Für die Jugendlichen von heute ist es selbstverständlich geworden, ihr Leben in der Online-Öffentlichkeit zu führen. Tabus scheint es dabei keine mehr zu geben. Doch nicht selten vergessen die Digital Natives, wie transparent sie selbst durch ihr unüberlegtes Handeln werden, wenn sie alle privaten Eskapaden der Welt via MySpace und co. vorführen. In der amerikanischen Studie "Display of Health Risk Behaviors on MySpace by Adolescents" haben Wissenschaftler untersucht, wie Teenager auf MySpace mit ihren Informationen umgehen. Was dabei herauskam, ist wenig verwunderlich und dürfte in Deutschland ebenso zutreffend sein wie in den USA.
Die Jugendlichen veröffentlichen in dem Social Network leichtfertig Informationen über ihr Sexleben, berichten über Drogen- und Alkoholmissbrauch ebenso wie über Gewaltexzesse. Von den für die Studie untersuchten öffentlichen Online-Profilen enthielten 54 Prozent derartige Informationen über "riskantes Verhalten". Die geringste Hemmschwelle gibt es offensichtlich beim Schildern eines Missbrauchs von Drogen oder Alkohol; darüber berichten 41% der Teenager. 24% gehen auf ihre sexuelle Erfahrungen ein und 14% erwähnen Gewalt.
All dies ist natürlich wenig förderlich für die spätere Karriere, vor allem wenn man sich das Langzeitgedächtnis des Internets in Erinnerung ruft. Was den meisten Jugendlichen jedoch zu fehlen scheint, ist die Sensibilität für die Tragweite ihres Verhaltens und ein Stück weit Medienkompetenz. Wer seine persönlichen Vorlieben mit 16 Jahren auf MySpace ausbreitet, darf sich nicht wundern, wenn er damit bei einem Vorstellungsgespräch im Alter von 25 Jahren konfrontiert wird und somit in die Karrierefalle Internet tappt.
Die US-Forscher legten in einem weiteren Versuch ein MySpace Profil namens "Dr. Meg" an und schrieben eine Nachricht an die Jugendlichen, bei denen sie öffentliche Schilderungen riskanten sozialen Verhaltens entdeckt hatten. In der Nachricht machten sie deutlich, dass Dritte auf Grund des Profils einen schlechten Eindruck von ihnen bekommen könnten und sich beispielsweise bei künftigen Bewerbungen Probleme ergeben dürften. Und tatsächlich zeigte die E-Mail Wirkung. Nach drei Monaten hatten 42% der Jugendlichen ihr Profil entsprechend geändert oder die Privatsphäreeinstellungen strenger eingestellt.
Was bleibt ist also die Erkenntnis, dass es dringend eine entsprechende Medienkompetenz bei jungen Menschen braucht, damit diese das Internet und dessen Möglichkeiten nicht zum eigenen Schaden verwenden – nur weil sie es nicht besser wussten. Lehrer und Eltern sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein und mit entsprechenden Aufklärungsangeboten aktiv werden. Andernfalls könnte sich die kommende Generation bei der Jobsuche erheblich schwerer tun, als es sein müsste, nur weil Jugendsünden plötzlich wieder ans Tageslicht kommen.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Ihren Kindern oder Jugendlichen insgesamt gemacht? Sind sich die Digital Natives der Risiken im Netz wirklich bewußt?
Klaus Eck
Die Bedeutung jugendlicher Fehltritte im Internet müssen die Jugendlichen noch lernen. Sind wir ja gerade noch in Generation 1 der Nutzer sozialer Netze. Aber auch Eltern und Lehrer sind gefordert hier Aufklärung zu leisten.
Grundsätzlich interessant könnte sein, eine freiwillige Policy für Suchmaschinenbetreiber zu entwickeln, die diese ewige Rückverfolgbarkeit erschwert. Zum Beispiel in dem man Suchergebnisse eines bestimmten Alters aus der Ergebnisliste entfernt. Aber dazu gehört ein großes Bewusstsein für die eigene Verantwortung. So weit ist es sicher noch nicht.
Auf der anderen Seite nehmen die Informationen privater Natur stark zu. Das verwässert den Wert dieser Informationen. Kein Arbeitgeber wird leugnen, dass Mitarbeiter auch ein Privatleben haben. Und noch weniger wird man leugnen, dass Jugendlichen Dinge „passieren“, die sie später vielleicht nicht wiederholen würden. Das ist völlig normal. Somit relativiert sich die Gefahr ein wenig. Aber eben nicht ganz.
Bleibt in der Summe:
Jugendliche müssen lernen ihre „Spuren“ im Blick zu behalten.
Und Unternehmen müssen lernen, gefundene Spuren angemessen zu bewerten.
Das Problem sind wohl eher die ‚konservativen‘ Arbeitgeber (nicht karriereförderlich), aber auch da wird es ein Umdenken geben. Das wird bald völlig normal sein. Warum auch nicht? Wir sind alle Menchen und leben gerne. Was sollen da so kleinkarierte Maßstäbe? Warum kann man nicht von eine zukünfigen Cheffe wissen, dass er bestimmte sexuelle Vorlieben hat oder gerne bestimmte Musikrichtungen liebt. Warum kann ich nicht von einem hochkarätigen (zukünfigen) Berater wissen, dass er auch mal gerne was illegales tut? Meine Güte, wir wissen doch dass es das gibt. Müssen wir denn immer alles hinter vorgehaltener Hand machen und verbergen? Alles Doppelmoral. Ich denke auch hier wird/muss sich was bewegen.
Also nicht mit dem Zeigefinger drohen, sondern den Karriereverhinderern zeigen, dass sie die Zeichen der Zeit nicht sehen und ihren einfach ‚Danke & Tschüssi‘ sagen!
Es heißt in dem Artikel:
„Was bleibt ist also die Erkenntnis, dass es dringend eine entsprechende Medienkompetenz bei jungen Menschen braucht, damit diese das Internet und dessen Möglichkeiten nicht zum eigenen Schaden verwenden – nur weil sie es nicht besser wussten. Lehrer und Eltern sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein und mit entsprechenden Aufklärungsangeboten aktiv werden. Andernfalls könnte sich die kommende Generation bei der Jobsuche erheblich schwerer tun, als es sein müsste, nur weil Jugendsünden plötzlich wieder ans Tageslicht kommen.“
Es könnte auch ganz anders kommen: Weil sowas in Zukunft jeder macht, spielt es auch keine Rolle mehr, weil sonst der Arbeitsmarkt leergefegt wäre und unsere Sozialsysteme vor lauter Arbeitslosen zusammenbrechen würden. 😉
Im Ernst: Ich finde es offen gestanden auch jetzt schon völlig daneben, daß Personaler einen 20-Jährigen danach beurteilen, was er 5 Jahre früher gemacht, ins Netz gestellt und vermutlich in vielen Fällen gänzlich vergessen hat. Dabei wird vergessen, daß Jugendliche grade in diesem Alter enorme Entwicklungssprünge durchmachen und daß ein Schluß von der Persönlichkeit eines 15-Jährigen auf die Persönlichkeit eines 20-Jährigen absolut töricht ist und entwicklungspsychologisch überhaupt keinen Sinn macht!
Und noch was: Erinnern sich diese Leute denn nicht an ihre eigene Jugend? Ich möchte den Personaler sehen, der in der eigenen Jugend nicht auch mal über die Stränge geschlagen hat! Und ich möchte nicht wissen, wieviele heute hochmoralisch auftretende Personaler in jugendlichem Leichtsinn und gar mit Stolz vielleicht nicht auch „Beweisfotos“ ins Netz gestellt hätten, hätte es das Netz in ihrer Jugend schon gegeben. Damals haben manche stattdessen in späteren Jahren Geschichten darüber verfaßt, was sie als Kinder so angestellt haben, siehe Ludwig Thomas „Lausbubengeschichten“. Der hätte bei heutigen Personalern mit DER Autobiographie seiner Kinder- und Jugendzeit sicher auch keine Chance! 😉
Ohne Frage: Was heutige Jugendliche manchmal treiben, ist weit jenseits von Gut und Böse und nicht mit harmlosen Streichen zu vergleichen. Da läuft manches schief, dem entgegengesteuert werden muß. Auch die völlige Aufgabe der Privatsphäre und das massenhafte Einstellen von Peinlichkeiten ins Netz ist kritisch zu sehen, und, da stimme ich zu, hier ist jede Menge Aufklärungsarbeit und die Vermittlung von Medienkompetenz an Jugendliche notwendig. Aber im Gegenzug täte manchen Personalern eine Fortbildung in jugendlicher Entwicklung sowie ein gerüttelt Maß an gesundem Menschenverstand gut!
„…nur weil sie es nicht besser wussten…“
Ich denke, genau DAS ist die Kernaussage und spiegelt sich ja auch in der Reaktion auf die eMails wider.
Wer soll es ihnen beibringen? Und zwar genau der aktuellen Generation? Wieviele Eltern wissen, was Knuddels.de, myspace.com oder twitter.com ist? youtube.com vielleicht noch, auch Bild.de, aber diesen ganzen SocialNetworking Kram?
Lehrer? Ich denke, dass wäre einer der wenigen gangbaren Wege. Internet als Fach in der Schule. Nicht als AG, sondern verpflichtend, dafür ein paar veraltete, im Netz zu findende Inhalte wegstreichen.
Aber dafür ein Ohr in den Kultusministerin zu finden?
Ich stimme Ihnen weitesgehend zu, vor allem bezüglich der Bewertung solcher Informationen durch Unternehmen.
Von Zensur durch Suchmaschinenbetreiber halte ich jedoch gar nichts. Denn Filter sind erstens immer umgehbar und schließen zweitens oft auch den falschen Content aus. Außerdem sehe ich keine Verantwortung bei Suchmaschinenbetreibern. Die Verantwortung liegt bei den Betreibern der social Networks, die mit einfachsten Einstellungen dafür sorgen könnten, daß Informationen aus Accounts gar nicht erst in Suchmaschinen erscheinen. Das ist etwas, was ich sowieso erwarten würde, wenn ich einen paßwortgeschützten Account habe und das nicht extra frei gebe. Und natürlich muß man Jugendliche anhalten, dafür zu sorgen, daß solche Inhalte gar nicht erst entstehen.
„Warum kann man nicht von eine zukünfigen Cheffe wissen, dass er bestimmte sexuelle Vorlieben hat oder gerne bestimmte Musikrichtungen liebt. Warum kann ich nicht von einem hochkarätigen (zukünfigen) Berater wissen, dass er auch mal gerne was illegales tut?“
Das nennt sich Privatsphäre! Das Bundesverfassungsgericht hat das formal als „Kernbereich privater Lebensführung“ bezeichnet und als besonders schützenswert ausgewiesen. Also müssen wir Menschen, die in ihrer Entwicklung noch nicht so weit sind, daß sie erkennen, wie wichtig der Schutz der Privatsphäre ist, helfen, dies zu erkennen und entsprechend zu handeln! Die „Zeichen der Zeit“ sind sicher NICHT die völlige Aufgabe von Datenschutz und Privatsphäre! Das kann keiner wollen!
Ich denke wie einige andere hier auch, dass ein Umdenken stattfinden wird bzw. schon stattgefunden hat. Es ist doch nicht so, dass alle Personaler und Chefs Moralapostel aus den 50er Jahren sind. Und die junge Generation (Jugend in den 90ern) rückt ja nach. Was macht es denn für einen Sinn, dass alle nach außen den Streber geben obwohl jeder weiß, dass alle (zum Glück!) auch „leben“? Was natürlich nicht heißt, dass sich nicht noch ein gewisses (individuelles) Bewusstsein (gerade bei Jugendlichen) für die öffentliche Wirkung im Internet entwickeln muss – und wird.
Kommentar: Digital Natives verzichten gerne auf Privatsphäre
Jugendliche veröffentlichen private, geradezu intime Informationen in Web, ungeachtet der Gefahren. Fehlende Medienkompetenz bedroht die Zukunft vieler Jugendlicher, die für ihre Taten möglicherweise in der Zukunft büßen müssen. Fehlende Erfahrun…
Die Offenheit der „Digital Natives“ ist irritierend. Auch gefährlich.
Aber das Argument „Es schadet der Karriere!“ ist ganz übel :-/ Wer so für die Privatsphäre wirbt, soll im Alter Magengeschwüre bekommen.
Medienkompetenz wird eines der Schlüsselwörter der kommenden Jahre sein – wahrscheinlich weit mehr als der von Juristen viel zitierte Datenschutz.
Neben der Gefahr, vertrauliche Informationen über sich selbst preis zu geben, die andere später gegen einen verwenden können, bedeutet ein unzureichende Medienkompetenz vor allem, Technologien und Kommunikationsformen, die Effektivität und Aufnahmefähigkeit enorm erhöhen, nicht beherrschen zu können. Die Arbeitswelt wird sich an der Frage der Medienkompetenz scheiden. Nicht umsonst, führen bereits einige Unternehmen Mentoren-Programme ein, in denen die jüngeren Mitarbeiter die älteren in moderne Kommunikationsformen einführen sollen.
So übel dies Argument vielleicht erscheinen mag, desto mehr sollte man es im Auge behalten. Nur wer aufgeklärt ist und weiß, was er da tut, der kann damit halbwegs sicher umgehen. Aufklärung ist daher ein großes Thema auf dem Weg zur Medienkompetenz.
Insbesondere, da die derzeit „betroffene“ Elterngeneration sich dieser Gefahren ebenfalls nicht bewusst ist. So bleibt eine Sensibilisierung der Jugendlichen aus. Und das ist fatal.
Ich hab nichts gegen die Privatsphäre (gesagt). Finde auch, dass das nicht unbedingt jemanden was angeht. Aber der Schluss ist nicht unbedingt: Ich schreib über mich nichts mehr; sondern könnte ja auch sein: Ich informiere mich nicht darüber, was jemand so privat macht. Also ein Ehrenkodex gegen das Schnüffeln. Wir sind in einer Zeit, wo genau das den meisten Personalern/Managern/Politikern usw. abgeht: nämlich freiwillig darauf zu verzichten, die Privatsphäre auszuloten und wenn man schon was weiß, dann die Klappe zu halten und es nicht zu verwenden. So wird der Schuh draus. Ich bin da so wenig naiv, wie diejenigen, die sich durch Aufklärung was versprechen, aber eigentlich keine Ahnung haben, wo überall Informationsfragment über einen liegen *gg*
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Ein Kommentar zu Digital Natives verzichten gerne auf Privatsphäre
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