Sind Sie genervt vom Content-Marketing-Hype und von den immer gleichen Paradebeispielen wie Red Bull und Coca-Cola? Was soll daran wirklich so neu sein, kann es sich nicht genauso gut um Werbung, Corporate Publishing oder Agenda Setting handeln?
So könnte man denken, jedoch liegen Sie damit auch falsch. Derzeit versuchen viele Kommunikationsdienstleister, ihr eigenes Angebot mit diesen Trendbegriffen aufzuhübschen. Letztlich wird in jeder Trendphase versucht, alten Wein in neuen Schläuchen zu verkaufen. Dabei bildet die Phase des Content-Marketings und der Content-Strategie keine Ausnahme. Das mag viele nerven, manchmal verwirren, aber gleichzeitig setzen Unternehmen und Organisationen neue Schwerpunkte in ihrer Kommunikation: Sie optimieren ihre Inhalte und stellen dabei fest, dass das eine höchst komplexe Aufgabe ist, für die es noch keine zuverlässig verwendbaren Regeln und Definitionen gibt. Die Unternehmenskommunikation steht hierbei am Anfang eines Umbruchs, der Content-Revolution (Buch), die alle daran Beteiligten mit ihren Erfahrungen und Ideen begleiten und formen dürfen.
Deshalb begrüße ich es sehr, dass der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) auf der DMEXCO seine Content-Marketing-Definition präsentiert hat. Wenig überraschend erhält dabei Paid Media und die Content-Vermarktung über digitale Kanäle einen besonders wichtigen Stellenwert.
Die Definition des Content-Marketings
„Ziel des Content Marketing (CM) ist die Positionierung einer Firma oder Marke als Experte in ihrem Fachgebiet durch Bereitstellung von relevanten Informationen. In der operativen Umsetzung umfasst CM Planung und Erschaffung zielgruppenrelevanter Inhalte sowie deren strukturierte Verbreitung über verschiedene Kanäle.“ (BVDW)
Zu den Distributionskanälen ergänzt der BVDW:
„Native Advertising (NA): NA ist eine Form der bezahlten Onlinewerbung, die sich optisch und funktional an die Inhalte der Ausspielseite anpasst. (Paid Media, auch Sponsored Posts in Social Media)
Inbound Marketing (IM): IM stellt den Nutzer und seinen Inhaltebedarf in den Mittelpunkt. Hier spielen Kanäle der Contentsuche und -beschaffung eine elementare Rolle. (Earned und Owned Media)“
Demgegenüber haben wir (Doris Eichmeier und ich) in unserem Buch „Die Content-Revolution im Unternehmen“ die Schwerpunkte etwas anders gesetzt. Grundsätzlich stimmen wir jedoch mit der Definition des BVDW überein.
“Das Content-Marketing beschreibt Marketingmaßnahmen, die im Schwerpunkt auf Content basieren, um das Interesse der Stakeholder an verschiedenen Touchpoints und in den unterschiedlichen Kaufphasen zu gewinnen und die Kommunikation mit ihnen geschickt anzuregen und fortzuführen. Es geht um den optimalen Einsatz der unterschiedlichen Kanäle, um Personalisierung der Inhalte, um Markenbotschaften, das gekonnte Nutzen von Social Media, um Storytelling und natürlich auch um jede Menge Kreativität.”
Zurzeit nutzen viele das Wort Content-Marketing, um ihre bisherigen Aktivitäten mit dem neuen Wording schick zu machen und zu verteidigen. Schreiben oder Fotografieren kann schließlich ohnehin (fast) jeder. Öffentlichkeitsarbeit wird somit einfach mit Content-Marketing gleichgesetzt. Corporate Publisher machen (schon immer?) Content-Marketing. Direktmarketer sind (per se) Content-Marketer. Sogar das Dokumentenmanagement fühlt sich im Content-Marketing wohl. Aber: Wer publizieren, fotografieren, dokumentieren, eine Pressemitteilung schreiben oder Mailings gestalten kann, der ist noch lange kein guter Content-Marketer. Es genügt nicht, möglichst zielgruppenaffine „Owned Media“ zu veröffentlichen. Wäre das die Definition für Content-Marketing, könnte sich jeder Journalist und Werber als Content-Stratege feiern lassen.
Content-Marketing heißt vor allem, einzigartige Inhalte zu schaffen, zu choreografieren und diese mit seinen Kunden zu teilen. Dabei wirkt gutes Content-Marketing direkt auf die Marke ein, macht diese bekannt und beliebt. Wenn Kunden mit ihr in Kontakt kommen, sollten sie an den jeweiligen Touchpoints wertvolle Informationen erhalten, die das Vertrauen in die Marke stärken und einen Kauf wahrscheinlicher machen. Content steht ganz und gar für die Marke, repräsentiert diese.
Letztendlich geht es Unternehmen auch beim Content-Marketing immer um Wachstum und Umsatz. Es gibt zahlreiche Ziele, die man sich stecken kann und die dann indirekt aber deutlich zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Solche Ziele – außer den vertrieblichen wie Leads und Umsatz – können für Content-Strategie und Content-Marketing sein:
- eine höhere Attraktivität der Marke/Produkte/Unternehmen
- ein besseres oder modifiziertes Image
- den Unterschied zur Konkurrenz betonen
- einen neuen Markt inhaltlich erschließen
- eine erhöhte Kundenbindung, Kundenloyalität
- Aufbau einer Stammkundschaft
- Unterstützung des Kundenservice (Kostenersparnis)
- weitere Zielgruppen/Stakeholder ansprechen, z.B. Bewerber oder Zulieferer
- Krisenprävention
- mehr Bewerbungen
- mehr Verbrauchermeinungen initiieren (für Produktverbesserungen)
- Kostenersparnis bei der Content-Produktion
- Vereinfachen und Beschleunigen des Content-Managements
Content-Vermarktung ist noch kein Content-Marketing
Es geht nicht nur darum, relevanten Content zu erstellen, sondern auch um seine Distribution, wie es Stefan Fischer, Gründungsmitglied im CM-Lab des BVDW, ganz richtig gegenüber der Horizont formuliert hat. Allerdings gibt es neben Native Advertising, das hierbei besonders hervorgehoben worden ist, noch viele weitere (kostenlose) Distributionsmöglichkeiten für Corporate Content.
Werbung und Content-Marketing sollte niemand miteinander verwechseln. Stan Sugarman, Chief Digital Officer G+J Deutschland, hält das Native Advertising laut Horizont für einen zentralen Baustein des Content-Marketings. Demgegenüber sehe ich im Native Advertising kein Content-Marketing, sondern eine (wichtige) mögliche Form der Content-Vermarktung oder Content-Promotion. Über Native Ads können Marken in der Tat
- ihre Unternehmensbotschaften verbreiten und Agenda Setting betreiben,
- die Interaktion mit ihren Kunden stärken,
- ihre Reputation und Markensympathiewerte verbessern,
- virale Effekte erzeugen und Earned Media erhalten,
- den direkten Zugang zu ihren Stakeholdern erhalten
- selbst die Inhalte gestalten,
- ihre Social Media Kanäle oder Websites durch relevanten Content promoten
Das hat mit der Content-Strategie und einem Content-Marketing dennoch erst einmal wenig zu tun, kann dieses jedoch gut unterstützen. Es macht jedoch sehr viel Sinn, eine gewisse Trennschärfe der Begriffe beizubehalten und nicht jede digitale Kommunikation und Vermarktung digitaler Werbeformate unter Content-Marketing zu subsummieren.
>> Horizont: BVDW liefert Definition von Content Marketing
>> PR-Blogger: Klaus Eck: Was ist Content-Marketing
>> Medium: Klaus Eck: Warum sich Native Advertising lohnt
>> Medium: Klaus Eck: Was ist Native Advertising
>> Interview Acquisa: Klaus Eck: ”Den meisten fehlt die Content-Strategie”
>> Interview Springer Professional: Klaus Eck: “Unternehmen benötigen eine Content-First-Kultur”
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Ich bin im Großen und Ganzen auf Ihrer Linie, hätte mir aber gewünscht, dass die Unterscheidung zwischen „Vermarktung“ und „Marketing“ etwas deutlicher herausgearbeitet wird. Vielleicht anhand eines konkreten Beispiels. Auch weil ich als das PR-Fritze, der sich seit etwa einem Jahr in Content Marketing versucht, beide Begriffe bisweilen selbst etwas zu unscharf verwende, wie ich befürchte.
Auf die zahlreichen Möglichkeiten des Content-Marketings sind bzw. werden wir im PR-Blogger noch häufiger eingehen und dabei jeweils tiefer einstiegen. In diesem Falle ging es mir nur um die Einordnung.
Die aufgezählt bullet points zu den native ads entstammen allesamt dem corporate positioning, bisher Kernaufgabe der Public relations. Meiner Ansicht nach sollte hier nicht der eine Bereich den anderen ersetzen, sondern aufgezeigt werden, wie sich native advertising und PR ergänzen. Letztlich wird es in der Außenkommunikation immer um Überzeugung und Vertrauensaufbau gehen.
Letztlich geht es tatsächlich darum, das Zusammenspiel der einzelnen Funktionen im Unternehmen zu verbessern. Die Advertorials oder Fachartikel werden meistens auch von der PR geliefert.
Insgesamt hilfreicher Artikel. Jedoch fehlt mir die klare Unterscheidung von Strategien und Umsetzung. Ähnlich, wie Andreas Quinkert das beschrieben hat. Generell werden viel zu häufig strategische Herangehensweisen mit Prozessen verwechselt. Das eine ist der geistige Unterbau, die Entwicklung einer klugen Mechanik und das andere ist oft nichts anderes als die reine Umsetzung. Wobei „kluge Mechanik“ meint, dass wir vom Selbstverständnis zentralisierter Aufgabenstellungen und einem klaren Verständnis der Funktionsweise von Medienkanälen reden. Denn es verschmelzen sämtliche Kommunikationsdisziplinen miteinander. Endlich wird (wieder) klar, worum es eigentlich geht: Funktion und Wirkung, gesteuert und entwickelt von brillianten Ideen. Dabei hilft der Artikel. Danke dafür.
Darauf gehen Doris Eichmeier und ich ausführlich in unserem Buch „Die Content-Revolution im Unternehmen“ ein. Mir ging es hierbei nur um die häufige Verwechselung. Auf die anderen Aspekte sind wir bereits öfter im PR-Blogger eingegangen, werde es an Beispielen auch künftig weiterhin tun.
Interessant! Danke für den Tipp. Dann wird wohl mal reingelesen werden!
Meiner Meinung nach, ist es DER Aspekt überhaupt. Über den kann man eigentlich gar nicht oft genug etwas sagen. Denn genauso wird häufig auch Marketing mit Werbung verwechselt. Nein, das eine braucht das andere, aber es ist nicht das Gleiche! Immer wieder die Krux mit den fließenden Definitionen, von denen die Unternehmen selbst meist keinen Schimmer haben. Wie auch, wenn selbst wir in der Branche uns nicht mal einig sind 😉