Anika Geisel Anika Geisel arbeitet im Policy Team von Facebook in Berlin. Zuvor war sie als Senior Consultant bei der Eck Consulting Group für die Konzeption und Betreuung integrierter Onlinemaßnahmen zuständig. Anika Geisel besitzt einen Master in „Medien und Kommunikation“ und schreibt im PR-Blogger über Themen wie Online-Kommunikation, Organisation, Krisenkommunikation sowie Blogger Relations. Privat bloggt sie über die Formel 1 aus Frauensicht.

10 Punkte, die eine gute Krisenkommunikation ausmachen

5 Minuten Lesedauer

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Immer wenn es darum geht, die Bedeutung von Social Media zu erklären, werden Beispiele als Erklärungshilfe genutzt. Oftmals solche, bei denen Unternehmen im rauen Social Media Gewässer Schiffbruch erlitten haben. Ob nun KitKat versus Greenpeace, BP oder die Buchhandelskette Thalia – die Liste ließe sich wohl endlos verlängern.

Durch Social Media bekommen Verbraucher, Kunden, Interessenten, Mitarbeiter – quasi jeder Onliner – ein Instrument an die Hand, um ihre Meinungen und Erfahrungen einem großen Nutzerkreis zukommen zu lassen – transparent für alle. Mit dieser neuen Offenheit müssen sich auch Unternehmen auseinandersetzen. Sie sind viel häufiger als früher öffentlicher Kritik ausgesetzt, mit der sie erst umzugehen lernen müssen. Der Schritt in Social Media mag in Sachen Transparenz sicherlich gewagt, nichtsdestotrotz in heutigen Zeiten absolut notwendig sein. Denn nur wer sich als Unternehmen im Social Web bewegt, die Szene beobachtet, kann solche Krisenherde beobachten und dementsprechend reagieren.

Ich habe für Sie 10 Punkte zusammengestellt, die eine gute Krisenkommunikation ausmachen:

1) Schnelligkeit

Eine gute Krisenkommunikation ist zunächst vor allem eines: schnell. Denn auch wenn nicht immer gleich zu Beginn alle Antworten auf Probleme offenbar sind, so braucht es meist zumindest eine Reaktion – auch wenn diese nur lautet: „Wir haben das Problem erkannt und kümmern uns darum“. Danach ist es wichtig, transparent über die weitere Entwicklung zu berichten, so dass sich verärgerte Kunden und Kritiker ernst genommen fühlen.

2) Reagieren

Oftmals wird der Fehler gemacht, gar nicht oder erst zu spät zu reagieren. Ein Tipp: Unterschätzen Sie die Macht des Netzes nicht! Die Vergangenheit hat gezeigt, dass viele PR-Krisen über Twitter, Facebook, Blogs, etc. eine relevante Reichweite erreichen und von dort in den klassischen Print- und Onlinemedien aufgegriffen und publiziert werden. Ein Beispiel hierfür ist die David-gegen-Goliath-Geschichte rund um die Buchhandelskette Thalia. Ein kleiner Familienbetrieb in Österreich wurde mit rüden Mitteln seiner Geschäftsfähigkeit beraubt. Eine E-Mail der Ehefrau des Geschäftsführers verbreitete sich dann rasch, in Verlagskreisen, unter Bloggern, auf Facebook. Das Thema wurde dann von Spiegel online aufgegriffen, wer nach Thalia auf Google sucht, findet die Geschichte nun auf der ersten Seite. Der Kommunikations-GAU ist perfekt.

3) Konfrontationen vermeiden

Spielen Sie nicht die Stärke des Goliaths aus und halten Sie Ihre Anwälte zurück. Abmahnungen und harsche Kritik ist sicherlich nichts, was ihre Online Reputation positiv beeinflusst – auch wenn Sie im Recht sein mögen. Verzichten Sie auf Konfrontation, wenn es andere Wege gibt, um den Konflikt zu lösen. Das musste auch Jack Wolfskin im letzten Jahr feststellen, als der Outdoor-Markenhersteller gegen die Nutzung der Tatze einiger Hobbybastler vorging. Diese machten das Vorgehen von Jack Wolfskin öffentlich und hatten sehr schnell die Solidarität in Foren und Blogs auf ihrer Seite. Wer in dieser Sache Recht oder Unrecht hatte, ist in der Kommunikationswelt bisweilen sekundär. Angekratzt wurde die Online Reputation von Jack Wolfskin, das mit dem überwiegend negativem Feedback nicht umzugehen wusste. Noch jetzt – knapp 1 Jahr nach dem Vorfall – findet man die Story auf der ersten Seite, wenn man nach Jack Wolfskin googelt.

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4) Relevanz bewerten

Bevor Sie vorschnell auf eine negative Kritik reagieren, bewerten Sie zunächst die Relevanz desjenigen, der die Kritik verfasst hat. Wie ist derjenige vernetzt, welche Reichweite kann er entfalten, ist er oder sie vielleicht sogar ein „Troll“, also jemand, der alles und jeden schlecht macht ohne sinnvolle Argumentation? Beantworten Sie zunächst diese Fragen und erst dann ob es sich lohnt, auf die Kritik zu reagieren. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Wenn Sie auf einen Troll reagieren und ihm Bedeutung und Relevanz zumessen, dann kann es passieren, dass aus einem winzigen Funken ein echtes Strohfeuer ausbricht. Ist er/sie das überhaupt wert? Ist seine Kritik jedoch berechtigt, dann sollten Sie auch reagieren und den Beitrag kommentieren. Denn Kritik einfach totzuschweigen, ist in der Social Media Welt keine akkurate Reaktion.

5) Mit Persönlichkeit punkten

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Was viele vergessen beziehungsweise noch nicht begriffen haben: Bei Social Media geht es weniger um Tools oder um Plattformen. Es geht um Menschen. Wer sich im Social Web bewegt, der möchte nicht mit anonymen Marken kommunizieren. Vielmehr möchten Onliner – ob das nun Kunden, Lieferanten, Partner oder die eigenen Mitarbeiter sind – Einblicke in das Unternehmen bekommen, mit dem sie agieren. Sie möchten wissen, wer dahinter steckt. Und sie möchten mit Ihren Problemen, Anmerkungen und Kommentaren ernst genommen werden. Deswegen ist es so wichtig, dass Unternehmen ganz bewusst Markenbotschafter im Social Web etablieren. Solche Menschen, die mit Leidenschaft und einem Gesicht für ihre Marke einstehen. In der Praxis sind Unternehmen leider noch viel zu oft davon entfernt, sich von der eigenen Anonymität zu verabschieden. Der Unterschied in der Kommunikation ist allerdings enorm. Denn Sie werden merken, dass Konflikte sehr viel häufiger sachlich und objektiv ausdiskutiert werden, sobald echte Menschen miteinander kommunizieren. Auch fühlen Sie sich doch als Kunde weit ernster genommen, wenn ihr Anliegen persönlich behandelt wird – und nicht von einer Maschine.

6) Sich nicht überraschen lassen

Krisenkommunikation beginnt vor der Krise: Eine relevante Reichweite auf Twitter, Facebook, in Blogs & Co. erreicht man nicht über Nacht. Es ist also definitiv zu spät, erst dann die entsprechenden Kanäle aufzusetzen, wenn die Krise gerade ihren Höhepunkt erreicht. Vielmehr müssen Unternehmen bereits im Vorfeld präventiv Strategien entwickeln, wie in einem solchen Fall reagiert wird. Darüber hinaus brauchen Sie etablierte Plattformen, also Accounts auf Facebook und Twitter sowie bestenfalls noch einen eigenen Corporate Blog, um im Krisenfall adäquat reagieren zu können. Durch eine kontinuierliche Kommunikation und einem Mehrwert, den Sie Lesern, Followern und Fans anbieten, bauen Sie sich nach und nach eine relevante Zielgruppe auf, die Ihre kommunikativen Gegenmaßnahmen dann an das eigene Netzwerk weiterreicht.

7) Strategien definieren

Eine integrierte Strategie ist das Fundament jeglicher Krisen-PR. Diese umfasst zunächst ein umfangreiches Echtzeit-Monitoring, so dass Sie Krisenherde schon sehr früh identifizieren. Im zweiten Schritt müssen Sie die Relevanz Ihres Gegenübers beurteilen, sich Gegenmaßnahmen und die dazu passenden Plattformen überlegen.
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Ganz wichtig ist es, die richtige Tonalität und Ansprache zu finden. Das heißt, Krisen-PR sollte immer „auf Augenhöhe“ passieren, keinesfalls überheblich oder arrogant. Auch wenn Sie sich im Recht sehen, sollten Sie die Argumente und Probleme des Kritikers anhören und sich in seine Situation versetzen. Im Zweifelsfall lohnt es sich übrigens immer, einfach mal zum Telefonhörer zu greifen und entsprechende Kritiker direkt anzurufen. Denn im persönlichen Gespräch findet sich oftmals schneller eine Lösung für Probleme. Zudem sollten Sie Ihre Mitarbeiter im Umgang mit Kritik schulen und Guidelines für Ihren Social Media Auftritt definieren, um Missverständnisse und Unerfahrenheit vorzubeugen.

8) Social Media Guidelines aufsetzen

Damit Ihre Mitarbeiter nicht aus Unwissenheit oder Gedankenlosigkeit selbst in eine der zahlreichen Fettnäpfchen treten, stellen Sie Richtlinien im Umgang mit Social Media auf. Diese sollten Mitarbeiter über die Eigenarten des Social Web aufklären und Ihnen gleichzeitig  Hilfestellungen an die Hand geben. Begreifen Sie Social Media immer als Chance, ohne jedoch Ihren Mitarbeitern einen Freifahrtschein für alles zu geben. Vielmehr sollten Sie Mitarbeiter für die Gefahren im Netz sensibilisieren, Ihnen beispielsweise die Privatsphäre-Einstellungen auf Facebook näherbringen und Ihnen intern Ansprechpartner zur Verfügung stellen, die im Falle eines negativen Kommentars mit Empfehlungen zur Seite stehen.

9) „First think, then react“

573383 Dieses Credo gilt wohl nicht nur für die Social Media Welt, sondern für all unsere Gesprächssituationen. Doch vor allem im Umgang mit Kritik ist dieser Leitspruch essentiell. Denn oftmals wird Kritik sehr persönlich genommen. Wir fühlen uns als Person angegriffen, unsere Arbeit wird kritisiert. Bevor Sie jedoch vorschnell reagieren, versuchen Sie sich in Ihr Gegenüber hineinzudenken, betrachten Sie die Angelegenheit von einer objektiven Position. Was ist der eigentliche Kern der Kritik? Sprechen Sie mit Ihren Kollegen oder anderen Personen, die in dieser Angelegenheit objektiver sind, als Sie es vielleicht momentan sein können. Erst dann sollten Sie reagieren.

10) Erfolg von Krisenkommunikation

Den Erfolg der eigenen Krisen-PR messen? Am ehesten wohl dadurch, wie viel Bedeutung einer Krise nach einer gewissen Zeit noch zugemessen wird. Das erkennt man beispielsweise durch eine einfache Google-Suche, bei der die ersten 10-20 Treffer oftmals entscheidend sind. Und dann kann man sich anschauen, wie sich die Tonalität verändert – von angreifend und diffamierend bis hin zu sachlich und objektiv. Wie empfinden Kritiker ihre Krisenkommunikation, wird diese gut und angemessen bewertet? Erfolgreich war man ganz offensichtlich dann, wenn wieder positive Botschaften die sozialen Netzwerke und die Google-Suche dominieren und das Krisenereignis in den Hintergrund und bestenfalls in Vergessenheit gerät.

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Fazit
: Auch wenn es Unternehmen vielfach an Social Media Expertise fehlt, die ein oder anderen fundamentalen Handwerksfehler gemacht werden und auch von einer übergeordneten Social Media Strategie oftmals nur wenig zu sehen ist, sollte man doch das Engagement nicht per se verurteilen. Unternehmen sind vielfach schlicht und ergreifend überfordert und der neuen Transparenz (noch) nicht gewachsen. Doch schauen Sie sich einmal um, immer häufiger finden sich doch gute und nachvollziehbare Ansätze, ein neues Ausmaß an Transparenz sowie Unternehmen, die mit kleinen oder größeren Schritten den Weg in die Social Media Welt begehen. Wie eine zarte Pflanze, die Sie pflegen und gießen müssen, damit Sie wächst, so müssen nun auch die Unternehmen begreifen, dass es Kontinuität und Ausdauer braucht, um sich erfolgreich im Social Web zu präsentieren.

Anika Geisel

Bildquellen: Shutterstock

Anika Geisel Anika Geisel arbeitet im Policy Team von Facebook in Berlin. Zuvor war sie als Senior Consultant bei der Eck Consulting Group für die Konzeption und Betreuung integrierter Onlinemaßnahmen zuständig. Anika Geisel besitzt einen Master in „Medien und Kommunikation“ und schreibt im PR-Blogger über Themen wie Online-Kommunikation, Organisation, Krisenkommunikation sowie Blogger Relations. Privat bloggt sie über die Formel 1 aus Frauensicht.

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Klaus Eck
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Klaus Eck
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9 Replies to “10 Punkte, die eine gute Krisenkommunikation ausmachen”

  1. Gute Auflistung! Scheitert in der Praxis leider oft an den steilen Hierarchien der meisten Konzerne, aber hier muss sowieso noch viel strukturelle Anpassung an das digitale Zeitalter betrieben werden…

  2. Vielen Dank für den lesenswerten Beitrag! Gut finde ich, dass Schnelligkeit an erster Stelle steht. Denn durch Social Media ist die Kommunikation schneller und persönlicher geworden – daran werden sich Pressesprecher anpassen müssen.

  3. Schöne Zusammenstellung. Tatsächlich ist Schnelligkeit und Offenheit das oberste Gebot – und dennoch versuchen viele Unternehmen Krisen „abzuwenden“, indem sie sich totstellen und den Kopf in den Sand stecken.

  4. Wie schon Christian Faller schrieb, scheitert das ganz oft an den mittelalterlichen Abnahmestrukturen in Unternehmen. Oftmals wird lieber gar nicht auf Kritik reagiert. Hier wird sich recht bald die Spreu vom Weizen trennen und einige Unternehmen, die auf die veränderte Kundenkommunikation nicht eingehen, werden untergehen, zu Recht, wie ich meine. Hinzu kommt noch das eklatante Unwissen in den PR und Unternehmenskommunikations-Etachen der Unternehmen bezüglich Social Media.

  5. Ich denke, dass die Reaktionsschnelligkeit zwar ein wesentlicher Faktor ist, die Relevanz jedoch in meinen Augen der zentrale Faktor ist.
    Wie geschrieben: Wenn ein Kommentar/User irrelevant ist, so brauche ich auch nicht schnell reagieren. Das heißt aber nicht, dass nicht schnell geprüft werden muss, ob eine Relevanz besteht.
    Insgesamt müssen aber – wie der Artikel zu Recht darlegt – alle Punkte berücksichtigt werden.

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