Noch nie bestimmte der Kunde den Markt in dem Maße wie heute. Jeder von uns kann online recherchieren, wo ein Produkt preiswerter ist oder auf welche Weise es produziert wurde. Wir können selbst entscheiden, ob wir online oder offline kaufen und auch ob mittags um zwölf Uhr oder nachts um drei. Der Markt ist offen wie nie. Der Kunde hat die Macht. Und dementsprechend herausfordernd ist es, die langfristige Loyalität der Kunden zu gewinnen und zu erhalten.
Marketingkampagnen sind wichtig. Sie lenken die Aufmerksamkeit auf Marke und Produkt und laden Marken emotional auf. Das prägt die individuelle Kundensicht. Für lange Zeit wird Marlboro mit dem Image der Cowboys verbunden sein, obwohl Zigarettenwerbung in Deutschland längst eine untergeordnete Rolle spielt. Auf ewig wird Nivea mit der blauen Dose assoziiert werden. Auf ewig?
Langfristigkeit des Image ist eine Generationenfrage
Ein 16-jähriger wird mit dem Cowboyimage von Marlboro nur noch wenig anfangen können. Und auch Nivea hat seine Produktpalette massiv erweitert. Die blaue Dose wird von den nachfolgenden Generationen immer seltener assoziiert werden. Wer den Marketingmotor also nicht immer wieder anwirft, wird in Vergessenheit geraten und Einbußen beim Kaufverhalten feststellen
Darüber hinaus müssen wir uns die Frage stellen, wie sinnvoll temporäre Marketingkampagnen noch sind. Häufig scheinen die Konsumenten überfrachtet. Ein Großflächenplakat fiel vor 40 Jahren noch auf. Heute geht es in der Masse unter. Hinzu kommen, Radio, TV, Print und Onlinewerbung. Meist nimmt der Kunde Botschaften nur noch unterbewusst auf.
Kundenbindung stand bisher im Vordergrund
Stellt sich also die Frage: Sind die Ressourcen in Zeiten des „Auffallen um jeden Preis“ noch richtig eingesetzt? Reine Kampagnen sind aufwendig und kostspielig.
Was Unternehmen also brauchen: Kundenbindung. Der Kunde soll das entsprechende Produkt immer wieder kaufen, immer wieder in die Filiale kommen. Aber reicht das heut noch? Reichen Stempelkärtchen und der zehnte Kaffee gratis, um Kunden langfristig für sich zu gewinnen? Und wie lange können Stempelkärtchen tatsächlich ihren Zweck erfüllen?
In Zeiten, in denen die Kunden mitreden wollen und immer häufiger auf das reine Produkterlebnis, ohne schlechtes Gewissen setzen, rücken Stempelkärtchen und die Ersparnis weniger Euro in den Hintergrund.
Kundenloyalität statt Kundenbindung
Der Kunden bestimmt mehr denn je den Markt. Grund genug für Unternehmen, die Sicht der Kunden einzunehmen und sich die Frage zu stellen: Unter welchen Bedingungen bleibt der Kunde langfristig bei uns und wie können wir ihn sogar noch aktiv mit einbeziehen? Es macht einen massiven Unterschied, ob die Frage heißt:
Wie können wir den Kunden an uns binden? (Kundenbindung)
oder
Wann ist der Kunde loyal gegenüber unserer Marke? (Kundenloyalität)
Im zweiten Fall nehmen wir die Sicht des Kunden ein, stellen den Kunden in den Mittelpunkt. Wir versuchen den Kunden zu verstehen, statt ihn mit Kundenkarte & exklusiven Sonderangeboten immer wieder zu uns zu locken.
Grundlagen der Loyalität
Es gilt, sich die Loyalität der Kunden zu sichern, um langfristige und belastbare Beziehungen zwischen Marke, Produkt und Kunde aufzubauen.
Stellt sich also die Frage: Was will der Kunde? Was macht den freien Kunden zu einem loyalen Kunden? Was wirkt langfristig?
Die Herausforderung: So individuell die Kaufentscheidung, so individuell auch die Voraussetzungen für Loyalität. Fakt ist: Mit einfachen Werbeclaims allein, lässt sich Loyalität nicht gewinnen.
Was macht Loyalität aus? Wikipedia spricht von …
- „einer von Vernunftinteresse geleiteten inneren Verbundenheit“
- „im Interesse eines gemeinsamen höheren Zieles, die Werte (und Ideologie) des Anderen zu teilen und zu vertreten“
Loyalität erzeugen – Dem Kunden gerecht werden
Wie sollen Unternehmen also von Vernunft geleitete, innere Verbundenheit schaffen? Was sind höhere Ziele und Werte, die Unternehmen und Kunden gemein haben?
Für absatzorientierte Unternehmen bestimmen die Kunden die Werte und Ziele mehr denn je. Dabei lohnt ein Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen. Wir werden uns darüber einig sein, dass
- Fairer Handel
- Familienfreundlichkeit
- soziale Verträglichkeit
- nachhaltige Produktion
- Umweltbewusstsein
- Zuverlässigkeit
- Ehrlichkeit
- u.v.m.
Ansätze sind, die jedem von uns ein Kauferlebnis bieten, dass wir gerne mitnehmen, wenn das individuelle Kosten-Nutzen-Empfinden stimmt.
Loyalität erzeugen – den Kunden mit einbeziehen
Wollen wir also Loyalität erzeugen, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Das haben viele Unternehmen bereits erkannt und sich im Bereich Corporate Social Responsibility (CSR) breit aufgestellt. Jetzt gilt es diese Ansätze nach außen zu verkaufen. Und zwar glaubwürdig. Dabei hat Glaubwürdigkeit viele Facetten.
In Zeiten der Onlinekommunikation können wir dabei vor allem auf den Dialog auf Augenhöhe setzen. Sein soziales und nachhaltiges Engagement auf der Unternehmenswebsite zu präsentieren ist möglich, aber wenig glaubwürdig. Zum einen ist meist kein Dialog möglich. Zum anderen ist dieser Kanal, aufgrund seiner Vorgeschichte, als conversion-optimierter Werbekanal verschrien.
Wichtig für Unternehmen: Die Öffnung nach außen
Besser geeignet sind daher Blogs und Social Media-Kanäle. Potentiell loyale Kunden können in die Diskussion eintreten. Im Idealfall personalisiert. Personen wird eher vertraut und Verlässlichkeit zugesprochen als anonymen Marken. Unternehmen suggerieren damit bereits: Wir scheuen weder Öffnung noch Dialog. Außenstehende bekommen ein Gefühl von Sicherheit.
Dass es sich für Unternehmen lohnt mit Ehrlichkeit und Nachhaltigkeit zu agieren, versteht sich von selbst. Was in Zeiten der Onlinenutzung durch jedermann klar sein dürfte: Missstände werden schneller aufgedeckt. In diesem Fall ist der Glaubwürdigkeitsverlust von Unternehmen immens. Jegliche Kundenloyalität hinfällig.
Was bringt der loyale Kunde?
Das alles klingt aufwendig und nach einer langfristigen Planung und Umsetzung. Loyalität werden wir kaum von heute auf Morgen erzeugen. Da muss der Kosten-Nutzen-Faktor stimmen. Welchen Nutzen haben Unternehmen also davon?
1. Langfristige Kundenbindung & planbare Verkäufe
Kunden, die über einen langen Zeitraum loyal waren, sind für Unternehmen besser kalkulierbar. Der Tante-Emma-Laden ums Eck konnte sich über viele Jahre sicher sein, dass dieselben Kunden immer wieder zum Einkauf kamen. Weil sie aufgrund von Nähe und einem individuellen Verhältnis geprägt und damit loyal waren.
2. Botschafter
Haben Unternehmen die Loyalität bestimmter Kunden gewonnen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass diese unbewusst als Botschafter von Marke und Produkt agieren. Gespräche mit dem sozialen Umfeld sind bei Glaubwürdigkeit und gutem Gewissen nicht unwahrscheinlich.
Aber die Unternehmen können beim Kunden auch ein Bewusstsein schaffen, dass ein Agieren als Botschafter dem Unternehmen und Produkt helfen können. Ein Kunde, der im höchsten Maße loyal ist, entwickelt den Willen, das „eigene“ Produkt im Markt bestmöglich zu platzieren und gesellschaftlich kompatibel zu machen.
3. Versicherung in Krisenzeiten
Ist der Kunde in hohem Maße loyal, wird er auch vereinzelte Krisenszenarien mit tragen. Dabei steht immer die Abwägung zwischen den vorausgesetzten Werten und Zielen mit dem Ausmaß der Krise im Mittelpunkt. Der Kunde wird für sich klären: Lohnt es sich Marke und Unternehmen zu verteidigen, um auch in Zukunft wieder für das Gute zu stehen? Oder lohnt es sich nicht und der bisher loyale Kunde lässt die aufgebaute Beziehung fallen.
Am Ende wird die Kundenloyalität in der Belastbarkeit der Beziehung zwischen Kunde und Marke messbar.
Bildquellen: loyalty level conceptual meter indicate hundred per cent, donskarpo, Shutterstock; Strong foundation as a business concept of stability and loyalty, Lightspring, Shutterstock; Varicolored rope with knot on white background, Hong Vo, Shutterstock; Marlboro Country, Berlin Neukölln Aug 2010, Felix O
Sehr geehrter Herr Issel,
Im Kontext von Kundenloyalität möchten wir auf den Net
Promotor Score® als Maß für Kundenloyalität verweisen. Was hinter diesem wert steckt und wie er ermittelt wird, beschreiben wir in unserem blog – lesen Sie gern mehr darüber: http://community.netigate.net/de/net-promoter-score-wie-loyal-sind-ihre-kunden-10055.html
Wir bei Netigate unterstützen unsere Kunden dabei, durch
den Einsatz des NPS® ihre Kundenbeziehungen zu optimieren.
Hier sind drei Tipps wie Sie den NPS® messen und
erfolgreich einsetzen können:
1.
Identifizieren die wichtigsten Berührungspunkte mit Ihren
Kunden, z.B. Supportgespräche, Verkaufsgespräche etc. und führen Sie im
Anschluss an diese Kundenkontakte fortlaufend NPS®-Befragungen durch.
2.
Reagieren Sie sofort auf negatives Feedback, um die
negative Einstellung gegenüber Ihrem Unternehmen zu korrigieren.
3.
Bitten Sie Ihre Promotoren um Weiterempfehlungen.
Mehr dazu auf http://www.netigate.de/befragungen/produkte/nps/
Sehr geehrter Herr Issel,
schön, dass die Erkenntnisse aus der Kundenzufriedenheitsforschung so langsam auch in die Onlinewelt diffundieren. Dass zwischen Kundenbindung und Kundenloyalität ein wesentlicher Unterschied besteht, ist dort seit 20 Jahren akzeptiert ;-).
Bindung kann z. B. auch durch Barrieren entstehen, die von Unternehmen aufgebaut werden (technisch, vertraglich, etc.). Sind solche Barrieren erfolgreich aufgebaut, bedeutet dies nichts anderes als dass die Kunden keine Alternative haben. Gute Beispiele hierfür sind die Post (Telefone) vor 30 Jahren – es gab nur schwarze Telefone mit Wählscheibe oder früher auch Microsoft – es gab kaum eine Alternative zu Windows, oder Monopolisten (Streichhölzer). Folgerichtig werden solche Kunden auch „Gefangene Kunden“ genannt. Es lebt sich als Unternehmen lange gut mit solchen Barrieren. Aber wehe wenn die Barrieren fallen. Dann stimmen die gebundenen Kunden mit den Füßen ab … sie laufen einfach weg und meist zum Wettbewerb. Irgendwann fiel das Postmonopol und plötzlich gab es farbige Tastentelefone von Siemens – und fast alle stürzten sich darauf.
Ganz anders dagegen die loyalen Kunden. Sie sind loyal, weil sie mit dem Unternehmen, seinen Produkten und seinen Services sehr oder sogar außerordentlich zufrieden sind. Das ist die Gruppe, die Sie abschließend richtig beschreiben. Sie werben für das Unternehmen, sie verzeichen auch mal einen Fehler und verteidigen das Unternehmen auch z. B. in Diskussionen. Es gibt noch einige weitere Kriterien, z. B. die geringere Preissensibilität, die Bereitschaft, auch andere Produkte oder Services des Unternehmen zu nutzen (cross-selling) oder sich an der Entwicklung neuer Produkte und Services zu beteiligen.
Die idealen Kunden sind die Fans. Sie zeichnen sich durch eine emotionale Bindung an ein Unternehmen aus. Sie werden auch noch von selbst aktiv – wie z. B. viele Apple-Nutzer. Die beigefügte Grafik enthält das sogen. Beziehungsportfolio, in dem die bisher beschriebenen Größen Bindung und Loyalität anschaulich dargstellt sind.
Interessant ist Ihr Punkt Nachhaltigkeit oder neudeutsch Sustainability. Diese wird von vielen Unternehmen propagiert (vor allem große Konzerne wie Siemens, IBM u. ä. werben damit). Im Kundenzufriedenheitsmanagement ist diese interessante Komponente noch nicht so richtig angekommen. Das mag daran hängen, dass für das Konstrukt aktuell noch keine geprüfte Operationalisierung vorliegt. Hier hat die Forschung noch Aufgaben zu erfüllen. Dass Nachhaltigkeit wichtig ist und wichtiger wird, muss nicht diskutiert werden.
Der in einem weiteren Beitrag vorgeschlagene Net Promoter Score liefert Ihnen dazu jedenfalls keine Informationen (zumindest nicht in seiner einfachen Form).
Mehr zum Kundenzufriedenheitsmanagement unter http://www.2hm.com oder auf Slideshare http://de.slideshare.net/MarkusMierzwa oder direkt markus.mierzwa@2hm.com.
Ich bin gespannt, wie die Diskussion sich entwickelt.
Herzlichst,
Markus Mierzwa
2hm & Associates GmbH