Die Musikindustrie ärgert sich schon lange über illegale Downloads, die ihr bisheriges Geschäftsmodell in Frage stellt. Statt sich auf die neue Situation in der Online-Welt einzustellen, sich Konzepte für die Musik 2.0 zu überlegen und den Konsumenten innovative Angebote zu machen, verteidigt die Musikbranche anscheinend lieber das Gewohnte, indem sie nicht nur alle Onliner unter Pauschalverdacht setzt, sondern jetzt auch noch 200 Künstler als "Haussklaven" dafür einspannt, einen offenen Brief an unsere Bundeskanzlerin Angelika Merkel zu schreiben. Darin heißt es:
"Vor allem im Internet werden Musik, Filme oder Hörbücher millionenfach unrechtmäßig angeboten und heruntergeladen, ohne dass die Kreativen, die hinter diesen Produkten stehen, dafür eine faire Entlohnung erhalten. So wurden allein im vergangenen Jahr in Deutschland über 300 Millionen Musikstücke illegal aus dem Internet heruntergeladen. Zehnmal mehr, als legal verkauft wurden." (Offener Brief, hinterlegt bei Heise Online)
Darauf antwortet der Rechtsprofessor und Urheberrechtsexperte Thomas Hoeren verärgert im Experten-Blog des Beck-Verlags:
"Ich habe langsam die Nase von den Frechheiten der Musikindustrie voll. (…) Die eigenen Haussklaven werden als Unterzeichner vorgeschickt und instrumentalisiert, statt sich mal zu fragen, ob man nicht als Musikindustrie angemessene Salärs an Kreative zahlt. Jede differenzierte Auseinandersetzung fehlt: Hat nicht der Gewinneinbruch in der Musikindustrie noch andere Gründe als P2P? Kann die TK-Industrie überhaupt effektiv den Zugang zu Websites sperren?"
Der Multimedia-Rechtsexeperte hält den Brief für viel zu undifferenziert. Darin würden Fakten verdreht und in einem seltsamen Kontext mit dem Zensurland China gestellt.
Im Internet hat Hoerens Replik für zahlreiche Reaktionen in den Blogs und Medien gesorgt. Allein in einem Heise-Artikel zu dem Beck-Blog-Thema gab es mehr als 300 Kommentare, aber auch in Hoerens Blog finden sich viele juristische Kommentare. Wie denken Sie über das Verhalten der Musikbranche?
>> Beck-Blog: Thomas Hoeren: Worüber ich mich ärgere: Der offene Brief der Musikindustrie
>> Heise online – Urheberrechtsexperte ärgert sich über "Frechheiten der Musikindustrie"
>> Welt.de: Don Dahlmann: Was die Contentindustrie kann…
Klaus Eck
Ich halte das festhalten an Überkommenem für eine grundsätzliche menschliche Schwäche. Lieber im Schrecken der Vergangenheit und Gegenwart verharren, als sich auf irgendetwas neues einzulassen.
Allerdings muss man in diesem Punkt auch so ehrlich sein und sagen, das man selber nicht besser ist. Selbst in meinen revolutionärsten Gedanken schaut irgendwie immer noch die alte soziale Marktwirtschaft zwinkernd aus allen Ritzen.
Deshalb reicht es nicht ein Umdenkne der anderen zu fordern, sondern es müssen Wege aufgezeigt werden, die auch gangbar sind. Da aber wird es schwierig.
Content nur durch Werbung zu vermarkten wird nicht gehen, aber warum muss ich eigentlich Content besitzen. Ich bin jetzt mal gemein. Wieviele Pornobildchen oder Filmchen hat ein durchschnittliches Männchen aus dem Internet heruntergeladen um sie auf der Platte zu späterer Betrachtung zu speichern. Nein ich will die Zahl gar nicht wissen. Man sage mir lieber, wieviele davon tatsächlich noch einmal angesehen wurden.
Wieviele DVDs, CDs, Hörbücher, Aufzeichnungen und wie viele Bücher wurden heruntergeladen um nie wieder angesehen zu werden?
Es geht also nicht um den Besitz sondern um die ständge Verfügbarkeit und das Haben wollen. Die ständige Verfügbarkeit lässt sich über das Netz problemlos realisieren.
Die Verkäuferseite ist es gewohnt, das eine gute Stück mit viel Müll auf einen Datenträger zu pressen um damit einen Wert darzustellen der nicht existiert. Auf einer CD macht es keinen Sinn nur ein Lied zu verkaufen, die Maxis sind auch nur Murks.
Im Netz könnte das Hören eines Liedes verkauft werden. 0,2 Cent pro Hörvorgang. Der Preis bildet sich schon von selbst. E-Books per gelesener Seite. Videos je Sendeminute, Blogbeiträge und News.
Sobald wir auf das Nanopayment kommen, wird vieles denkbar, was heute undenkbar erscheint. Selbst die Leute auf ihrem jeweiligen Longtail könnten partizipieren. Technisch kaum ein Problem. Aber eben neu.