auf sympathische Weise, ohne sich selbst dabei zu Ernst zu nehmen – dazu zählen zum Beispiel die Web-Serie „Easy to Assemble“, oder die Parodie zum IKEA Verkaufskatalog „Experience the power of a bookbook™“ . Diese hohe Komplexität der Content Strategie passt natürlich nicht in jedes Budget – vor allem nicht bei jungen Unternehmen, die sich erst noch am Markt etablieren müssen. Aber auch hier gibt es Beispiele wie das Finanzprodukt mint aus den USA: Als Vorreiter haben sie schon vor rund zehn Jahren auf regelmäßige Beiträge in ihrem Blog mintlife gesetzt, andere Wettbewerber wie Quicken haben zu diesem Zeitpunkt gerade mal monatlich Artikel veröffentlicht. mint hat sehr früh auf eigene Redakteure und Gastbeiträge gesetzt und es geschafft, mit ihren Inhalten nachhaltiges Vertrauen in einer jungen Zielgruppe aufzubauen und mit der vielseitigen Themenwelt auch für ihr Produkt zu begeistern.
Ein weiteres gutes Beispiel ist der Online-Weinhändler GEILE WEINE. Hier steht nicht das Produkt im Vordergrund, sondern der „Weinmoment“, zu dem das passende Angebot vorgeschlagen wird – abgerundet durch Hintergrundinformationen im Online-Magazin und originellen Botschaften im Social Web (Instagram, Facebook). Aber auch in der Offline-Welt haben die Mainzer mit ihren Live-Events in derzeit 21 Städten eine Plattform für ihre Themen und zugleich einen Treffpunkt für ihre Zielgruppen geschaffen, der heiß begehrt ist.
Die oben genannten Beispiele zeigen, dass Themenwelten viele Empfänger (und sicherlich auch potentielle Käufer) nachhaltig erreichen können. Es geht darum, die Zielgruppe in den „Kern“ des Unternehmens, des Produktes, oder der Marke eintauchen zu lassen und eine Verbindung in beide Richtungen herzustellen. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Marktplayer sich selbst genau kennt und sich seiner Potentiale bewusst ist. Mein Motto lautet dabei: „Deine Persönlichkeit ist Dein Sprungbrett“.
Bildquelle: Chérine De Bruijn