Stefanie Söhnchen Stefanie Söhnchen ist Spezialistin für Kommunikation in digitalen Medien. Sie ist als Gastautorin im PR-Blogger tätig.

Milliardengeschäft Freundschaft vs. Emanzipation auf Facebook

2 Minuten Lesedauer

Wollen Sie mein digitaler Freund sein? Dann müssen Sie dafür nichts weiter tun, als alle Ihre persönlichen Daten und Fotos nach Amerika schicken. Das würden Sie nie tun? Wenn Sie mir allerdings gerade auf Facebook eine Freundschaftsanfrage geschickt haben, ist das längst passiert.

„Bin ich eine Ware? Nein. Ich bin ein Mensch, der Daten zur Verfügung stellt“, sagt Thomas Stieglitz, ein Restaurant- und Campignplatzbesitzer, in der NDR/ BBC Dokumentation „Facebook – Milliardengeschäft Facebook“ (Sendetermin: 13.02.2012, 22.45, Das Erste).

Genau wie Stieglitz geben auch 23 Mio. andere Deutsche bereitwillig ihre Daten an das soziale Netzwerk Facebook weiter. Im Gegenzug bekommen sie Zugang zum größten Freundeskreis der Welt.

Die Dokumentation zeigt, dass längst nicht allen Nutzern so klar ist, dass diese Mitgliedschaft nicht kostenlos ist, sondern sie tatsächlich mit ihren Daten „bezahlen“. Ich persönlich habe nichts gegen getargete Werbung und ob man diese Werbung dann anklickt, das ist im Endeffekt jedem selbst überlassen.

Dass unsere Daten Facebook gehören, steht zwar in den AGBs des Networks und sollte inzwischen auch kein Geheimnis mehr sein. Doch so richtig angemessen wird das von Facebook nicht kommuniziert, finden Datenschützer.

„Unsere Mission ist es, aus der Welt einen besseren Ort zu machen, indem wir offener und vernetzter werden“, sagt Facebook-Gründer Mark Zuckerberg im Exklusivinterview zur Doku.

Die Macher der Dokumentation, Svea Eckert, Anika Giese und Charles Miller, versuchen Licht ins Daten-Dunkel zu bringen. Dafür haben sie sich europäischen Facebook-Lobbyismus, Bedenken der Datenschützer bis hin zu der Kontrollzentrale des Millardenkonzerns in Kalifornien genauer angesehen.

Wie gefährlich ist der Daten-Hamster, Facebook?

„Der Nutzer findet auf Facebook Produkte, von denen er noch nicht weiß, dass er sie überhaupt braucht“, sagt Marketingexpertin und Geschäftsführerin Sheryl Sandberg.

Die 17-jährige Franciska und ihre Freundinnen sind daueronline bei Facebook und teilen tagebuchartig ihr ganzes Leben. „Die von Facebook kennen mich genau,“ sagt die Schülerin und meint damit die auf sie getargete Werbung.

„Wenn man dann tolle Schuhe sieht, dann klickt man auch garantiert darauf,“ beschreibt Franciska das Prinzip mit dem Facebook seine Bagles verdient.

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Daten für kommerzielle Zwecke zu nutzen – vor allem mit dem bevorstehenden Börsengang im Blick – halten europäische und deutsche Datenschützer für sehr bedenklich.

„Facebook ist sehr aggressiv auf dem Markt und ignoriert bisher deutsches und europäisches Datenschutzrecht. Ich habe das Gefühl, Facebook hat sein Geschäftsmodell ausgebreitet, ohne sich um rechtliche Anforderungen zu kümmern“, merkt Thilo Weichert, Datenschützer aus Schleswig-Holstein, an. Weichert ist in der Netzgemeinde nicht unumstritten, da der Kampf um Datenschutz in den sozialen Medien zu so etwas wie seinem persönlichen Kreuzzug geworden ist.

Der emanzipierte User

Kann es denn einen Kompromiss zwischen dem Fiesen-Feind-Facebook mit der gestriegelten amerikanischen Werbesprache eines 27jährigen und der digitalen Einsamkeit/ Abstinenz geben? Für mich persönlich schon: Meine Privatsphäreeinstellungen lassen keinen Zugriff von außen auf mein Profil zu und Freunde spreche ich über Listen genau an. Allerdings sind das Einschränkungen, auf die nicht jeder Lust hat.

Die NDR/ BCC Dokumentation zieht ein Fazit, das das Thema ‚Privatsphäre-Einstellung’ in den Fokus nimmt: Für Facebook ist Freundschaft Gold Wert, weil die dafür preisgegebenen Daten uneingeschränkt weiterverkauft und für Werbung genutzt werden können.

Im Prinzip kann man das aber nur dann umgehen, wenn man nicht bei Facebook Mitglied ist. Durch ein bewusstes Teilen von Informationen und Fotos sowie ein aufmerksames Überprüfen der Privatsphäreeinstellungen kann jeder aber durchaus Teil der Gemeinschaft sein, ohne gleich seine Seele an amerikanische (internationale) Werber zu verkaufen.

Am 13.02.2012, um 22.45 (Das Erste) können Sie außerdem herausfinden, was der internationale Geheimdienst mit der Polizei Hannover zu tun hat und wie viel ein Analyst in wenigen Minuten über einen Facebook-Nutzer rausfinden kann – auch wenn sein Profil geschützt ist.

Mehr Fotos von den Dreharbeiten der Dokumentation „Facebook – Milliardengeschäft Freundschaft“ und hinter den Kulissen der Facebook-Zentrale finden Sie hier.

Wir würden uns sehr freuen, weiter mit Ihnen über die Themen „Facebook – Milliardengeschäft Freundschaft“ und Datenschutz auf unserer Facebookseite zu sprechen. Was ist Ihre Meinung und wie halten Sie es mit den Privatsphäre-Einstellungen?

Bilder: Copyright NDR/ Lutz Westpahl

(( Disclaimer: Eck Kommunikation arbeitet mit dem NDR zusammen))

Stefanie Söhnchen Stefanie Söhnchen ist Spezialistin für Kommunikation in digitalen Medien. Sie ist als Gastautorin im PR-Blogger tätig.

3 Replies to “Milliardengeschäft Freundschaft vs. Emanzipation auf Facebook”

  1. Aber wie bringt man Kindern einen sinnvollen Umgang mit Facebook bei, ohne dabei gleichzeitig mit 100% Kontrolle und Zensur ein zu enges Korsett vorzugeben?

    1. Hallo Randmeier,

      vielen Dank für Ihre Anmerkung.

      Hm, ich habe in einer Jugendeinrichtung mit Teens zwischen 11 und 15 mal „Internetführerscheine“ gemacht. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass es hilft zu zeigen, was passiert, wenn man gewisse Dinge nicht beachtet. Also, beispielsweise, was Fremde (z.B. Lehrer oder aber auch „der Schwarm“) sehen können, wenn man sich nicht schützt. Das hat immer Eindruck hinterlassen.

      Ansonsten könnten Sie Sorge dafür tragen, dass die Privatspähreeinstellungen das Profil Ihres Kindes von außen abschirmen – so können dann nur die Kontakte Statusupdates sehen – und da habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich hier „Fehlverhalten“ genauso durch die Peergroup reguliert wie offline. 

      Diese Antworten decken jetzt nur zwei Möglichkeiten von vielen ab. Fragen Sie gern noch genauer nach, wenn Sie noch mehr wissen möchten. 

      Ich wünsche einen schönen Sonntag!

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